Zu Guttenberg, Teil 3 – Salamitaktik oder Aufrichtigkeit oder: Ein Mann spaltet Deutschland
Die Wogen schlugen sehr hoch. Jetzt lassen sie langsam nach.
Am Ende hat kaum noch jemand geglaubt,
dass er sich noch würde halten können.
Die Aussage sind äußerst zwiespältig, wenn nicht sogar vielspältig.
Ich hatte am Montag und am Mittwoch Konfirmandenanmeldung und damals schlugen die Wogen sehr hoch bei Erwähnung des Namen zu Guttenberg.
Einige Aussagen seien hier wiedergegeben - ein Spiegel der Gesellschaft:
Die einen halten zu ihm – und ihnen wird fast unterwürfige Gläubigkeit an den Herrn zu Guttenberg vorgeworfen, weil sie ihn immer noch sympathisch finden.
Weswegen finden sie ihn sympathisch? Gerade weil er zu seinen Fehlern steht.
Sie meinen, die sensationslüsternen Medienmacher und die neidische alte Politikerkaste haben Herrn zu Guttenberg geschlachtet. Wir Deutschen würden es eben lieben, unsere Prominenten zu schlachten. Mal sehen, welche arme Sau das nächste Mal durch das mediale Dorf Deutschland getrieben werde – Käßmann, Sarazin, zu Guttenberg. Und so werde es weitergehen.
Selten habe jemand so offen und transparent Politik betrieben. Jetzt kehre die typische Deutsche Hinterzimmerpolitik der alten Schule wieder ein. Wir würden eh wie gehabt über den Tisch gezogen werden. Dieses Gefühle habe frau und mann bei Herrn zu Guttenberg nie gehabt.
Das genaue Gegenteil sagen die anderen.
Sie werfen Herrn zu Guttenberg Salamitaktik vor, weil sie behaupten, er habe immer nur das zugegeben, was ihm nachgewiesen wurde.
Ich weiß nicht, ob das stimmt. Ich komme nicht so oft zum Zeitungslesen.
Seine Fans behaupten jedenfalls, dass Herrn zu Guttenberg´s Gegner ihm nur nicht richtig zugehört und Ihrem Idol das Wort im Mund umgedreht haben.
Seine Fans werfen Herrn zu Guttenberg vor, er habe zu schnell aufgegeben. Er hätte sich da durchbeißen müssen. Er wäre doch endlich ein Politiker gewesen, der auf die Lobbyisten keine Rücksicht nehmen musste, da er finanziell unabhängig war und auch mal unangenehme Wahrheiten gesagt habe.
Seine Gegner werfen ihm genau das vor. Er hätte sofort von allen Ämtern zurücktreten müssen.
Vor allem die junge Generation habe ihren Hoffnungsträger verloren. Mit Grausen würden sie sich von der Politik anwenden. Sie mache sowieso, was sie wolle.
Ein vorher heißblütiges CSU-Mitglied werde bald austreten aus seiner Partei, die zu wenig hinter Herrn zu Guttenberg gestanden habe.
Dazwischen steht irgendwie unsere Bundeskanzlerin, die sagt, sie hat keine akademische Kraft der Jurisprudenz eingestellt, sondern einen Vollblutpolitiker, dessen politisches Talent sie lobt. Ihr Verhalten wurde als sehr christlich gelobt, da sie zu ihm gehalten habe so lange er im Amt sein wollte. Sie wurde zumeist gelobt, aber oft genauso widersprüchlich gedeutet.
Ich spüre auf der einen Seite unglaubliche Häme und Schadenfreude über den Sturz des Herrn zu Guttenberg:
"Endlich sind wir den los, der uns einen Spiegel vorgehalten hat oder uns infrage gestellt hat. Er solle ja nie wiederkommen."
Auf der anderen Seite spüre ich unglaubliche Enttäuschung und Trauer, weil Herr zu Guttenberg für viele ein Hoffnungsträger für eine neue und andere Politik und einen anderen Politikstil war. Mit Grausen wenden sie sich von der Politik ab. Eine Dame behauptete steif und fest, sie werde nie wieder wählen. Die jetzige Politik jeglicher Coleur, d.h. Linke und Rechte, Gelbe und Grüne, können ihr gestohlen bleiben. So groß die Enttäuschung und der Ekel über dieses politische Treiben um Herrn zu Guttenberg.
So die Aussagen bei der Konfirmandenanmeldung von den verschiedensten Menschen - absolut widersprüchlich.
Herr zu Guttenberg polarisiert also wie gehabt.
Doch was soll ich denken?
Ich weiß es nicht.
Ich lehre als Pfarrer, beim Nächsten alles zum Besten zu kehren.
Warum? Luthers Auslegung des achten Gebots:
"Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider Deinen Nächsten.
Was ist das?
Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir unsern Nächsten nicht belügen, verraten, verleumden oder seinen Ruf verderben, sondern sollen ihn entschuldigen, Gutes von ihm reden und alles zum besten kehren."
(Martin Luther, Kleiner Katechismus, DAS ACHTE GEBOT)
Das haben wir in der Affäre zu Guttenberg auf jeden Fall nicht erlebt.
Vielleicht die Demontage eines Mythos.
Er wurde von den Medien ja sehr hoch gejubelt
und wußte selber, dass der Fall tief sein würde.
Ich weiß es nicht.
Eine alte Dame sagte,
sie habe die Beerdigung der Politik erlebt.
Was solle sie da jetzt noch wählen, vor allem in Bayern?
Das sei für sie das Gezeter um Herrn zu Guttenberg – eine Stillosigkeit sonders gleichen.
So etwas habe sie in den neun Jahrzehnten ihres Lebens noch nie erlebt.
Nach Herrn zu Guttenberg also die Sintflut?
Das kann ja auch wiederum nicht sein.
Eine unglaubliche Steigerung der Politikverdrossenheit?
Hoffentlich nicht, denn
die Nichtwähler sind in Deutschland schon lange die größte Partei.
Ich weiß nicht, was ich denken soll.
Was denken Sie? Was meinen Sie, werte Leserin, werter Leser?
Was sind Ihre Gefühle, Ihre Gedanken, Ihre Freude, Ihre Enttäuschung,
Ihre Trauer, Ihre Frustration? Politik spielt mit Emotionen. Her damit!
Ja, was soll ich denken? Was ist Ihre Lehre, Ihr Resümee des Falls des Herrn zu Guttenberg? Wie wird das unsere Republik verändern?
Oder wird es wieder heißen: The same procedure as every year, James!
Und alles geht den Bach runter. Ehrlich?
Bürgerreporter:in:Markus Christian Maiwald aus Augsburg |
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