Spiel und Spaß mit 1&1, Teil 10
Freitag, 22.10.2010: Im Westen nichts Neues.
Wenn ich am Morgen aufwache, geistern oft Lösungen von Fragen durch meinen Kopf, über die ich am Tag zuvor nachgedacht hatte, sie aber nicht knacken konnte.
Die Frage von gestern war: Wieso konnte jemand bei 1&1 19,58 Euronen für 7,58 Euronen halten?
Die Lösung, die mir heute morgen durch den Kopf schoss – vielmehr die Arbeitshypothese, sie ist ja weder verifiziert noch falsifiziert – war: Niemand kann so blöd sein, diese beiden Zahlen zu verwechseln. Zifferndreher, Auslassungen und Lesefehler scheiden aus. Damit wird gewöhnliche Schlamperei eher unwahrscheinlich. Was bleibt? Kriminelle Machenschaften.
Wie könnte das abgelaufen sein? Geben wir dazu den (möglicherweise) beteiligten Personen Namen in alphabethischer Reihenfolge.
1. Schritt: Ich überweise am 4.10. 19,58 Euronen an 1&1.
2. Schritt: Ich bekomme am 5.10. einen Kontoauszug mit der Abbuchung, bei 1&1 landen 19,58 Euronen auf dem Konto.
3. Schritt: „Anna“ schreibt bei 1&1 die 19,58 Euronen meinem Kundenkonto gut.
4. Schritt: Britta sieht sich am 8.10. meine Kundendaten an und schreibt mir: „Ihre Zahlung über 19,58 EUR ist auf Ihrem Kundenkonto verbucht. Vielen Dank dafür.“
Zu diesem Zeitpunkt waren die 19,58 Euronen also bereits auf meinem Kundenkonto bei 1&1 eingetragen. Bis hier hin ist also noch alles so gelaufen, wie man sich das vorstellt.
5. Schritt: Ich überweise am 11.Oktober 20,97 Euronen an 1&1
6. Schritt: Am 13. Oktober kommt das Geld bei 1&1 an, „Anna“ schreibt es meinem Kundenkonto gut.
7. Schritt: „Charlie“ schaltet in der Nacht von Samstag, den 16.10. auf Sonntag, den 17.10. meinen Internetzugang ab.
8. Schritt: „Dora“ schreibt eine Mahnung, in der sie behauptet, ich hätte nur 7,58 Euronen anstelle der 19,58 Euronen überwiesen. Datum des Briefes ist der 18.10., aber ich erhalte ihn erst am 21.10. Er wurde also vermutlich erst am 20.10. zur Post gebracht.
Was ist also passiert?
Irgend jemand hat sich bei 1&1 an meinem Kundenkonto bedient.
Wann ist das passiert?
Nach dem 8.10. aber vor dem 16.10. Das lässt sich sogar noch weiter eingrenzen: Britta hat die eMail am 8.10 um 1341 geschrieben, Charlie wird kaum am Wochenende arbeiten, hat also vermutlich den Server von 1&1 spätestens am Freitag, den 15.10. so konfiguriert, dass er in der Nacht von Samstag auf Sonntag meinen Account abschaltet.
Wer kann es gewesen sein?
Britta scheidet aus. Da sie mir eine eMail geschickt hat, weis sie, dass ich weis, dass sie weis, dass die 19,58 Euronen auf meinem Kundenkonto verbucht sind. Also müsste sie schon wirklich sehr blöd sein, wenn sie das Konto danach noch manipuliert hätte.
„Anna“ kann es ebenfalls nicht gewesen sein, da Britta ja bestätigt, dass das Geld auf meinem Kundenkonto ist.
„Dora“ scheidet ebenfalls aus, da mein Internetzugang bereits abgeschaltet war, als sie mir die „Mahnung“ schrieb.
Also kommt nur „Charlie“ in Frage.
Wer ist „Charlie“?
„Charlie“ muss nicht zwingend eine einzelne Person sein. Wahrscheinlich sind es zwei: „Charlie, der jüngere” und “Charlie, der ältere”. Wobei der jüngere das Konto manipuliert hat und der ältere meinen Internetzugang abgeschaltet hat. Dabei muss der ältere nicht zwingend von den kriminellen Machenschaften des jüngeren gewusst haben.
Konzentrieren wir uns also auf „Charlie, den jüngeren”, kurz “CJ”. CJ muss Zugang zu den Kundenkonten haben.
Wie könnte das also gelaufen sein?
Vermutlich zweigt CJ öfters Geld von Kundenkonten ab. Dass jemand nur ein einziges mal 12 Euronen klaut, halte ich für eher unwahrscheinlich. Aber wieso wurde er dann noch nicht erwischt? Vermutlich funktioniert seine „Geschäftsidee” so:
Am Monatsende bucht 1&1 von seinen Kunden Geld ab und bucht es auf die internen Kundenkonten. Anfang des nächsten Monats prüft 1&1 dann, ob noch Zahlungen ausstehen. Das geschieht vermutlich automatisch per Software. Danach liegt das Kundenkonto unbeobachtet bis zum Monatsende.
CJ weis das und bucht seinerseits von einzelnen Kundenkonten Geld (12 Euronen in meinem Fall) nach der Prüfung ab und schickt das Geld vermutlich auf ein anderes internes Konto bei 1&1, das er in (mehr oder weniger) regelmäßigen Abständen leert.
Wieso ist das bisher nicht aufgefallen?
Als CJ seine 12 Euronen abgezweigt hat, war das Konto bereits überprüft. Und bei der nächsten Prüfung einen Monat später werden anscheinend nur die aktuellen Zahlungen untersucht. Etwas anderes wäre auch nicht zweckmäßig.
