Bausparen, Teil 13 – Bewertung
Welche Bausparkasse soll ich auswählen?
Welchen Tarif soll ich abschließen?
Welche Strategie (wenn das überhaupt geht) soll ich fahren?
Diese und ähnliche Fragen lassen sich so nicht beantworten. Die eigentliche Frage lautet: Was willst du mit dem Bausparen? und Welche Alternativen gibt es?
Das Bausparen ist erfunden für den „kleinen Mann“, der seine Einfamilienhütte bauen will. So etwas kostet zwischen 100.000 und 500.000 – jedenfalls so lange man nicht seinen Palast auf den Münchner Hauptbahnhof stellen will. Damit ist dann aber auch die normale Höhe einer Bausparsumme definiert: maximal 500.000, im Mittel also mehr bei 100.000 – und oft auch darunter.
In meiner Gemeinde werden erschlossene Baugrundstücke für rund 35.000 angeboten – und keiner will sie haben. Zählt man die Erwerbskosten dazu, kostet das Grundstück rund 40.000. Finanziert man das mit einem Bausparvertrag dann wären das 20.000 angespartes Eigenkapital und 20.000 Bauspardarlehen (Bausparkassen finanzieren tatsächlich unbebaute Grundstücke, nur Bauplätze müssen es sein; keine nassen Wiesen im Naturschutzgebiet).
Die Alternative zu 20.000 Bauspardarlehen wäre ein normaler Kredit der Hausbank, Ratenkredit, Personalkredit, Kleinkredit (kein Überziehungskredit!), wie immer die Bank das nennen mag. Die Kreditwürdigkeit ist weitgehend sicher, immerhin ist ja der Kreditnehmer (durch den Kauf) Grundstückseigentümer und hat doch zur Hälfte Eigenkapital mitgebracht.
Es wäre also einfach zu rechnen, was ist billiger: Bausparvertrag mit Wartezeit, hohen Gebühren und schlechten Sparzinsen und dann einem billigeren Darlehen oder sofort ein (höher verzinsliches) Darlehen der Bank? Unser Rechenblatt könnte helfen, die Frage zu beantworten. Ich tendiere dazu, der Bausparvertrag lohnt hier nicht. Ganz entsprechend liegen die Dinge, bei größeren Instandsetzungen, etwa: neues Dach, neue Fenster, Außenisolation, neue Heizung. Alles das bewegt sich im Bereich von 10.000 bis 20.000.
Anderer Fall. Gesamtkosten (Grundstück plus Bau) 300.000. Bausparfinanzierung: 150.000 Eigenkapital, 150.000 Bauspardarlehen. Alternative: 60.000 bis 90.000 Eigenkapital und 210.000 bis 240.000 von der Bank oder Versicherung. Wenn mehr Eigenkapital vorhanden ist, um so besser. Hier wäre ein normales Tilgungsdarlehen einem Bausparvertrag gegenüber zu stellen – unser Rechenblatt gibt Hilfestellung. Ich bin auch in diesem Fall nicht von der Bausparlösung überzeugt.
Bleibt eine Mischfinanzierung. Bank-/Versicherungsdarlehen an erster Rangstelle in Höhe von vierzig Prozent der Gesamtkosten, also (0,40 * 300.000 =) 120.000. Bausparvertrag: 180.000, aufgeteilt auf 90.000 Eigenkapital und 90.000 Bauspardarlehen. Das mag diskutabel sein – wenn es mit der Wartezeit passt. Aber auch hier: erst rechnen!
Wir haben bereits früher gesehen, dass ein Bausparvertrag ohne Bauspardarlehen mit ziemlicher Sicherheit immer die falsche Entscheidung ist. Der Weg zum Darlehen geht aber über die Zuteilung. Also läuft alles darauf hinaus, wie schnell geht es zur Zuteilung?
