Geburtstag! Wieder ein Jahr älter!
Geburtstag. Jahr für Jahr wieder. Man feiert mehr oder weniger, oder man entflieht. Und man weiß genau: Es gibt im ganzen weiteren Leben keinen einzigen Anlass, zu dem man weniger beigetragen hat. An dem man unschuldiger ist. Man ist irgendwann einfach da ...
Das ist natürlich bedenklich, denn man wurde ja vorher nicht gefragt, ob man überhaupt da sein will. Es ist der unfreiwilligste Akt, der einem während des gesamten Lebens widerfährt. Und dann, wenn man einmal da ist, lässt sich daran (fast) nichts mehr ändern. Also feiert man – und denkt nicht mehr weiter darüber nach. Doch zwischendurch geht es einem durch den Kopf. Was ist sie eigentlich, die Geburt?
Fragen wir Günter Grass. „Ich erblickte das Licht der Welt in Gestalt zweier Sechzig-Watt-Glühbirnen ... Bis auf den obligaten Dammriss verlief meine Geburt glatt.“
Im dritten Kapitel seiner „Blechtrommel“ beschreibt Grass die Geburt als einen rein technisch-biologischen Vorgang, ohne Emotionen, ohne Transzendenz. Komisch, auch wenn man an dieser Geburt völlig unschuldig ist – so nüchtern, das ist doch etwas dürftig.
Schauen wir uns einfach mal Jean-Baptiste Grenouille an. Kenner wissen, wovon die Rede ist:
In Patrick Süßkinds Roman „Das Parfüm“ wird seine Geburt beschrieben. Es ist eine Geburt „vom Feinsten“:
„Hier nun, am allerstinkendsten Ort des ganzen Königreichs, wurde am 17. Juli 1738 Jean-Baptiste Grenouille geboren ... Grenouilles Mutter stand, als die Wehen einsetzten, an einer Fischbude ... und schuppte Weißlinge, die sie zuvor ausgenommen hatte. Die Fische ... stanken bereits so sehr, dass ihr Geruch den Leichengeruch überdeckte ... Sie wollte nur noch, dass der Schmerz aufhöre, sie wollte die eklige Geburt so rasch als möglich hinter sich bringen. Es war ihre fünfte ... Das blutige Fleisch, das da herauskam, unterschied sich nicht viel von dem Fischgekröse, das da schon lag ... Und als die Presswehen einsetzten, hockte sie sich unter ihren Schlachttisch und gebar dort ... und nabelte mit dem Fischmesser das neugeborene Ding ab ...“
Nein, nein, bitte so auch nicht! So widerlich muss man auch nicht ins Leben treten, freiwillig oder unfreiwillig!
Also suchen wir weiter! Und viel Wunderbares findet sich in der Literatur:
Der bekannte Religionsphilosoph Martin Buber (+1965) hat es so formuliert: „Mit jedem Menschen ist etwas Neues in die Welt gesetzt, was es noch nicht gegeben hat, etwas Erstes und Einziges.“ Wenn das keine Aufforderung, keine Aufgabe ist! Aber weiter:
„Geboren wird nicht nur das Kind durch die Mutter, sondern auch die Mutter durch das Kind.“ Die deutsche Dichterin Gertrud von Le Fort (+1971) bringt damit einen neuen Aspekt: Gefeiert wird im Grunde genommen die Mutter, weniger das Kind!
„Als du geboren wurdest, war ein regnerischer Tag. Aber es war nicht wirklich Regen, sondern der Himmel weinte, weil er einen Stern verloren hatte.“
Na, wenn das so ist, wie es uns der französische Autor und Pilot Antoine de Saint-Exupery (+1944) erzählt – dann Prost! Ist doch alles gar nicht so schlimm – ob gewollt oder nicht:
Prost – auf jeden neuen jungen Stern, der vom Himmel fällt und beweint wird! Auf der Erde ist’s doch (meistens) viel schöner als im eiskalten All! Freuen wir uns doch auf jedes neue Jahr!
Bürgerreporter:in:Roland Greißl aus Fuchstal |
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