"Und dann kam Corona..."
Wenn ich derzeit mit Menschen rede, fällt mir auf, dass viele Gespräche in dem Satz münden: „Und dann kam Corona…“ Ob es nun daran liegt, in welchem Tonfall die Menschen das sagen, oder einfach an der Tatsache, dass ich genau weiß, wie sich das für mich angefühlt hat, „als Corona kam“, es ist jedes Mal spürbar: Jetzt kommt eine Zäsur, nach der von dem, was sie mir bislang erzählt haben, nichts mehr gilt und alles anders ist. Als „Corona kam“, hat sich unser aller Leben entscheidend verändert. Für manche hat es sich dramatisch zugespitzt, für andere unerträglich eingeengt, für wieder andere zumindest verkompliziert. Ich persönlich habe mir selbst über diesen langen Zeitraum die Hoffnung bewahrt, dass wir alle eines Tages sagen werden: „Als dann Corona vorbei war…“ Oder „Weißt du noch, wie es war, als Corona kam…?“ Wobei ich auch davon überzeugt bin, dass unser Leben danach ein anderes sein wird und das ein einfaches und schnelles „zurück zum Gewohnten“ eine Illusion ist. Nur wollen wir das oft auch noch nicht wahrhaben. Andererseits bedeutet „anders als vorher“ auch nicht zwingend „schlechter“.
Im Kleinen geschieht das, was wir jetzt weltweit erleben, eigentlich dauernd: „Und dann kam der Herzinfarkt…“, erzählt einer, und man ahnt, dass sein Leben danach ein anderes war. „Und dann ist meine Firma pleite gegangen…“, sagt ein anderer. Nachvollziehbar, dass plötzlich alles in Frage steht: die Sorge für die Familie, der Hausbau, der Blick in die Zukunft. Ganz abgesehen davon, dass es am Selbstbewusstsein kratzt. „Und dann habe ich eine neue Kollegin bekommen, die mir das Leben schwer macht…“ Der Traumjob wird zum Albtraum. Bleiben oder gehen, aushalten oder dagegenhalten? Fragen, die sich vorher so nicht gestellt haben. Sie können ja mal überlegen, wie ihr „Und dann kam…“ lautet. Und welche Wendung ihr Leben danach genommen hat.
„Und dann kam die Hinrichtung…“ Ich kann es mir lebhaft vorstellen, dass die Apostel ihre Zäsur mit diesen Worten eingeleitet haben, wenn sie später von ihrer Zeit mit Jesus berichteten. Es dauert eine ganze Weile, bis sie sich danach wieder sortiert haben und nach der Auferstehung und Himmelfahrt – übrigens zwei weitere Zäsuren im Leben der Apostel – entschieden, dass und wie es weitergehen kann. Nur eben anders. Das war sicher nicht einfach und forderte ihnen ganz viel Mut und Geduld ab, war mit Abschiednehmen und Umdenken verbunden. Im Nachhinein aber ermöglichten es die Zäsuren, dass die Jünger mehr als nur einen Schritt nach vorn tun konnten, im Selbstverständnis, im Selbstbewusstsein und in der Kreativität. Und siehe da: Es ist ihnen gelungen, was sie sonst vielleicht nie versucht hätten: Als sie sich nicht mehr hinter der charismatischen Gründerfigur verstecken konnten, weil der schon machen würde, sondern selbst gefordert waren, konnten sie glaubhaft und begeisternd verkünden.
„Und dann kam Corona…“ Nach wie vor bin ich gespannt, wie unser aller Schritt nach vorn aussehen wird: Mehr Miteinander? Mehr Verständnis? Ein anderer Umgang mit der Schöpfung und den Menschen, die diese Welt mit uns teilen? Ein anderer Lebensstil als der, der nach immer Neuem, immer Größerem, nie Dagewesenem strebt? Mehr Dankbarkeit für die kleinen und alltäglichen Dinge? Und ein Mehr an Gottvertrauen?
Bürgerreporter:in:Markus Dörre aus Gersthofen |
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