Gedanken zum Schützenfest Neustadt
Schützenfest Neustadt ist sicher nicht nur für mich das größte kulturelle Ereignis in Neustadt am Rübenberge. In 2009 wird es das 30. sein, dass ich miterlebe.
Angefangen hat es im zarten Alter von 10 Jahren. Damals, als frisch Hinzugezogener aus dem Ruhrpott (Duisburg), war das ja zunächst gor nüscht. Denn wenn man die Kirmes in Duisburg kennt, dann sind die paar Fahrgeschäfte im beschaulichen Neustadt, für so einen kleinen Knirps, wie ich damals einer war, sagen wir mal…..ein kleiner Pups.
Das sollte sich aber gut 8 Jahre später ändern. Ich war damals gerade knapp 1 Jahr Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Neustadt und von der Feuerwache an der Lindenstraße aus starten ja bekanntermaßen immer die Ausmärsche am Samstag und Sonntag. Die Atmosphäre kann man kaum beschreiben. Es ist auf jeden Fall beeindruckend dieses Akustikgemisch aus Gesprächen, Gesängen, Trommeln, Pauken und Trompeten und das schöne Bild der befrackten Kompaniemitglieder, der uniformierten Offiziere der Kompanien und der Kostüme der Musikgruppen.
Unangenehm war zum damaligen Zeitpunkt (1978) ganz sicher der lange Aus-marsch, der über die Landwehr führte. Im Gegensatz dazu könnte man, ob der Kürze der heutigen Ausmärsche, diese sicher mit einem Bein, hüpfenderweise mit links durchziehen. Habe ich zwar noch nie probiert; werde ich wohl auch nie und mit ein paar Bierchen, die eventuell schon vorher die Leber passiert haben, wird das Hüpfen sicher auch schwer fallen.
Scherz beiseite. Aber warum denn? Schließlich macht das Schützenfest Neustadt doch auch Spaß und es gibt immer was zum Lachen oder auch zum Nachdenken. Ich erinnere mich noch an zwei Neustädter Originale, die sicher nicht jeder kennt bzw. kannte. Die Rede ist von „Puter“ und von „Oma Drehdich“.
„Puter“ hieß nicht von Natur aus so, sondern das war sein Spitzname. Ich kannte ihn nicht anders. Er war höchstens 1,60 m groß, schmächtiger Statur, mit proportional gesehen viel zu großen Ohren und zu großer Nase, also nicht unbedingt eine Schönheit. Dazu säumten sein Gebiss maximal 15 Zähne, von denen auch noch einige sagen wir mal „barocker Natur“ waren, um nicht zu sehr ins Detail zu gehen. Weiterhin hatte er ein Triefauge, so ungefähr wie Karl Dall. „Puter“ lief während der Woche, stets mit einem Cordhut und einem viel zu engen und zu kurzen, sehr verschlissenen Sakko durch die Innenstadt. Mit der einen Hand zog er einen kleinen Handwagen, in der anderen Hand hielt er einen Besen. Begleitet wurde er immer von einem ziemlich süßen schwarz-weiß gescheckten Hund, der sicher ein paar mehr Rassen als üblich in seinen Genen vereinte. Aber süß! Also soviel zur Person „Puter“.
Und immer wenn die Ausmärsche zum Neustädter Schützenfest sich in Gang setzten, war „Puter“ dabei. Und zwar immer vorneweg, mit einem zum Dirigentenstab umgestalteten, dünnen Ast einer Birke, die als Hausschmuck an vielen Hauseingängen in Neustadt zum Schützenfest zu finden sind. Da fühlte sich „Puter“ immer in seinem Element. Man sah es ihm an, dass er in solchen Augenblicken glücklich war. Denn ansonsten hatte das Leben als Straßenfeger sicher wesentlich weniger für ihn zu bieten.
Über „Oma Drehdich“ kann ich nicht so viel berichten. Denn diese alte Dame, die heute, genau wie „Puter“, nicht mehr unter uns weilt, tauchte immer nur und mit aller Pünktlichkeit, zum Neustädter Schützenfest auf. Manchmal marschierten sie und „Puter“ zusammen vorneweg. Sie tanzte dabei immer sehr beschwingt und drehte sich und drehte sich und drehte sich und hatte dabei stets ein Lächeln auf dem Gesicht. Ich glaube, auch sie war in solchen Augenblicken einfach nur glücklich.
Warum erzähle ich gerade die Geschichte von solch scheinbar unbedeutenden Menschen? Nun, ganz einfach: Sie sind nur Randerscheinungen, aber auch die machen das Neustädter Schützenfest aus. Wurden sowohl „Puter“, als auch „Oma Drehdich“ oft nur belächelt und verspottet, so haben sie mich doch eines gelehrt, nämlich dass es egal ist wer oder was man ist, solange man das Glück auch nur für wenige Augenblicke einfangen kann. Und sei es „nur“ beim Neustädter Schützenfest.
