Rosen
Anders, als wir sie bislang kannten
Frau Nachbarin,
wenn ich Ihnen einen Rat geben darf – hier wachsen keine Rosen. Die Höhenlage, wissen sie?
Anfangs habe ich das geglaubt. Aber wie jeder, der einen Garten sein eigen nennen darf, kam auch ich in die experimentelle Phase.
Ausläufer historischer Rosen abzugeben – irgendetwas klingelte in mir und ich hob meinen Finger. Petite Lisette, Gloire de France und Nuit de Young. Diese klingenden Namen waren der Anfang und alle drei weigerten sich, die nicht unerhebliche Höhenlage als ein Hindernis anzusehen. Selbst nach strengen Wintern gingen sie ohne Schäden in den nächsten Blütenrausch.
Liebe Schwester, dieses Laub? Und Du willst mir wirklich erzählen, das seien Rosen?
Wir stammen aus einem Garten, in dem Sternrusstau geplagte Teehybriden auf einsamen Stängeln eine Blüte balancierten. Da mutet der Anblick eines historischen Rosenstrauches wie ein mutwilliger Scherz der kleinen Schwester an!
Frau Nachbarin,
an ihren Rosen habe ich mir einen Ziehfaden geholt!
Dafür, dass Rosen hier nicht wachsen - wegen der Höhenlage-, habe ich ganz arg Mühe sie an die Grenzen meines Grundstücks zu erinnern. Voller Überschwang wachsen sie auswärts und kitzeln Passanten an den Nasen. Ich mag keine Rosen, zu denen ich mich bücken muss. Sie sollen duften und meine Nase befindet sich schließlich nicht an der Fußspitze!
Ich habe DIE und suche DIE…
Wäre es bei drei Rosen geblieben – wäre mein Garten weiterhin grundsolide. Aber wurzelechte Rosen bilden nun mal irgendwann selber Ausläufer. Und außerdem erlernte ich die Kunst der Stecklingsvermehrung. Meine Freundin kaufte ein Grundstück mit historischen Rosen und bevor die Baufahrzeuge kamen, kam ich mit der Grabegabel. Über einschlägige Foren begannen hemmungslose Tauschaktionen… was nicht einzutauschen war, wurde gekauft. Wozu haben wir in Memmingen eine tolle Rosenschule?!
So sind es mittlerweile über 100 Rosen. Die Mehrzahl historische Sorten. Manche noch Babys. Andere schon echte Giganten!
Dabei bin ich völlig harmlos. Echte Rosisten hören irgendwann auf zu zählen. Sie pachten Grundstücke, um allen ein würdiges Heim bieten zu können. Daher ist es auch nicht so schlimm, wenn ich anfange selber Rosen zu züchten. Die Natur lacht sich zuweilen scheckig über meine Anfangsversuche! Während ich festen Glaubens war, eine Strauchrose auszusäen – hatte das Bienchen ganz offensichtlich Rambler Pollen angeschleppt. Deswegen steht bei mir am Zaun eine Rose, die im 3. Standjahr bereits ein Drittel der Grundstücksseite einrankt. Ich habe sie darum langer Lulatsch getauft und im Sommer ist es eine meiner immerwährenden Beschäftigungen, sie zurück aus Nachbarins Garten zu locken.
Jene Nachbarin hat Rosen gar nicht so gerne – die sind so pieksig und kleine Kinder laufen durch deren Garten. Während der lange Lulatsch artig wenig Stacheln besitzt, hat eine andere Hagebutte, die als Souvenir aus der Provence mitgebracht wurde, ein echtes Stachelbaby wachsen lassen. Heiliges Blechle, wohin damit? Letzte Woche wurde ein Rosenprojekt in Norddeutschland ins Leben gerufen. Ich habe im Schweiße meines Angesichtes den 1.80 m Strauch gerodet und diesen trotz aller stacheligen Widerstände auf Paketformat gestutzt bekommen. Nun darf diese Rose bei Labenz weiter wachsen. Öffz. Leider sind wir Rosisten Laien nämlich eher selten in der Lage unsere Babys zu meucheln. Sie blühte doch so hübsch und kann doch gar nichts dafür, dass meine Grundstücksfläche begrenzt ist…
Ich erwische mich bei dem Gedanken ein Grundstück zu pachten. Autsch. Jetzt hat mich der Rositis- Virus endgültig erwischt…
Viele Grüße
Sabine
Bürgerreporter:in:Sabine G. Schumacher aus Dassel |
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