Kreiensen fusioniert – oder nicht

Am 12. Mai 2011 war der große Tag: Kreiensen beschließt über eine Fusion zu „verhandeln“, „Ergebnis offen“. Warum? Es geht um Geld.
Da ist einmal der seit ein paar Jahren geltende und bis zum 31. Oktober 2011 befristete Zukunftsvertrag mit seiner Entschuldungshilfe – 75 Prozent der Kassenkredite zu einem Stichtag, für Kreiensen geht es um rund 5,4 Millionen. Und zum anderen geht es um die „Einwohnerveredelung“: Kommunen bekommen vom Land eine nach der Einwohnerzahl bemessene und mit größerer Einwohnerzahl relativ stärker steigende Zuweisung, dies ist im Gesetz seit langem so festgelegt und auch bekannt. Beides bringt für den Bürger keinen Vorteil, denn er muss es so oder so bezahlen.
Entscheidend für die plötzliche Aktivität in Kreiensen war aber der vom Ministerpräsidenten beiläufig gesagte Satz, dass die Zwangsfusion kommen werde, nur wer vorher noch schnell „freiwillig“ fusioniert wird davon verschont bleiben. Das aber nicht jetzt, sondern erst ab 2014 nach der nächsten Landtagswahl in 2013 – ob der Herr dann wieder Ministerpräsident ist, darf bezweifelt werden und noch mehr, dass sich das Land dann noch an derart unverbindliche Äußerungen gebunden fühlt.
Im Rat geben die Fraktionsvorsitzenden – Kreiensen typisch – ihre vorgefertigten Erklärungen ab. Herr Huwald (CDU) sehr staatsmännisch; Herr Doods (SPD) „ich und meine Fraktion“; Herr Pfefferkorn (UWG) kämpferisch trotzig. Die Verhandlungen sind „Ergebnis offen“ zu führen, also können sie auch scheitern – na und? Und sollte es das Land wagen, den weiter defizitären Haushalt Kreiensens nicht zu genehmigen, dann werden „120 Kommunen“ klagen! - Und damit sind wir beim Haushalt.
Die so genannten „freiwilligen Leistungen“ wurden nie wirklich vom Rat alle in Frage gestellt. Die so genannten „Pflichtaufgaben“ wurden vom Rat niemals auf Einsparmöglichkeiten geprüft: Pflicht ist eine Aufgabe nicht die Ausgabe dafür. Und wie viel „Freiwilligkeit“ in der „Pflicht“ verpackt ist wurde auch nie vom Rat geprüft. Doods bedauerte die Schließung der Bücherei – aber dass (mit seiner Zustimmung) für das unterbeschäftigte Standesamt für Fachliteratur zwei bis drei mal mehr als für die Bücherei ausgegeben wurde verschwieg er. Kreiensen habe ein „Einnahmeproblem“ sagte Pfefferkorn. Aber dass die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer unter denen in Bad Gandersheim und Einbeck liegen verschwieg er. (Hebesätze Grundsteuer A, B, Gewerbesteuer; Kreiensen: 340, 340, 350; Bad Gandersheim: 370, 410, 390; Einbeck: 400, 400, 380.) Würde Kreiensen seine Hebesätze entsprechend anheben, wäre die Hälfte des jährlichen Haushaltsdefizits weg. Grundsteueraufkommen in Kreiensen: rund 680.000 Euro oder rund 10 Euro je Einwohner. Die Haushalte in Kreiensen sind nicht einfach nur seit Jahren gesetzwidrig, die Gemeinde hat auch vorsätzlich falsche Haushalte mit absichtlich überhöhten Ausgabenansätzen aufgestellt – und der Rat hat sie stets einstimmig beschlossen. Ratsmitglieder haften nicht für eigene Dummheit, Faulheit, Unvermögen – aber sehr wohl für Vorsatz und (kriminelle) Täuschung. Unter diesen Bedingungen ist eine Klage geradezu selbstmörderisch – aber denken ist nicht jedermanns Sache.
Zurück zur Fusionsverhandlung. Ziel der Verhandlung ist es angeblich, die sonst drohende Zwangsfusion zu vermeiden. Wenn aber diese Verhandlungen nicht zur „freiwilligen“ Fusion führen, dann kommt doch unvermeidlich die Zwangsfusion – und dann fragt man sich: warum erst Verhandlungen? Doods und Pfefferkorn verlangen „ernsthafte“ Verhandlungen, ahnt hier jemand, dass hier die Fusionsverhandlungen (von wem?) nur geführt werden, um eine Fusion zu verhindern? Und darum im Dreiergespräch und zuerst mit Einbeck? Oder geht es in Wahrheit nur um die Aussetzung der Bürgermeisterwahl?
Welche Vorteile bringt eine Fusion den Bürgern? Welche Nachteile werden die Bürger haben? Welche Ziele will Kreiensen in den Verhandlungen verfolgen, erreichen? Was will Kreiensen haben, was will, was kann es anbieten? Der Bürgermeister hat nichts gesagt, der Rat hat geschwiegen – so wird es wieder die Sache der Bürger und des Gandersheimer Kreisblatt sein, die Probleme hier aufzuarbeiten.

17.05.2011
Hermann Müller
Bentieröder Bruch 8
OT Bentierode
D-37547 Kreiensen

Ein Beitrag für das „Gandersheimer Kreisblatt“; Abdruck: 17.05.2011

Bürgerreporter:in:

Hermann Müller aus Einbeck

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