Adventsperle 10: Mit wenigem Festlichkeit zaubern
Liebe Freundin, lieber Freund,
jüngst traf ich einen meiner ehemaligen Konfirmanden. Er weiß von meiner Sammelleidenschaft. Er kennt mich sehr gut. Ich sammle gerne Geschichten, die das Leben schrieb. “Pfarrer Markus, ich hab da was für Dich - mein bisher schönstes Weihnachten.” Ich freute mich sehr und war gespannt wie ein Flitzebogen. Ich spitzte meine Ohren und er fing an, zu erzählen:
>Heiligabend - mit den Zug unterwegs auf dem Weg nach Hause. Ich wollte endlich mal wieder zu Hause bei Muttern sein, doch ich hatte den rechtzeitigen Zug verpaßt. Ich konnte mich von meiner Freundin nicht lösen.
Mit schlechtem Gewissen schlenderte ich durch den Zug. Ich zog einen ziemlich Flunsch. Die meisten Abteile leer - nur noch wenige Reisende unterwegs: die einen spielten Karten; andere waren in die Zeitung oder ein Buch vertieft; manch einer hatte eine ziemlich Fahne.
Hin und wieder hörte ich ein lautes Lachen, wenn jemand wieder mal einen super Stich gemacht hatte. Ein bißchen Unterhaltung, eine bißchen Zerstreuung, ein bißchen Melancholie - Heiligabend im Zug.
Fuhren wir sehr nahe an den Häusern vorbei, konnten wir sehen, was da ablief. Hin und wieder sah wir eine Bescherung. So einige schauten ganz sehnsüchtig, ganz neugierig und ganz genau hinein in die vorbeifliegenden Fensterfronten. Jeder versuchte ein wenig weihnachtliche Stimmung einzufangen.
Ich schlenderte weiter durch den Zug.
Plötzlich ging ein Abteil auf: “Kommen Sie doch rein! Leisten Sie uns doch bitte Gesellschaft!” Der Mann trat näher auf mich zu. “Sie brauchen hier draußen doch nicht so einsam und allein herumlaufen. Leisten uns Gesellschaft. Feiern Sie mit uns Weihnachten!”
Klar ist ein Eisenbahnabteil kein Wohnzimmer.
Aber er hatte Recht. Schließlich war Heiligabend. Warum sollten wir nicht versuchen, etwas daraus zu machen?
Die Frau war damit beschäftigt, ein paar Kerzen anzuzünden und auf dem Fensterbrett festzukleben. Hoffentlich war das nicht gefährlich. Aber egal - schließlich war Weihnachten. Unser Abteil blieb nicht leer. Lauter fremde Menschen feierten zusammen. Sie erzählten. Sie lachten. Sie weinten. Kein Lametta, kein Weihnachtessen. Dafür zwei, drei Kerzen, ein paar Kekse, die wir teilten. Festlich trotz des minimalen Aufwandes - einfach Weihnachten. Sogar der Schaffner feierte mit.<
Das war es also, sein bisher schönstes Weihnachten.
Wirklich ein wunderbares Erlebnis meines ehemaligen Konfirmanden.
Woran lag es, dass es Weihnachten wurde?
Am Tand wohl kaum. Entscheidend war wohl die großherzige Geste des Einladenden. Sie paßte zu Weihnachten. Und ganz leicht - mit ein wenig Festlichkeit und Phantasie wurde es Weihnachten - sehr schön.
Es sind nur noch ein paar Tage bis Weihnachten. Noch ist es gut möglich, mit einfachen Mitteln eine großherzige Festlichkeit zu zaubern. Ergreifen wir doch die Gelegenheit. Trauen wir uns selber mehr Bescheidenheit und Großherzigkeit zu - und Weihnachten wird wunderbar werden, denn die Seele bekommt wieder mehr Raum.
Ihnen, liebe Freundin, lieber Freund, weiterhin eine besinnliche und behütete Adventszeit: Machen Sie es gut!
Ihr Pfarrer Markus C. Maiwald aus Meitingen
Bürgerreporter:in:Markus Christian Maiwald aus Augsburg |
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