Hafiz Rezai aus Meitingen erzählt im Paul Klee Gymnasium Gersthofen von seiner Flucht

von links Nina Berger, Hafiz Rezai und Maximilian Krahe
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Die 15jährige Nina Berger aus Meitingen nahm den Aufruf von Schulleiter Peter Krauß auf und kam seiner Bitte nach, Flüchtlinge einzuladen, die von ihrer Lebensgeschichte und Flucht berichten können. Vorurteile abzubauen, verstehen zu lernen und offen für andere Kulturen zu werden, das sind die Beweggründe des Mädchens. Oft schon hat sie in der letzten Zeit hier große Mankos bei der Arbeit Ihrer Eltern beobachtet, die als Flüchtlingshelfer aktiv sind. Sie stellten den Kontakt zu Hafiz Rezai her. Nina half ihm bei der Ausarbeitung seines Vortrages und vermittelte in der Schule. Maximilian Krahe unterstützte die beiden in technischer Hinsicht.

Der 38jährige Hafiz Rezai, ein afghanischer Flüchtling, der seit 2 Jahren mit seiner Familie in Deutschland lebt, erzählte in der Aula 5 Klassen des Paul Klee Gymnasiums in Gersthofen in gutem Deutsch von seiner traumatischen Flucht.

„Ich bin sehr froh heute bei euch zu sein
und ich möchte Euch ein bisschen von meinem Leben und meiner Flucht erzählen!“ So waren seine Worte zu Beginn. Seine Familie besteht neben ihm aus seiner Frau, seinen drei Kindern Mehdi, Mohadisa und Hosna, die bereits in Deutschland geboren ist. Ein weiterer Bruder lebt ebenfalls in Deutschland. Seine Eltern sind 1998 im Iran verstorben.

In der afghanischen Stadt Ghazni mit 1,5 Millionen Einwohner ist Hafiz Rezai geboren. 8 Jahre ist er in Afghanistan zur Schule gegangen. Im Iran hat er in einer Abendschule das Abitur bestanden. Das Schulsystem in Afghanistan ist ähnlich wie in Deutschland. Allerdings können zur Zeit Schüler auf seiner ehemaligen Schule jedes Jahr drei Monate nicht in die Schule gehen, da die Taliban alles plündern was sie kriegen können. Oft findet die Schule im Freien statt, da durch den Krieg viele Gebäude zerstört wurden. „Die Kinder hier müssen sich glücklich schätzen, dass sie auf eine Schule mit einem Dach über dem Kopf und ohne Angst vor Krieg in die Schule gehen können“, so Hafiz Rezai. Trotz aller widriger Bedingungen, hat er es dann mit viel Glück geschafft einen Beruf zu erlernen und als Lederschneider zu arbeiten. Seit dem Jahre 2000 ist er verheiratet.

Schon als 15jähriger Junge musste er 1994 mit seiner Familie in den Iran fliehen. 9 Jahre haben sie dort gelebt, bis amerikanische Soldaten und die Nato nach Afghanistan gekommen waren und sie wieder nach Hause zurückgegangen sind. Als die politische Situation, nach 40 Jahren Krieg und 20 Jahren Taliban, in Afghanistan immer schlechter wurde, musste er sich entscheiden auch mit seiner Familie zu fliehen. Bis heute ist die Lage in Afghanistan ein Alptraum. Die Hauptstadt Kabul ist nach 22 Jahren Bürgerkrieg nicht mehr zu erkennen. Die deutsche Botschaft wurde bombardiert und in Trümmer gelegt. Es wurde immer schlechter und wieder musste er, diesmal mit seiner eigenen Familie, sein Heimatland verlassen. Im Iran haben sie 2012 jedoch kein Asyl bekommen. Es gab nun nur die Möglichkeiten entweder nach Syrien in den Krieg zu ziehen oder nach Afghanistan zurückzugehen. Aus diesen Gründen hat sich die Familie auf den mühsamen Fluchtweg nach Europa begeben.

