Oscar Romero - ein moderner Prophet

Erzbischof Oscar Romero - Gemälde im Eingangsbereich des Pfarrzentrums
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Unser Pfarrzentrum in Gersthofen trägt den Namen "Oscar Romero". Jugendliche, die sich im Jugendbereich treffen, sagen manchmal: "Heute treffen wir uns im Oscar..." Manche in Gersthofen haben sogar schon St. Jakobus mit Oscar Romero verwechselt und zu mir gesagt: "Wir gehören zur Oscar Romero Kirche..." Wer aber ist Oscar Romero? Innerhalb der Pfarreiengemeinschaft Gersthofen gibt es das "Kuratorium El Salvador", das die Christen in El Salvador durch Gebet und Spenden unterstützt. Gleichzeit bemüht sich das Kuratorium um die Information der Gläubigen in Gersthofen und auch um das lebendige Andenken an Erzbischof Oscar Romero.

Zum bevorstehenden Pfingstfest passt es ganz gut, einen Blick auf diesen Mann zu werfen, der sich hat vom Geist erfüllen und bewegen lassen. Deshalb veröffentliche ich an dieser Stelle einen Artikel von Herrn Diakon Josef Plinninger über Oscar Romero:

"Amos, der Prophet aus dem Alten Testament ist lange tot.

Sein Buch blieb uns erhalten.

Geblieben sind auch die von ihm angeprangerten Verfehlungen der Oberen, der Herrschenden:

die Unterdrückung und Ausbeutung der Armen,
die Missachtung der Menschenrechte,
die Korruption und Ungerechtigkeit.
Über die Jahrhunderte und bis in unsere Zeit protestierten dagegen immer wieder engagierte Frauen und Männer.
Meist unter Einsatz ihres Lebens.

So auch Erzbischof Oscar Romero, ein Prophet aus unserer Zeit.

Oscar Arnulfo Romero y Galdámez, wurde am 15. August 1917 in der Kleinstadt Ciudad Barrios in der Provinz San Miguel an der Grenze zu Honduras geboren.

Sein Vater war Fernmeldeangestellter und seine Mutter eine tiefgläubige Frau und so wuchs er behütet und umsorgt auf. Durch den Unterricht von Patres wurde er motiviert, in das Priesterseminar von San Salvador einzutreten. Sein Studium absolvierte er in Rom an der 'Gregoriana'.

Mit 24 Jahren in Rom zum Priester geweiht, kehrte er als Pfarrseelsorger in seine Heimatdiözese San Miguel zurück und wurde später Generalvikar der Diözese.

1966 wurde er zum Sekretär der Bischofskonferenz von El Salvador und zum Delegaten des Lateinamerikanischen Bischofsrates ernannt; 1970 wurde er Weihbischof von San Salvador, 1975 Bischof von Santiago de Maria, einer Diözese, zu der sowohl Kaffeepflanzer und Aristokraten als auch Campesinos und Arbeiter gehörten.

Ausgerechnet dieser realitätsferne, auf Harmonie bedachte Oscar Romero wurde am 3. Februar 1977 zum Erzbischof der Hauptstadt ernannt. Ein ganz von der kirchlichen Verwaltungslaufbahn geprägter Mann, der als menschenscheuer Bücherwurm galt, war der neue Hirte einer Stadt, auf deren Straßen jeden Morgen Leichen mit Foltermalen gefunden wurden.

Der Beginn seines Dienstes in der Erzdiözese fiel zusammen mit der blutigen Niederschlagung des Protestes gegen den Wahlbetrug der herrschenden Militärs bei der kurz zuvor stattgefundenen Präsidentschaftswahl.

Zwei Wochen später, am 12. März 1977, wurde in El Salvador erstmals ein Priester ermordet, und zwar P. Rutilio Grande SJ, Pfarrer von Aguilares, seit Jahren eine Schlüsselfigur in der nachkonziliaren Erneuerung der Erzdiözese San Salvador. Erzbischof Romero eilte zum Tatort und verbrachte die Nacht vom 12. auf den 13. März mit der Gemeinde des ermordeten Pfarrers; in dieser Nacht , so hat er später oft gesagt, ereignete sich seine 'Konversion'.

Der Jesuit Ignacio Martin Baro schreibt später:

'Zur Freude der Armen, jedoch zum Ärger der Mächtigen, zum maßlosen Erstaunen der salvadorianischen Regierung, zur Bestürzung der päpstlichen Kurie und zur Erschütterung des nordamerikanischen Außenministeriums entwickelte sich Monsignore Romero zu einem echten Hirten.'

