Versuch einer Annäherung
Kulturverein «dieKunstBauStelle e.V.» reaktiviert Ausstellung „Neuere Zeitgeschichte“ – vom 24. April bis 18. Mai auf dem Georg-Hellmeier-Platz.
Am 27. April 1945 befreiten amerikanische Truppen eine Vielzahl von KZ-Häftlingen in den elf KZ-Außenlagern des Konzentrationslagers Dachau im Landkreis Landsberg am Lech. Anlässlich des 70. Jahrestages dieses Ereignisses hat der Landsberger Kulturverein «dieKunstBauStelle e.V.» seine Ausstellung zur neueren Geschichte auf dem Georg-Hellmeier-Platz in Landsberg wieder aufgenommen.
Die Installation "Neuere Zeitgeschichte“ des Ausstellungsprojektes «dieKunstBauStelle» von Wolfgang Hauck und Landsberger Jugendlichen aus dem Jahr 2013 fiel damals in mehrfacher Hinsicht aus dem Rahmen: Gegenstand waren nicht greifbare Objekte wie Türen oder Uhren, wie sie die übrigen Ausstellungsinseln zeigten, sondern das immer noch unfassbare Geschehen, das die Stadt am Lech zur Zeit des "Dritten Reichs" und in der Nachkriegszeit erlebt hatte.
Auseinandersetzung mit den Geschehnissen dieser Zeit
Die Bedeutung, die Landsberg in den Jahren 1933 bis 1945 zugeschrieben wurde, legte für die Jugendlichen eine Auseinandersetzung mit den Geschehnissen dieser Zeit nahe, wenngleich dieses Thema alle Beteiligten tief berührte. Die Annäherung an das vergangene Geschehen erfolgte in einer mehrwöchigen Einarbeitung mit Stadtführungen, Ortsbesichtigungen, Vorträgen und von den Jugendlichen selbst vorgenommenen Recherchen. Am Ende stand die Einsicht, dass gegen diese Vergangenheit kein «neues» Photo bestehen kann. Die historischen Photos, wie Standbilder eines Films, beginnen bei längerer Betrachtung das Geschehene gegenwärtig zu machen.
Die Jugendlichen haben historische Photoaufnahmen aus Landsberg und der näheren Umgebung ausgewählt: Eine Aufnahme vom Kreisparteitag der NSDAP 1936 in Landsberg. Eine Aufnahme der Baustelle für den unterirdischen Bunker «Weingut II» zur Produktion von Flugzeugen. Eine Aufnahme vom «Todesmarsch» entlang der Neuen Bergstraße aufgenommen von dem Landsberger Johann Mutter. Die Aufnahme eines KZ-Überlebenden 1945. Die Aufnahme von Kindern und Jugendlichen, die am 7. Januar 1951 von ihren Eltern mitgenommen wurden, um auf dem Hauptplatz in Landsberg für eine Begnadigung der inhaftierten Kriegsverbrechen zu demonstrieren.
Bildauswahl und Verfremdung der Bilder
„Die Bildauswahl und die Art ihrer Verfremdung war der Versuch einer Annäherung. Der Versuch der zweiten und dritten Generation Nachgeborener, das Grauen dieser Zeit zu fassen“, erklärt Wolfgang Hauck, Vorstand von «dieKunstBauStelle e.V.». Ereignisse, Leid, Hoffnung, Vergangenheit, Zukunft, all das verdichtet sich in einem bildnerischen Eindruck, festgehalten zwischen dunkelstem Schwarz und ebenso blendendem wie verblassendem Weiß. Und bleibt doch unfassbar.
An den Außenseiten der als Sechseck gestellten Bauzäune sind die Fotos bis an die Grenze des Erkennbaren abgedunkelt. Die Umrisse der jeweiligen Szene sind noch erkennbar, aber der Betrachter muss genau hinsehen und sich anstrengen. An den Innenseiten des offenen und begehbaren Sechsecks sind jeweils vergrößerte Bildausschnitte angebracht, bis zur Grenze der Erkennbarkeit aufgehellt. „Ausschlaggebend für dieses künstlerische Mittel war der Gedanke, dass die Ereignisse und Taten jener Jahre zunehmend verblassen, sich oft genug aus dem Gedächtnis herausschleichen und vernebeln“, erklärt Wolfgang Hauck.
Gesprächsrunden werden angeboten
Die Ausstellung bedarf, wie es auch die Auseinandersetzung mit diesem Thema bedurfte, des Abstandnehmens, des Herangehens und des Bemühens. Vom 24. April bis zum 18. Mai können Interessierte nun erneut dieses Angebot der Annäherung auf sich wirken lassen. Sich bemühen, sie zu erfassen und zu verstehen. „Still“ steht sie dort, denn sie spricht für sich. Für diejenigen, die dennoch darüber reden und sich austauschen möchten, bietet «dieKunstBauStelle e.V.» spezielle Gesprächsrunden an. Die geplante Gesprächsrunde zum 8./9. Mai konnte leider nicht stattfinden, weil die Ausstellung wegen der VR-Bank-Feier an diesem Wochenende abgebaut werden musste. Wer das Gesprächsangebot im Anschluss noch nutzen möchte, kann sich gerne mit der Pressestelle unter presse@diekunstbaustelle.de in Verbindung setzen, um einen Termin zu vereinbaren.
«dieKunstBauStelle e.V.»
Der Verein „dieKunstBauStelle“ wurde im Januar 2014 gegründet. Ziel ist die Initiierung, Organisation und Durchführung von Projekten im Bereich der Kultur und Kunst; die Förderung des Erfahrungsaustausches im organisatorischen und ökonomischen Bereich der Kunst, der Kulturvermittlung, kulturellen Bildung und der kulturellen Jugendarbeit; Durchführung, Förderung, Unterstützung, Organisation von Veranstaltungen und Projekten zur Präsentation; Fortbildung und Öffentlichkeitsarbeit von Kunst- und Kulturschaffenden; Bildung von kulturellen und künstlerischen Bündnissen und Kooperationen für die Kunst- und Kulturschaffenden oder gemeinsame Projekte; Ausstellung, Kongresse, Publikation und Veröffentlichungen zur Darstellung und Dokumentation von Kunst- und Kultur. Der Verein ist gemeinnützig im Sinne des Vereinszwecks zur Förderung von Kunst und Kultur tätig. Vorstandsvorsitzender ist Wolfgang Hauck aus Landsberg am Lech, Initiator und Leiter des Ausstellungsprojekts «dieKunstBauStelle».
Bürgerreporter:in:Andrea Schmelzle aus Landsberg am Lech |
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