Wieso hat CJ`s Geschäftsidee dann in meinem Fall nicht geklappt? Weil nach dem 8.10. noch 20,97 Euronen ausstanden, die ich danach überwiesen hab und die am 13.10. bei 1&1 verbucht worden sind. Durch diese Buchung wurde eine (automatische) Prüfung meines Kundenkontos ausgelöst, und hier fehlten plötzlich 11,99 Euronen!
Damit grenzt sich der Zeitpunkt, an dem CJ zugeschlagen hat, weiter ein: Nach dem 8.10, 1341 aber vor dem 13.10.
Was hat es mit dem einen Cent auf sich?
Britta hatte 62,91 Euronen storniert, aber in meinem Kundenkonto waren 62,92 stornierte Euronen eingetragen. Das kann entweder das berühmte “Pfennigspiel” sein: Ein schlauer Programmier hat die Datenbank so konfiguriert, dass in bestimmten Fällen 1 Pfennig – oder wie hier, ein Cent – auf sein Konto gebucht wird. Oder aber für wesentlich wahrscheinlicher halte ich es, dass CJ besonders schlau sein will: Um seine 12 Euro Manipulation zu verschleiern, addiert er bei einer anderen Zahlung einen Cent. Damit fehlen auf dem Kundenkonto scheinbar nur 11,99 Euronen, obwohl CJ 12 Euronen hat verschwinden lassen. Wenn man jetzt bei 1&1 nach den verschwundenen 11,99 Euronen sucht, wird man nichts finden, da CJ ja in Wirklichkeit 12 Euronen auf sein Konto verschoben hat. Wie hieß es in der “Samstag Nacht” so schön: “Gefickt eingeschädelt”.
Wie kann man CJ überführen?
Da er vermutlich nicht sofort nachdem Britta auf mein Kundenkonto geschaut hat, zugeschlagen hat, der 9.10. ein Samstag und der 10.10. ein Sonntag war, ist CJ vermutlich am 11.10. oder am 12.10. aktiv geworden. Man müsste bei 1&1 jetzt nur noch die Datenbank nach einer Buchung von 12 Euronen an diesen beiden Tagen durchsuchen und nachsehen, wem das Konto gehört, auf dem sie gelandet sind.
Wie stelle ich mir CJ vor?
Anfang bis Mitte 20, männlich, deutsch, wirkt aber etwas zurückgeblieben, hat irgend eine Art von IT Ausbildung, hält sich für genial, ist aber eher unterdurchschnittlich begabt, hat Probleme mit seinen Sozialkontakten, ist eher etwas einzelgängerisch, was er aber nicht so sieht, fühlt sich unterbezahlt und vielleicht unterfordert, was er aber nicht ist. Verhält sich unauffällig und wird von seinen Kollegen kaum wahrgenommen. Ist möglicherweise bereits durch kleinere Ladendiebstähle aufgefallen, aber nur selten erwischt worden. Glaubt, dass er ein Recht darauf hat, sich die Dinge zu klauen, auf die er meint, ein Anrecht zu haben. Hat kein Unrechtsbewusstsein.
Leute, ihr seht, ich mag Krimis. Und ich Liebe Rätsel! Ich kann einfach kein Rätsel ungelöst lassen, sonst platz ich. Soviel Spaß wie bei “Spiel und Spaß mit 1&1“ hatte ich schon lange nicht mehr. Darauf fahr ich total ab, das möcht ich öfter machen. Das Spiel hat wirklich Suchtpotential!
Eigentlich wollte ich mir heute ja einen neuen Internetprovider suchen. Hab auch angefangen, in den Gelben Seiten zu blättern, aber irgendwie kam dabei die große Unlust auf. Also hab ich erst mal ein wenig an meiner Software weiter geschrieben, dann diesen Text in die Tastatur gehackt, den Fotorundgang gestartet, die Bilder angesehen und Teil 52 von Herbst in Waldperlach geschrieben, wieder an der Software weiter gearbeitet und jetzt ist es 1900. Zu spät, um noch herum zu telefonieren. Samstag ist garantiert keiner in den entsprechenden Läden/Firmen, am Sonntag sowieso nicht, also verschieb ich die Suche auf Montag. Frei nach dem alten Asamler Motto: „Was du heut nicht brauchst besorgen, verschiebe lieber gleich auf morgen.“ (Asamler sind die (ehemaligen) Schüler des Asam Schimpansiums in München Giesing) Also kann ich in aller Ruhe an meinem Programm weiter basteln und es gibt Nichts, das mich stören könnte...
Seltsam. Sollte ich nicht wegen des 1&1 Ärgers Stress oder so empfinden? Aber ich fühl mich so wohl wie schon lange nicht mehr. So richtig zum Bäume einpflanzen (Ausreißen mag ich nicht). Irgendwie weckt das Ganze bei mir ungeahnte Lebensgeister, so, als wär ich krank gewesen und wär die Krankheit jetzt endlich los. Das ist ein Gefühl von Freiheit, von ‘jetzt kann ich endlich richtig Loslegen’, wobei ich denke, das konnte ich doch vorher auch, nur war es mir da nicht so bewusst. Vermutlich ist es das sichere Gefühl, den 1&1-Klotz-am-Bein jetzt endlich los zu sein. Auch wenn das bei 1&1 vermutlich monatelang keiner begreifen wird, was mich aber nicht einmal grob ansatzweise juckt, sondern bei mir eher eine Art hämischer Schadensfreude auslöst. Was eigentlich unfair von mir ist, weil die Leute können es halt nicht besser.
Fortsetzung folgt.
Bürgerreporter:in:B Göpfert aus München |
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