Apropos „Randerscheinungen“. Zum Schützenfest gehört ja auch, dass neben den Bärenmusikern auch die Neustädter Musikzüge traditionell Neustädter Bürger beim so genannten „Wecken“ mit kurzen musikalischen Ständchen einladen zum Schützenplatz oder zum Ausmarsch zu kommen.
Ich habe das als aktiver Musiker der „Wölper Löwen“ (Drum & Bugle Corps der FFW. Neustadt) gut 20 Jahre lang mitgemacht. Das hatte schon ein wenig von karnevali-stischem Charakter, weil wir uns immer ein Thema aussuchten, wie z.B. „Fußballweltmeisterschaft“. Jeder musste sich dann, dem Thema angepasst, irgend-etwas kostümtechnisches einfallen lassen; wobei es jedes Mal tolle Überraschungen gab (Paul-Breitner- oder Günther-Netzer-Perücke…). Es gab jedenfalls buchstäblich genug Stoff zum Lachen.
Wenn wir dann meistens bei Vereinsmitgliedern, Freunden und Familien geweckt haben, dann erwarteten uns ebenfalls immer kleine Überraschungen. Entweder ein wenig zum Trinken (nicht immer nur alkoholisches!!) oder kleine Lecker-Häppchen zum Schnell-Hinunter-Schlingen oder zum Genießen. Natürlich gab es meistens auch eine Geldspende für die Jugendarbeit oder für dringend notwendige Anschaf-fungen.
Sehr interessant und erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist, dass es mit den Jahren immer mehr Neustädter Bürger wurden, die von uns geweckt werden wollten. Nicht wenige von ihnen kommen aus den umliegenden Dörfern und besuchen dann auch tatsächlich das Neustädter Schützenfest. Wir fahren heutzutage bereits am Freitag über die Dörfer, bis nach Schneeren, um dort zu „wecken“. Das macht einen Riesenspaß, auch wenn man nach dem Schützenfest, mit nicht gerade viel Schlaf im Nacken, dann eine Woche Urlaub zum erholen gebrauchen könnte.
Für uns Musiker ist dann noch der Sonntag sehr interessant. Mittlerweile sind wir im dritten Jahr, in dem den Neustädter Musikzügen die Gelegenheit gegeben wird, am Sonntag ein großes Konzert im Veranstaltungszentrum Neustadt (Freizeitzentrum) im Bürgersaal zu geben. War es im ersten Jahr nicht sonderlich gut besucht, so steigerte sich die Zuschauerzahl dann im vergangenen Jahr auf mehr als das Doppelte.
Ich kann dieses Konzert wärmstens empfehlen, weil dort für gut 2 Stunden fast schon eine Art „Wies’n“-Atmosphäre herrscht, also Gaudi pur. Außerdem kann man nebenbei noch ein paar lockere Gerstenkaltschalen oder Lüttje Lage verköstigen oder auch einfach nur Spaß an einem musikalisch abwechslungsreichen Konzert haben. Also: Hinkommen! Spaß haben! Schützenfest-Sonntag ab 11:15 Uhr etwa!
Was die meisten Neustädter Bürger vielleicht gar nicht wissen: Die „Wölper Löwen“ gibt es bereits seit 1962. Damals gegründet als „Fanfarenzug der Freiwilligen Feuerwehr Neustadt“. Seit 1982 heißt der Fanfarenzug „Wölper Löwen“. In ddrei Jahren dürfen die „Löwen“ dann nicht nur ihr 50-jähriges Bestehen, sondern auch ihre 50. Teilnahme am Schützenfest Neustadt feiern. Ein halbes Jahrhundert dabei zu sein, ist sicher auch eine Tradition, auf die dieser Verein stolz sein darf.
Zurück zum Schützenfest der Gegenwart:
Als absolut gute Entscheidung empfinde ich die Öffnung des Turnerzeltes für alle Musikgruppen nach dem Ausmarsch am Samstag. Auch hier war letztes Jahr ebenfalls eine grandiose Stimmung und Lockerheit. Es wurde musiziert, getanzt und viel gelacht.
All dass kann man als Musiker der Schützengesellschaft nicht hoch genug an-rechnen. Den jungen oder jung gebliebenen Führungskräften der Schützenge-sellschaft ist es gelungen, mit vielen positiven Maßnahmen das Neustädter Schützenfest wieder sehr weit nach oben auf der Beliebtheitsskala der Neustädter Bürger zu bringen.
Ich kann nur sagen: SCHÜTZENFEST NEUSTADT MACHT SPASS ! Diesen Satz verstehe ich sogar als eine Art Werbeslogan. Will sagen: Es lohnt sich auf jeden Fall das Neustädter Schützenfest zu besuchen, egal wie jung oder alt man ist. Will man ordentlich feiern, dann am besten mit einer gut gelaunten Clique abends aufs Festzelt oder am Sonntag in die Disco und mal so richtig abfeiern.
Sehen wir uns beim Schützenfest 2009 ?
Bürgerreporter:in:Jörg Baumann aus Neustadt am Rübenberge |
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