Sehhilfen, oder: manchmal stimmt der zweite Eindruck
Man sollte sich einfach morgens nicht ärgern, schon gar nicht an einem sonnigen Frühlingstag, vor allem dann nicht, wenn es gar nicht nötig war, aber das sieht man manchmal beim ärgern nicht, sowie heute, da hat sich Tante Frieda über die Hannoversche Allgemeine geärgert, und zwar gleich über die Titelseite, was dazu führte, dass sie die anderen Seiten gar nicht mehr aufschlug, wozu auch, wenn die Zeitung schon so anfängt.
Zur Erklärung klatschte sie mit der rechten Hand auf das Hauptblatt, wie sie es nannte, mit dem Hinweis, „Nun schaut Euch das an“ , wir sahen auf die Überschrift des gemeinten Artikels , der da lautete
„Willkommen in Deutschland“, dann schauten wir wieder Tante Frieda an, etwas irritiert, und sie seufzte, „Das mein ich nicht, die Bilder da drunter, immer dasselbe, drei schöne Frauen, können sie nicht mal drei stämmige Kerle zeigen“ ?
Darum ging es also, „Da ist doch ein Mann“, kam ein Einwand, Tante Frieda blickte suchend um sich, dann war es klar, sie suchte ihre Lesebrille, und fand sie endlich versteckt unter der Fernsehzeitschrift , schon wieder machte eine Zeitung Ärger, und schaute sich nun die Bilder genauer an.
„Tatsächlich“, sagte sie, „ein Mann“, sie lächelte, denn Josè Marìn Blanco auf der Titelseite lächelte auch, und Tante Frieda’s Augen strahlten, da machte es auch nichts, das es nicht drei stämmige Kerle waren, sondern bloß einer,
aber der gefiel ihr,
und ich musste zugeben, Josè hatte tatsächlich etwas bewirkt, Tante Frieda war zufrieden und mit der Hannoverschen Allgemeinen war sie auch wieder im Reinen, während ich erst Josès Bild nochmals anschaute und dann auf meinen leichten Bauchansatz sah, aber den Blick bemerkte niemand, und er gehört auch nicht hierher, wirklich nicht.
Tante Frieda stand auf, ging in den Garten und putzte ihre Brille, wahrscheinlich ganz besonders liebevoll.
Gerd Szallies
Bürgerreporter:in:Gerd Szallies aus Laatzen |
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