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Jeder(!) Sonntag "ist" autofrei
JA, wöchentlich: In Bogotá, also in der Hauptstadt von Kolumbien - . - . - NEIN, nie: In Hannover, also in der Landeshauptstadt von Niedersachsen

Nach einem Interview des ADFC e.V.

Stadtfest:
Wöchentlich 1,5 Mio Besucher*innen!
Denn:
In Bogotá ist jeder Sonntag autofrei ...

Melissa Gómez ist in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá aufgewachsen. Die Stadt hat 7,2 Millionen Einwohner, liegt auf 2.600 Metern Höhe und hat seit 50 Jahren die Ciclovía. Das riesige wöchentliche Stadtfest ist aus Bogotá nicht mehr wegzudenken.
Jeden(!) Sonntag sperrt die Stadt dafür 120 Kilometer ihrer Straßen für Autos und 1,5 Millionen Menschen genießen den freigewordenen Straßenraum. Statt Blech, schmutziger Luft und Stau gibt es dann Sport, Spiel, Kunst, Tanz, Musik, Gemeinschaft und einfach pure Freude. Melissa Gómez berichtet im Interview über die Mutter aller Programme für autofreie Straßen in der Welt.

Wie ist die Ciclovía entstanden?
Sie wurde vor 50 Jahren von einer Bürger:innen-Initiative aus der Taufe gehoben. So wollte man die Aufmerksamkeit der Menschen und der Politik auf den massiven Autoverkehr in Bogotá lenken. Damals fand die Ciclovía auf einer Länge von fünf Kilometern als Fahrraddemo zwischen zwei großen Parks statt. Aber schon beim ersten Mal nahmen 5.000 Leute teil. Danach wurde sie einige Jahre jeden Sonntag als Modellversuch fortgeführt.
Die Wende kam 1995, vor 29(!) Jahren:
Damals entschloss sich die neue Stadtregierung, die Ciclovía massiv zu fördern. Während bis dahin die Verkehrsaspekte im Vordergrund standen, sollte es nun vor allem um Gesundheit, Bildung, Umwelt und Lebensqualität gehen. Der Bürgermeister steckte enorm viele Ressourcen in die Organisation. Und machte die Ciclovía zu einem gesellschaftlichen Highlight, das längst zur DNA von Bogotá gehört.

Was genau passiert auf der Ciclovía?
An jedem Sonntag und an jedem Feiertag sperrt die Stadt von 7 Uhr morgens bis 14 Uhr mittags 120 Kilometer ihrer Straßen für den Autoverkehr – und zwar die Hauptstraßen in der ganzen Stadt. So ist die Ciclovía für jeden Einwohner und jede Einwohnerin von Bogotá in nur fünf Minuten erreichbar. Alle Menschen, ob jung, alt, gesund oder gebrechlich, arm oder reich, sollen sich den frei gewordenen Raum auf ihre Art aneignen können.
Es gibt Angebote über Angebote für Sport- und Spielmöglichkeiten, es gibt Ausstellungen, Konzerte, Street Food und vieles mehr. Bei keiner Ciclovía macht man die gleiche Erfahrung – es gibt wöchentlich neue Angebote. Inzwischen feiern jeden Sonntag insgesamt 1,5 Millionen Menschen in den Straßen – und es macht unglaublich viel Spaß.

Was macht den Reiz der Ciclovía aus, dass sie nach 50 Jahren immer noch so gefeiert wird?
Zentral für den Erfolg ist, dass die Ciclovía sehr einfach in das eigene Leben zu integrieren ist. Alle Einwohner:innen können ohne Aufwand umgehend an ihr teilnehmen. Es gibt Sonntagmorgen nichts Einfacheres, Besseres und Cooleres zu tun, als zur Ciclovía zu gehen. Hier sind die Menschen die Hauptfiguren, alles ist für sie geplant – und das merken und schätzen sie sehr. Ich persönlich plane meine Besuche in Kolumbien immer so, dass ich mindestens eine Ciclovía mitnehme.

Gibt es Untersuchungen dazu, was die Ciclovía für einen Mehrwert der Stadt und den Menschen bringt?
Es wurde viel geforscht zur Ciclovía:

  • Die Luftverschmutzung sinkt während der Veranstaltung in der Stadt um 13 Prozent.
  • Der Lärmpegel sinkt um 20 Dezibel. Der Geräuschpegel wird so etwa siebenmal weniger laut wahrgenommen als im Alltag.
  • Die Ciclovía fördert nachgewiesenermaßen die aktive Mobilität.

Die Menschen erleben, wie schön es sein kann, mit dem Fahrrad entspannt und sicher unterwegs zu sein. So probiert man das Fahrrad auch eher einmal im Alltag aus:

  • Dadurch kam es auch zu mehr gesellschaftlichem Druck für mehr Radwege.

Und die Politik hat nachgezogen:
Bogotá hat eine gute Radinfrastruktur geschaffen, sie ist nicht perfekt, aber sie ist die größte, die es in Südamerika gibt. Und es gibt nachweisbar viele soziale Vorteile, so ist beispielweise soziale Zusammenhalt in der Stadt messbar größer geworden.

Wie führt die Ciclovía dazu, dass sich der soziale Zusammenhalt verbessert?
Bogotá ist eine sehr segregierte Stadt: Der sehr reiche Norden ist komplett getrennt vom armen Süden. Und die Stadt hat – abgesehen von der Ciclovía – noch immer erhebliche Mobilitätsprobleme. Man ist deswegen normalerweise nicht viel in den anderen Stadtteilen unterwegs. Die Ciclovía schafft jedoch die Gelegenheit, dass die unterschiedlichsten Menschen zusammenkommen und andere Teile der Stadt besucht werden. Man ist mit vielen Menschen zusammen, denen man im Alltag nie begegnet. Die Straßen werden zu einer Plattform für die Gesellschaft. Es kommen Familien, Kinder, alte Menschen, Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen und aus allen Ecken der Stadt, die den öffentlichen Raum gemeinsam genießen.

Ob die Ciclovía auch in Deutschland eine Chance hat?
Die Antwort gibt es im zweiten Teil des Interviews:
Hier geht's zum zweiten Teil des ADFC-Interviews:
Und da gibt's auch noch mehr Bilder aus Bogotà ... ...

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