Weihnachten ist nicht mehr weit
Mit Pauken und Trompeten beginnt das Weihnachtsoratorium von J. S. Bach. Chor und Orchester der Freien Waldorfschule Landsberg unter Leitung von Sigrid Lugmair machten dieses gewaltige Werk gleich zweimal erlebbar, in der Windacher Kirche Maria am Wege und im großen Saal der Waldorfschule. Vor drei Jahren hatte Sigrid Lugmair begonnen, mit dem Oberstufenchor und einem Orchester aus Eltern, Lehrern und Freunden der Schule dieses aus sechs Kantaten bestehende Werk einzustudieren und aufzuführen. Dieses Jahr kam zu den Kantaten 1, 2, 3 und 6 noch Kantate 5 hinzu – eine gewaltige Herausforderung für alle Beteiligten.
Etwa 450 Zuhörer erlebten im großen Saal der Waldorfschule vorweihnachtlich-festliche Stimmung. „Nicht Bach, Meer sollte er heißen“, das habe Beethoven einst über Bach gesagt, um die Bedeutung seines Werkes zu beschreiben. Mit diesem Zitat stimmte Moderator Andreas Goetz die Zuhörer auf den Abend ein. Dann betrat der Oberstufenchor – bestehend aus 120 festlich gekleideten jungen Menschen und einigen Lehrern – die Bühne, gefolgt vom Orchester. Nach fünf Paukenschlägen, gefolgt von Trompeten und begrüßt von allen weiteren Instrumenten, stimmte der Chor das oft und immer wieder gern gehörte „Jauchzet frohlocket!“ an. Bereits mit dem ersten Choral gelang es Chor und Orchester, das Publikum mitzunehmen und zu überzeugen.
Die lange und sorgfältige Vorarbeit hat sich ausgezahlt: Bereits seit September hatte der Chor drei Stunden pro Woche geprobt, gefolgt von einer einwöchigen Chorfahrt, die für den letzten Schliff sorgte. „Möglich wurde diese Chorfahrt nur durch die Unterstützung vieler Sponsoren“, dankte Moderator Andreas Goetz allen Unterstützern, von denen einige auch als Ehrengäste anwesend waren. Eine ganze Woche lang hatten mit dieser Hilfe Chor und Solisten in der Jugendherberge Possenhofen unter Mitarbeit einer professionellen Stimmbildnerin Bachs Werk widmen können. Für die Schülerinnen und Schüler zum einen ein großartiges und lebensprägendes Gemeinschaftserlebnis, zum anderen die Möglichkeit, mit großer Begeisterung und voller Konzentration förmlich in die Musik „einzutauchen“ – das war beim Konzert, das immerhin zweieinhalb Stunden dauerte, durchgehend spürbar. Für Chorleiterin Sigrid Lugmair war es wichtig, für die Jugendlichen „ein Gesamtwerk dieser Größe als Ganzes erlebbar zu machen. Sie stellen sich nicht nur den Anforderungen der Chöre, sondern auch den Arien und Rezitativen, sowohl musikalisch als auch inhaltlich“, begründet sie die Länge des Konzerts.
Sigrid Lugmair gelang es, über alle Kantaten hinweg Chor und Orchester zu einem harmonischen Ganzen zu verbinden. Die Solisten – sie wirkten alle vier auch schon im vergangenen Jahr mit – überzeugten mit ihrem Können: Rezitator Sandro Schmalzl (Evangelist) mit seinem zunächst überraschend hohen, sehr ausdrucksvollen Tenor, Florian Drexel mit seinem profunden und melodiösen Bass, Elisabeth Landmann mit ihrem intensiven und warmen Alt und Regina Stromeier-Dausch mit dem wohltuendem Timbre ihres Soprans.
„Wie könnte man sich besser auf Weihnachten vorbereiten und wie könnte man sich am Weihnachtsoratorium je satt singen?“ Diese Frage von Lehrerin und Chormitglied Irmgard Busch bringt es auf den Punkt: Auch nach fast 300 Jahren ist Bachs Weihnachtsoratorium Anziehungspunkt und Herausforderung für alle Generationen – wohltuend in dieser rastlosen und schnelllebigen Zeit.
Bürgerreporter:in:Sibylle Reiter aus Landsberg am Lech |
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