Die innere Stimme...
Seit sie nicht mehr bei ihrer Mutter wohnte, litt Marja an akuter Dezisionsphobie.
Sobald es galt, eine mehr oder minder schwerwiegende Entscheidung zu treffen, bekam Marja Schwindelanfälle, Schweißausbrüche und Nervenzuckungen.
Je näher der jeweilige Entscheidungstermin rückte, desto schlimmer wurde Marjas Zustand.
Eines Tages, als Marja gerade an der Kasse eines Kaufhauses in einem Anfall von Panik überlegte, ob sie das neue Kleid wirklich kaufen sollte, vernahm sie die Stimme ihrer Mutter:
„Kauf es nicht! Dein altes Kleid steht dir viel besser!“ Und dankbar hängte sie das teuere Stück zurück.
Als sich Marja nicht entschließen konnte, ob sie eine Reise nach Mallorca oder Ibiza buchen sollte, hörte sie wieder die Stimme ihrer Mutter:
„Das Geld kannst du dir auch sparen. Verbringe deinen Urlaub lieber bei mir!“ Und erleichtert über die Entscheidung verließ Marja das Reisebüro.
Bei einem Museumsbesuch lernte dann Marja einen sympathischen jungen Mann kennen. Doch noch ehe sie sich entscheiden konnte, ob sie sich denn ein zweites Mal mit ihm treffen sollte, ertönte die empörte Stimme ihrer Mutter: „Ein armer Student, mein Kind, das ist doch nichts für dich!“
Nach einiger Zeit schloss der sympathische junge Mann sein Studium ab, promovierte, gründete eine eigene Firma, heiratete Marjas beste Freundin und zog in eine schöne Villa am Stadtrand.
Wolfgang Kreiner © 2001/2007
aus: „Traumhändler“
Gryphon -Verlag München
ISBN: 978-3-935192-27-9
Bürgerreporter:in:Wolfgang Kreiner aus München |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.