Sie flüchteten nun in die Türkei. Nach 25 Tagen dort angekommen war es, weil es Winter war, unmöglich das Meer zu überqueren. Nach 8 Monaten im Sommer 2015 wurde die Reise fortgesetzt und sie sind über Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich nach Deutschland gekommen. Fast 1 ½ Monate dauerte dieser Weg, den sie fast nur zu Fuß gegangen sind. Übernachtet wurde in Wäldern, Parks und zerstörten Gebäuden außerhalb der Städte. Zu Essen gab es nur Kekse und Wasser.
„Ich hoffe niemand von euch muss so einen Weg jemals erleben“,
so Hafiz Rezai.

Um von der Türkei nach Griechenland zu kommen mussten sie in der Nacht mit einem 4-Mann-Boot zu zwölft das Meer überqueren. Das Benzin reichte allerdings nur für eine Stunde und so sind sie 4 Stunden hilflos auf dem Wasser im offenen Meer getrieben, ohne zu wissen wie es weitergeht. Nur zwei kleine Paddel und der Wind standen zur Verfügung um vorwärts zu kommen. Am schlimmsten war es für Hafiz seine Kinder in diesem Zustand zu sehen. Mit jeder hohen Welle sah er seine Familie vor seinen Augen sterben. Als sie endlich völlig durchnässt und frierend in Griechenland angekommen waren, schätzten sie sich dennoch glücklich noch zu leben. Nach 2 Stunden Fußmarsch wurden sie durch die Polizei in einem Camp für Asylanten untergebracht. Bei Nacht erreichten sie Serbienund mussten dort in einem baufällig gefährlichen Gebäude schlafen. Sie beschlossen nun lieber im Wald zu nächtigen, was trotz der gefährlichen Tiere und Menschen doch noch besser war.

Als ein Schlepper sie weiter mit einem Sprinter von Ungarn nach Deutschland brachte, saßen 24 Menschen auf engstem Raum im Dunkeln und ohne genügend Sauerstoff, sodass das Atmen schwerfiel. Besonders die Kinder litten sehr darunter. Nur eine vorbeikommende Polizeistreife bewirkte, dass die Türen geöffnet wurden und sie schnell aussteigen konnten. Nach vier Stunden wurden sie von der Polizei in ein Camp in Budapest gebracht.

Deutschland erreicht
Letztendlich sind sie zum Glück am 27. Juli 2015 in München angekommen, waren eine Woche in Sonthofen und danach acht Monate in Ostendorf. Eine andere Art großer Schwierigkeiten kam nun auf die Familie zu. Einerseits konnten sie kein Deutsch und andererseits gab es nur ein kleines Zimmer für die ganze Familie. Im gesamten Asylantenheim gab es nur eine Küche, eine Dusche und zwei Toiletten. Große Kommunikationsprobleme waren vorprogrammiert, da fast jede Familie eine andere Sprache sprach und aus den verschiedensten Kulturen kam.

In Meitingen angekommen
Seit April diesen Jahres ist die Familie nun in einem Asylantenheim in Meitingen mit mehr Platz und zentral gelegen untergebracht. Es ist einfacher zu Geschäften, zur Arbeit oder zu Ärzten zu gelangen. Eine Erholung von vergangenen traumatischen Strapazen hat die Familie bitter nötig und Hafiz Rezai plant für sich und seine Familie die Zukunft. Er besucht intensiv den Deutschunterricht und kann sich bereits sehr gut verständigen. Integration ist für ihn selbstverständlich. Seit April ist er bei der freiwilligen Feuerwehr in Meitingen. Der 14jährige Sohn des gelernten Lederschneiders spielt Fußball beim TSV Meitingen und seine 10jährige Tochter Tennis. Da er schon seit 1993 im "Taekwondo" als Trainer und auch Kampfrichter aktiv war, wäre sein größter Wunsch eine Taekwondo-Schule zu eröffnen. Außerdem würde es ihn interessieren Immigranten in Deutsch zu unterrichten. Da er vier Sprachen fließend beherrscht, dürfte das für ihn kein Problem sein.

Hafiz Rezai freut sich nach diesen unendlichen Strapazen in Deutschland zu sein und zur Ruhe zu kommen. Er ist dankbar und das Wichtigste für ihn ist,  für sich und seine Familie eine Zukunft aufzubauen, ohne Krieg, Angst und finanzielle Not.
„Die Deutschen haben ein Gefühl für Menschen, die Hilfe brauchen“.

Bürgerreporter:in:

Hildegard Steiner aus Meitingen

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