Mit 59 Jahren wurde er ein anderer und verstand sein Bischofsamt auf eine neue Weise. Arme und Unterdrückte und all jene, die Hilfe brauchten, eilten, als sei es ganz selbstverständlich, in ihrer Not zu ihm. Mit allem, ob es sich nun um die Anklage von Ungerechtigkeiten handelte, um das Einklagen von Rechten, um das Auffinden von Verschwundenen oder um Vermittlung in Konflikten, wenn widerrechtlich Land besetzt oder Kirchen von Sicherheitskräften umstellt worden waren, mit all dem wandten sie sich an den Erzbischof nicht als einen Freund auf der Suche nach Trost, sondern als ihren Beschützer, der all seine bischöfliche Macht in den Dienst der Verteidigung der Armen und Unterdrückten stellte.

Oscar Romero klagte die Sünden seines Landes mit aller Macht an, wie einst die alten Propheten oder wie Jesus selbst.

Er wies ausdrücklich darauf hin, dass das Elend nicht die naturgegebene Bestimmung der Salvadorianer ist, sondern grundsätzlich Frucht ungerechter Strukturen; mit unvergleichlicher Leidenschaft geißelte er die Unterdrückung, die Massaker und den Völkermord.

Die Mächtigen ihrerseits, das große Kapital, reagierten gewaltsam gegen ihn. Es wurde sehr viel Geld eingesetzt, sein Ansehen herabzusetzen und ihn zu verleumden.

Jeden Sonntag klagte er in der Kathedrale von San Salvador die Übergriffe der Armee und der Todesschwadrone an. Er bezog Position, klagte an und redete den Militärs ins Gewissen. Sonntag für Sonntag war die Kathedrale übervoll. Der Diözesansender übertrug seine Worte bis in die entlegensten Winkel des Landes, er wurde zum meistgehörten Sender in El Salvador.

Als im Februar 1980 deutlich wurde, daß die Rolle der USA zu einer immer entscheidenderen im salvadorianischen Konflikt werden würde, forderte Erzbischof Romero Präsident Carter auf, die Militärhilfe für das Regime einzustellen.

Im März 1980 versuchte sich er sich dem absehbaren Ausbruch des Krieges direkt in den Weg zu stellen, in dem er am Passionssonntag, dem 23. März 1980, am Ende seiner Predigt Soldaten, Nationalgardisten und Polizisten zur Befehlsverweigerung aufrief: 'Brüder, ihr gehört zu unserem Volk, ihr tötet eure eigenen Brüder unter den Bauern. Es ist höchste Zeit, dass ihr euer Gewissen wiederentdeckt und ihm gehorcht statt sündhaften Befehlen.

Im Namen Gottes und seines von langen Leiden gequälten Volkes, dessen Klagen tagtäglich im Himmel gehört werden, bitte ich, flehe ich, befehle ich :

Im Namen Gottes macht Schluss mit der Unterdrückung!'

Am nächsten Tag, dem 24. März, wartete ein Scharfschütze auf den Erzbischof, als er in der Kapelle des Krebskrankenhauses, wo er wohnte, eine Totenmesse feierte.

Es sollte sein eigenes Requiem werden. Schüsse peitschten durch die Kirche, Dumdum-Geschosse trafen Oscar Romero in Kopf und Brust. Der Erzbischof sackte zusammen. Er verstarb nach wenigen Minuten auf dem Transport in die Klinik.

Sein Mörder und dessen Komplizen entkamen in der allgemeinen Panik unerkannt.

Der nachfolgende Bürgerkrieg und eine Massenflucht von Hunderttausenden haben El Salvador in den Jahren nach Romeros Ermordung immer mehr verheert und entvölkert.

Oscar Arnulfo Romero wurde in seinem Wort, in seinem Leben und Sterben zu einem leuchtenden Symbol für die Kirche, die nicht eine Kirche der Mächtigen, sondern der Liebenden, zu sein berufen ist.

Er wurde zum Schweigen gebracht.

Sein Vermächtnis lebt weiter.

Oscar Arnulfo Romero ist in seinem Wort, in seinem Leben und Sterben zu einem Licht der Hoffnung für diejenigen geworden, die täglich für die Veränderung ungerechter Strukturen eintreten."

Quellenangaben:Chistian Feldmann, "Träume beginnen zu leben.."

Jon Sobrino, "Die notwendige Revolution"

Emil L. Strehle, "Vorwort von: In meiner Bedrängnis"

Martin Bogdahn,Immanuel Zerger, "Ich habe das Schreien meines Volkes gehört"

Bürgerreporter:in:

Ralf Gössl aus Gersthofen

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