Sommer 2011 in Waldperlach, Teil 27
Montag, 27.6.2011: 25..27°C, strahlend blauer Himmel, sehr schwül.
Gestern Abend sind drei weitere Grabwespen in einer Petrischale geschlüpft.
Und tagsüber hatte ich Probleme mit echten Wespen: Die haben ihr Nest unter dem Dach des Windfangs gebaut, fliegen dort durch einen Lüftungsschlitz unter dem Eingang unseres Hauses ein und aus. Mich würde das nicht stören, aber meine Schwester ist allergisch gegen Bienengift...
Also muss ich etwas machen. Natürlich will ich die Wespen nicht ernsthaft schädigen oder gar abmurxen, aber ich muss sie dazu bewegen auszuwandern. Seufz. Also hab ich mich schlau gemacht was sie nicht mögen. Und dazu gehört der Geruch von Salmiakgeist. Also von Ammoniak. Was ich gut nachvollziehen kann, erinnert er mich doch immer wieder an mein Chemisches Praktikum von 1980... (Institut für anorganische Chemie der LMU. Man ging dort durch einen langen dunklen Gang, in dem es nach wenigen Metern tierisch nach vergammeltem Fisch stank. Ein paar Meter weiter begann der Ammoniak Geruch. Sehr intensiv. So intensiv, dass in den angrenzenden Labors die Fenster weiß beschlagen waren. Aber dann: Der Geruch nach Tomatensoße! Die beste Mensa in ganz München! Echt! Kein sarkastischer Witz, sondern wirklich extrem gut! Für 5 Mark gab es dort ein wirklich spitzenmäßiges Mittagessen. Sogar mit „persönlichem Service”. Wenn es Spagetti gab – und die gab es oft – balancierte die Köchin den Teller auf einer Hand, griff mit der anderen und einer hölzernern Spagettizange in einen Riesenkessel und klatschte eine Megaportion Spagetti auf den Teller. Und jetzt kam der persönliche Service: Sie legte die Zange zur Seite, fuhr mit der jetzt freien Hand um den Teller herum, sammelte dabei die überhängenden Spagetti ein und klatschte sie liebevoll oben auf den übervollen Teller. Dort lag jetzt ein mindestens 20 Zentimeter hoher Spagettiberg. Dann stellte sie den Teller ab, goss mit einer Schöpfkelle Tomatensoße über die Nudeln – die natürlich nach allen Seiten abfloss – grinste und fragte freundlich: “Mehr?”. Einmal hab ich „Au, ja!“ gesagt und mehr bekommen. Soße, nicht Nudeln…)
Komisch, ich sabbere gerade. Muss wohl an der Erinnerung an die Spagetti liegen...
Wo war ich stehen geblieben? Ja, beim Salmiakgeist. Also hab ich mir mein Rad geschnappt – den Reifen hab ich zum Glück schon gewechselt – und bin zur nächsten Drogerie gefahren. Salmiakgeist ist schließlich ein bekanntes Reinigungsmittel, das sollte es dort eigentlich geben. Aber trotz intensiver Suche: Nur ein paar hundert Sorten Waschmittel, Shampoos, weiteres Zeug, von dem ich nicht einmal Ansatzweise weis, wozu das gedacht sein könnte und jede Menge merkwürdiger Merkwürdigkeiten. Aber kein Salmiakgeist. Nicht einmal Kernseife. Wenn es ein Alptraum gewesen wäre, würde ich sagen: Eindeutig in der falschen Zeit...
Ich hab dann im Laden eine alte Freundin meiner Mutter getroffen, die mir beim Suchen half, schließlich hab ich eine Verkäuferin gefragt, aber die hat bei mir nicht den Eindruck erweckt, dass sie wissen würde, was Salmiakgeist eigentlich ist. Vermutlich hat sie das Wort heute zum ersten Mal gehört.
Also bin ich weiter gefahren zu einer Apotheke. Da ich nur ein paar Milliliter brauche, war mir der Preis weitgehend egal. Aber die hatten auch nichts. Dafür hat mir die Apothekerin ausführlichst erklärt, wie gefährlich und ätzend und giftig Ammoniak ist und dass sie nur ein winziges Labor hätten und Ammoniak sei gerade aus... Da hat es auch nichts genützt, dass ich ihr erklärt hab, wozu ich das Zeug brauche, dass ich beim Umgang mit Chemikalien immer Handschuhe, Schutzbrille und in dem speziellen Fall auch Atemschutz trage (was sogar stimmt), aber genutzt hat es nichts.
In der nächsten Apotheke lief es dann genauso, nur bekam ich dort noch den Tipp, ich solle Insektengift aus einem Zoogeschäft verwenden…
Auf dem Rückweg hab ich dann überlegt, ob es möglicherweise eine neue Designerdroge gibt, zu deren Herstellung man kleine Mengen an Ammoniak braucht…
Die Lösung des Rätsels – wieso verkaufen die keinen Salmiakgeist mehr? – ist aber viel einfacher: Am Abend hat mich ein alter Freund angerufen, dem ich natürlich die Geschichte erzählt hab, und als ich Ammoniak erwähnte, meinte er nur: “Welchen Sprengstoff willst du denn herstellen?” Klar! Das war es! Wenn so ein langhaariger Bombenleger wie ich Ammoniak kaufen will, denken die alle sofort nur noch an eins...
Nur: Mit 5 ml Salmiakgeist kann man selbst mit dem Glyzerin aus einer Dose Handcreme und ein wenig xxxzensiertxxx bestenfalls genug Sprengstoff basteln, dass man mit der Miniexpengplosion ein paar Ameisen erschreckt. Aber mehr? Ich wüsste nicht wie.
Jedenfalls ist diese Methode Wespen zu vertreiben erst mal gescheitert. Also muss Plan B her.
Und der geht so: Wespen mögen den Geruch von Knoblauch nicht. Ebenso verabscheuen sie den Geruch von Tomatenblättern. Also werde ich morgen eine Knolle Knoblauch pürieren, in Wasser (oder Öl) lösen, in eine wiederverwendbare Sprühflasche füllen und damit die Umgebung des Wespennestes einsprühen....
Bürgerreporter:in:B Göpfert aus München |
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