Jeder wird mal alt

Es klingelt an der Haustür. Mitten in der nachmittäglichen Ruhezeit, die es aber "offiziell" nicht mehr gibt. Da stehen zwei Herren vor der Tür, in den Jacken einer bekannten Hilfsorganisation. Der Wortführer stellt sich als Siebzigjähriger vor. Na, denke ich, Du machst Dich ja wohl jünger als Du tatsächlich bist und denke daran, als nächstes nach dem Sammlerausweis zu fragen, mein Portmonee zu zücken und für die gute Sache zu spenden.

"Wir bereiten gerade die Verstärkung unseres Seniorenprogramms für Wunstorf und Neustadt vor", sagt da der Ältere der beiden. "Jeder wird mal älter, auch Sie. Und wenn Sie uns dann mal brauchen, können wir Ihnen helfen." Aha, denke ich, Ihr kommt mir hier mit einer altbekannten Drückermasche! Darauf ist ja bereits vor nun mehreren Jahrzehnten eine inzwischen verstorbene Bekannte hereingefallen. Da standen auch eines Tages zwei Vertreter einer anderen international tätigen Hilfsorganisation vor der Tür und überredeten die arme Rentnerin förderndes Mitglied zu werden. Man würde sich dann im Pflegefall um sie kümmern. Ein Heimplatz stünde auch zur Verfügung. Als der Notfall dann tatsächlich eintrat, kümmerte sich niemand und ein Platz im Pflegeheim war auch nicht frei. Ein anderer, ähnlicher Fall betraf eine Achtzigjährige aus Wunstorf, der man bei einem Besuch einer Bekannten im Altenheim eine Mitgliedschaft schmackhaft machte, die ihr bei Bedarf einen Heimplatz sichern würde. Als sie dann Jahre später schwer erkrankte und in einem der Heime an ihrem Wohnort unterkommen wollte, waren die Beiträge umsonst gezahlt. Einen freien Heimplatz gab es nicht für sie.

"Haben Sie nur zwei Minuten Zeit für uns?" höre ich den Werber sagen. Nein, ich habe leider gerade keine Zeit! Da wendet er sich mit seinem Kollegen verärgert zum Gehen und ruft mir über die Schulter zu: "Sie haben keine zwei Minuten Zeit für uns, aber wir haben alle Zeit für Sie, wenn Sie uns brauchen!" Gut auswendig gelernt! denke ich. Doch verfehlt das Sprüchlein seine beabsichtigte Wirkung: Ich habe kein schlechtes Gewissen, denn ich weiß, wie diese Masche läuft.

Bürgerreporter:in:

Peter Perrey aus Neustadt am Rübenberge

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