Die Bausparkasse kann nur zuteilen, wenn sie Geld hat, und sie hat nur Geld, wenn sie Neuzugang hat. Das ist genau das gleiche, wie bei dem berüchtigten Schneeballsystem, nur beim Schneeballsystem verlieren die letzten Spieler ihre Einsätze zwingend immer und beim Bausparen warten sie ewig und bekommen kein Darlehen (ihren Einsatz = Spareinlagen behalten sie). Dieser einfache Zusammenhang: ohne – ständig steigenden – Neuzugang keine erträglichen Wartezeiten, ist das eigentliche Problem des Systems Bausparen, und das Risiko des Bausparers.
In einer Zeit wie heute mit niedrigen Zinsen und reichlich Geld hat das Bausparen eigentlich keinen Raum. In Zeiten der Geldknappheit und hoher Zinsen hingegen ist Bausparen gut. Nun müsste man wissen, was in vier oder sechs oder acht Jahren sein wird. Das weiß keiner. Aber da alle Staaten, Deutschland eingeschlossen, sich erheblich verschuldet haben, und darum daran interessiert sind, dass die Zinsen niedrig bleiben und viel Geld verfügbar ist, wird es auch in den nächsten Jahren viel Geld bei niedrigen Zinsen geben. Gegenargument: wenn die Inflation kommt, steigen auch die Darlehenszinsen. - Mach was draus. Ich meine, wir werden in den nächsten Jahren noch reichlich Geld am Markt und darum auch geringe Zinsen haben – schlechte Zeiten für Bausparen.
Das System Bausparen krankt an seinen Gebühren:
Die Abschlussgebühr muss ersatzlos weg.
Die Kontoführungsgebühr muss ersatzlos weg.
Die Darlehensauszahlungsgebühr muss ersatzlos weg.
Die Pflicht zum Abschluss einer Lebensversicherung muss weg; das freiwillige Angebot an sich ist hingegen richtig.
Alle Zahlungen, sowohl in der Sparphase wie in der Darlehensphase, müssen taggenau abgerechnet werden.
Wenn diese Mängel beseitigt sind, wollen wir uns das System Bausparen erneut und wohlwollend ansehen – aber bis dahin: Finger weg vom Bausparen.
Und jetzt noch eine schöne Erinnerung.
Es war so um das Jahr 1958. Im November wird ein Bausparvertrag über 6.000 DM abgeschlossen, Ende Dezember werden darauf 1.600 DM eingezahlt. Ein halbes Jahr später wird die darauf entfallende Bausparsprämie – damals 25 Prozent, maximal 400 DM – mit eben diesem Maximalwert gutgeschrieben. Im folgenden Dezember werden abermals 1.600 DM eingezahlt und im März des Folgejahres noch einmal 1.600 DM. Ende April hatte dieser Bausparvertrag die damals gültige Mindestwartezeit von 18 Monaten erreicht. Das erforderliche Mindestguthaben von 40 Prozent war ja bei diesen Einzahlungen (3 * 1.600 =) 4.800 ebenfalls erreicht. Und, glückliche Verhältnisse, auch die erforderliche Bewertungszahl für die Zuteilung war erreicht. Zuteilung also nach ca. 20 Monaten Vertragslaufzeit. Einzahlungen: 3 * 1.600 = 4.800 DM darauf 3 * 400 = 1.200 DM Prämie (die letzte Prämie wird im folgenden Jahr ausgezahlt); Kosten: 60 DM Abschlussgebühr. Die Zuteilung wird angenommen, auf das Darlehen wird verzichtet und mit diesem Betrag ein baureifes, erschlossenes Grundstück von rund tausend Quadratmetern (ca. 7 DM pro Quadratmeter) im Randgebiet des damaligen West-Berlin gekauft. - So macht Bausparen Spaß, so bringt Bausparen einen Gewinn – früher war eben doch alles besser!
04.09.2010
Hermann Müller
Bentieröder Bruch 8
OT Bentierode
D-37547 Kreiensen
Bürgerreporter:in:Hermann Müller aus Einbeck |
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