Biberspuren in der Leinemasch

Bei diesem Anblick muss der Maschbesucher nicht lange überlegen, wer hier ganze Arbeit geleistet hat.
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Für Naturfreunde, Radfahrer und Spaziergänger ist die Leineaue, meist Leinemasch genannt, um Hannover herum ein attraktives Ziel. Dort darf die Natur in vielen Bereichen der Landschaft noch natürlich sein. Besonders in der südlichen. Zum Teil, wie an der Alten Leine, einem Nebenarm des Hauptlaufs, wird sie sich mancherorts selbst überlassen, so dass sogar kleine Auwaldbereiche erhalten sind. Nur die alten Kopfweiden müssen immer wieder geschnitten werden, damit sie durch das Gewicht größer werdender Äste nicht auseinanderbrechen.

In diesem wunderbaren Vogelparadies, für Zugvögel mit den Leine aufwärts folgenden Seenlandschaften eines der wichtigsten in Europa, sieht man aber auch immer wieder Bäume, die aus Altersgründen, von Stürmen begünstigt, umgestürzt sind. Im Laufe der Zeit verrotten sie und bilden dabei einen Lebensraum für unzählige Tierarten. Doch nicht alle Bäume, die am Boden liegen, sind aus diesen Gründen umgestürzt. Manch ein noch prächtiges Exemplar ist einem anderen Verursacher zum Opfer gefallen, dessen Spuren der aufmerksame Maschbesucher an vielen Stellen der Auenlandschaft erkennen kann. Natürlich ist es der Biber, der dort sein Werk verrichtet hat. Aber auch das gehört zu einer intakten Natur dazu.

Vor 150 Jahren in Deutschland durch Bejagung fast ausgerottet, hatte sich nur an der mittleren Elbe eine kleine Population erhalten. Doch von dort hat sich der Biber gerade in den letzten Jahrzehnten wieder ausgebreitet, hauptsächlich in Ostdeutschland und nach Bayern hin. Doch 2005 wurden auch im Leinetal zwischen Hannover und Hildesheim erste Spuren des großen Nagers entdeckt. Und seit 2009 hat er sich bei uns in der Leinemasch wieder angesiedelt. Zunächst an der Alten Leine mit vier Familien. Doch inzwischen hat er sich stark vermehrt und bewohnt auch den Hauptlauf der Leine, selbst im Stadtgebiet. Und natürlich freuen sich gerade naturinteressierte Menschen besonders darüber, gehört er doch wie der Adler, der Fischotter, der Luchs oder der Wolf, die von allein zurückgekommen sind oder die ausgewildert wurden, natürlicherweise in unsere Landschaft. Das findet allerdings nicht jeder gut. Jäger oder Landwirte müssen an diese Tiere Zugeständnisse machen. Wolf und Luchs machen das Wild scheuer, und dem Biber schmeckt so manche Feldfrucht. An Mais und Rüben tut er sich gütlich, und außerdem untergräbt er den einen oder anderen Feldbereich mit Tunneln, in die auch mal ein Trecker einsinken kann. Zusätzlich setzt er immer mal wieder Feldbereiche oder Wege unter Wasser. Aber gerade das Aufstauen von Gräben und Bächen tut der Natur gut, entstehen doch für Tiere wie Amphibien, Insekten und Fische zum Laichen, neue Lebensräume. Das da der eine oder andere gesunde Baum fällt, dessen junge Triebe und Knospen den Biber dazu animieren, kann da verschmerzt werden. Neue werden nachgepflanzt und mit einem Schutzgitter umgeben.

Inzwischen ist es so weit gekommen, dass der Biber bei uns im Großraum Hannover sämtliche fließende Gewässer erobert hat, benötigt doch eine Biberfamilie einen größeren Einzugsbereich. Natürlich lebt er an der Leine, auch am Schnellen Graben, Gewässer, die er aber wegen der größeren Wassertiefe nicht aufstauen muss. Anders ist es in den Bächen. Ob Alte Leine, Fuchsbach, Arnumer Landwehrgraben oder Ihme oberhalb des Zusammenflusses mit dem Schnellen Graben. Bei allen diesen Bächen reicht die Wassertiefe nicht aus, so dass er dort seine Dämme anlegt, die das Wasser mal 30 Zentimeter, mal bis zu fast einem Meter aufstauen. Geschickt verflechtet er Äste und Zweige und verkleistert alles mit Schlamm zu einem kunstvollen Stauwerk. Manchmal kann man im Uferschlamm seine Fußspuren erkennen. An anderen Uferstellen hat er im Erdreich einen halb eingegrabenen Weg angelegt, der zu Bäumen oder den Feldrändern hinaufführt. Und wer genau hinschaut, hat vielleicht schon mal eine Biberburg entdeckt, die als solche von den meisten Maschbesuchern gar nicht wahrgenommen wird.

Alle diese Spuren kann man finden, wenn man in der Leinemasch auf den ganz normalen Wegen unterwegs ist. Dass man diese nicht verlässt, ist selbstverständlich, ist doch die Ufervegetation empfindlich, zumal Teilbereiche als Naturschutzgebiete ausgewiesen sind. Den Biber selber bekommt man aber kaum zu sehen, ist er doch nachtaktiv. Und wenn er sich am Tage dann doch mal blicken lässt und dieser den zweibeinigen Beobachter bemerkt, verschwindet er sofort unter der Wasseroberfläche. Zweimal hatte ich bisher das Glück. Davon einmal am alten Conti-Gelände/Limmer im Stichkanal zum Lindener Hafen. Doch entweder hatte ich keinen Fotoapparat dabei, oder er tauchte ab. Und ob es wirklich ein Biber war, dass kann man nur an seinem flachem Schwanz erkennen, der Kelle. Denn am Tage sind es meist die etwas kleineren Nutrias, die einen den Ratten ähnlichen Schwanz haben, die gesichtet werden.

Natürlich freuen wir uns darüber, dass das zweitgrößte Nagetier der Welt bei uns wieder heimisch geworden ist. Selbst der Fischotter wurde in der südlichen Masch schon gesichtet. Am Steinhuder Meer lebt er inzwischen wieder. Es ist doch großartig, dass diese Tiere, die von Natur aus in unsere Landschaft gehören und die fast oder ganz durch den Menschen ausgerottet waren, nun wieder zurückgekommen sind. In Zeiten, wo der Mensch so vielen Tieren den Lebensraum nimmt oder ihnen sogar den vollständigen Garaus macht, wie es bei vielen Großtieren in den letzten Jahrtausenden und Jahrhundertern schon geschehen ist und weitere folgen werden, ist es doch besonders erfreulich, dass es manchmal für die Natur auch Erfolgsgeschichten gibt. Von der Masse aller Säugetiere unserer Erde macht der Mensch etwa 30 Prozent aus, seine Haustiere 67 Prozent und die Wildtiere nur ganze drei Prozent. Das sollte uns zu denken geben. Unsere Welt wird von großflächigen, pestizidverseuchten und lebensfeindlichen Feldflächen bedeckt. Vielerorts von monotonen, leblosen Forstwüsten. Und sie wird von Straßen und Baugebieten immer mehr versiegelt. Da sollte es doch auch unser Bestreben sein, in halbwegs naturnahen Gebieten den Wildtieren einen Lebensraum zu ermöglichen.

Bürgerreporter:in:

Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode

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