Musikverein Westendorf spielt Stücke vor Kamera und Band ein
Keine gemeinsamen Proben. Keine gemeinsamen Auftritte. Das ist die traurige Bilanz, die der Musikverein Westendorf und Umgebung e.V. seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ziehen muss. Um ein „Lebenszeichen“ zu senden, wie Jugendleiter Alexander Hladky es bezeichnet, setzte der Musikverein nun ein Projekt um, das den Hygienevorgaben entsprach und bei dem doch 53 Musiker mitwirken konnten. Wie das möglich war? Mit einem von Jugenddirigent Florian Wiedemann selbst geschriebenen und arrangierten Stück, dem Jugend-Kreativ-Orga-Team, rund um Magdalena Groer, Moritz Groer, Jacob Brzeski und Moritz Liepert, das einen minutiös geplanten Ablaufplan konzipierte, der Freiwilligen Feuerwehr Westendorf, die die Räumlichkeiten zur Verfügung stellte, und einer großen Gruppe an motivierten Musikern, die sich auf das Experiment einließen.
Dieses Experiment sah nämlich vor, alle 53 Musiker einzeln spielen zu lassen und dabei aufzunehmen. Um das umzusetzen, ohne dass sich die Musiker begegnen, gab es eine Zeiteinteilung, die jedem Musiker eine Stunde Zeit einräumte – für Eintreffen, Auspacken, Vorbereiten, Instrumente stimmen, Einspielen und Aufnahmen. Das Experiment, dass der Musikverein erstmals ausprobiert hat, war „sehr erfolgreich“, berichtet Florian Wiedemann und beginnt zu schwärmen: „Es war eine unglaublich tolle Erfahrung.“
Größten Respekt habe der Dirigent vor allem vor der Leistung der Musiker. Gemeinsame Proben gab es nämlich nie. Stattdessen hatten die Musiker drei Wochen im Vorfeld Zeit, das Stück zu proben und sich ein Demoband anzuhören. Dann stellten sie sich mit Kopfhörern auf den Ohren hinters Mikrofon und spielten ihren Beitrag zum großen Werk ein. Anschließend sollen nun alle Einzelaufnahmen zu einem Gesamtwerk verschmelzen. Was dabei rauskam, war im ersten Schritt „ausgezeichnetes Audio-Material“, erklärte Florian Wiedemann begeistert und lobt die Fähigkeit der Musiker, sich das Stück selbst anzueignen. Das wird er nun schneiden und zusammenmischen und mit dieser Aufgabe sowie mit dem Zusammenschnitt der Videoaufnahmen vermutlich die Osterferien verbringen, erklärt der Instrumentallehrer.
Und wie war es für die Musiker selbst? Lilly Grund, die seit vier Jahren Saxophon spielt, fand die Aufnahmen „richtig cool und sehr spannend“. Während der Zeit der Corona-Beschränkungen habe sie Einzelunterricht gehabt, berichtet die 12-Jährige. So habe sie nie aufgehört, zu üben. „Am Anfang war ich richtig nervös“, erzählt Lilly Grund. Vor allem sich selbst über Kopfhörer zu hören, sei seltsam gewesen. Anne Baumann, die seit fünf Jahren Klarinette spielt, hat das Demoband zur Vorbereitung sehr geholfen. Sie sei weniger nervös gewesen als vor einem richtigen Konzert. Die 15-Jährige bezeichnet die Aktion als „das Coolste, was bis dato im Musikverein organisiert wurde“. Seit August vergangenen Jahres hatte die Musikerin keinen Einzelunterricht mehr und gesteht, dass das Musizieren seither doch etwas zu kurz kam.
Von diesen und ähnlichen Feedbacks berichteten auch Florian Wiedemann und Alexander Hladky. Die Musiker seien allesamt mit Fragezeichen in den Augen zum Feuerwehrhaus gekommen und hätten dieses voller Euphorie anschließend wieder verlassen. Alexander Hladky konnte die Anspannung vor der Aufnahme deutlich spüren – „auch bei älteren Musikern, die bereits seit 30 Jahren im Orchester aktiv sind“, berichtet der Jugendleiter.
Auch Bruno Wagner, der als Ehrenvorstand und Kapellleiter, für die Aufnahme ins Flügelhorn blies, fand die Aktion gut und ist gespannt auf den Zusammenklang der einzelnen Stücke. Ungewohnt war für den Musiker, der seit 50 Jahren spielt, das Einspielen seines Parts nicht. Dennoch war es für ihn eine willkommene Corona-Alternative und wichtig für die Nachwuchs-Musiker, die „wieder ein Ziel vor Augen hatten“, erklärt der 59-Jährige. Das wurde auch Jugendleiter Alexander Hladky zugetragen, der erfuhr, dass sich gerade die jüngeren Musiker vor dem Aufnahmewochenende Mitte März in Messenger-Gruppen gegenseitig zum Musizieren motiviert und angestachelt haben. Für Florian Wiedemann war es „ein Stück Gemeinschaft“, das die Musiker wohl allesamt auf ihre Weise vermisst haben.
Sobald das Gesamtwerk fertig ist, soll es das Stück, das Wiedemann als „harmonisch, wohlklingend, interessant und gut spielbar“ beschreibt als Erinnerung auf CD oder DVD geben sowie über die sozialen Medien verteilt werden – um „Wohlfühlatmosphäre“ zu verbreiten, und um an diese tolle Aktion zu erinnern.
Bürgerreporter:in:Steffi Brand aus Meitingen |
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