Leben und Kämpfen mit Gendefekt MCT8
Kilian und seine Mutter meistern viele Herausforderungen

Foto: Diana Zapf-Deniz
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Inmitten der Ballonstadt Gersthofen lebt ein bemerkenswerter junger Mann namens Kilian W. gemeinsam mit seiner Mutter Susanne Röll. Mit einem sonnigen Lachen und strahlenden Augen trotzt der 18-jährige Kilian den Herausforderungen, die sein Leben durch einen seltenen Gendefekt namens MCT8 prägen. Der MCT8-Mangel gehört zu den extrem seltenen Erkrankungen, der schwere geistige und körperliche Behinderungen mit sich bringt. Weltweit gibt es nur 320 dokumentierte Fälle. Dieser Gendefekt hat ihn von klein auf an den Rollstuhl gefesselt und ihm und seiner Mutter eine Welt voller Hindernisse aufgebürdet.

Kilian ist kein gewöhnlicher Teenager. Trotz der vielen Barrieren, denen er täglich gegenübersteht, erfreut er sich des Lebens, hat ein gewinnendes und charmantes Wesen, und liebt es mit Holz zu arbeiten. „Im Fritz-Felsenstein-Haus in Königsbrunn ist Kilian unter der Woche im heilpädagogischen Schülerwohnheim untergebracht“, berichtet die Mutter. Er erfahre dort nicht nur Bildung, sondern auch Versorgung und Pflege nach seinen persönlichen Bedürfnissen, sowie therapeutische Maßnahmen wie Physio- und Ergotherapie und Logopädie. Doch für Kilian und seine Mutter Susanne Röll wird das Ende der Schulzeit im Sommer 2025 nur der Anfang einer neuen Reise, die mit Unsicherheit und Sorge beladen ist.

Die Wochenenden daheim in Gersthofen

Jeden Freitag, nach einer Woche voller Lernen, Therapien und sozialer Interaktion im Fritz-Felsenstein-Haus, kehrt Kilian nach Hause zu seiner Mutter Susanne in Gersthofen zurück. Während die Wochenenden eine Zeit des Zusammenseins bieten, lastet die Ungewissheit über Kilians Zukunft schwer auf den Schultern seiner Mutter.

Ihre größte Sorge ist nicht nur die Zukunft ihres Sohnes, sondern auch die Realität ihrer eigenen beruflichen Verpflichtungen. Als alleinerziehende Mutter ist sie auf ihre Arbeit in einer schulvorbereitenden Einrichtung, und ihren Nebenjob in der Mittagsbetreuung, angewiesen. Aufgrund ihrer eingeschränkten Arbeitszeiten findet die 52-Jähre in ihrem Job als Bäckereifachverkäuferin keinen Job. Kilian kann sie nicht unbeaufsichtigt zu Hause lassen. Denn er benötigt eine Unterstützung, die über die schulische Ausbildung hinausgeht, eine Umgebung, die seine Bedürfnisse nach Betreuung und Förderung erfüllt.

Traum Förderwerkstätte

Ideal wäre eine Förderwerkstätte mit einer Wohngruppe in der Nähe von Gersthofen die Lösung, die Kilian W. und Susanne Röll benötigen. "Die Wohneinrichtung Kloster Holzen vom Dominikus Ringeisenwerk wäre der absolute Traum", gesteht Röll. Doch die Realität ist ernüchternd. Alle Einrichtungen in einem Umkreis von 300 Kilometern sind überfüllt, und die Aussicht auf einen Platz scheint immer weiter zu schwinden.

„Wenn Kilian tatsächlich einen Platz in einer Einrichtung bekommen wird, gilt es weitere Hürden zu überwinden“, weiß die Mama aufgrund von Gesprächen mit anderen betroffenen Eltern, die zum Teil vier Jahre auf einen Platz in einer Förderstätte warten. „In Wohngruppen wird es mit den Therapien schwierig, da diese oftmals keine Therapeuten finden, die dorthin kommen.“ Dabei sei gerade die Physiotherapie für Kilian enorm wichtig. „Hier wird Kraft aufgebaut“, erklärt Röll. „Ich hatte einen Cousin, wohl mit dem gleichen Gendefekt, der bekam nie eine Therapie und ist früh gestorben.“

Wenn die Kraft nicht ausreicht

Susanne Röll macht die Zukunft Angst. „Ich brauche meine Arbeit. Kilian eine Förderwerkstätte und eine Wohngruppe plus Therapien.“ Ohne Förderstätte kann sie ihren Job nicht weiter ausführen, denn Kilian benötigt rund um die Uhr Betreuung und kann nicht alleine daheim bleiben.
„Mir geht einfach die Kraft aus“, ist sie verzweifelt. „Meine Schultern sind entzündet und mein Rücken kaputt“, berichtet sie mit Tränen in den Augen. „Ich trage mein Kind seit über 18 Jahren.“

In der Wohnanlage ist ein Aufzug, doch die beiden haben ihre Wohnung im Zwischenstockwerk. So muss Röll ihren Sohn samt Rollstuhl immer eine Treppe runter und wieder rauf tragen. „Oft habe ich Angst, dass ich Kilian nicht mehr halten kann und er mir samt Rollstuhl die Treppen runter fällt.“ Sie hebt ihn alleine ins Auto und wieder raus. Klappt den Rollstuhl zusammen, hievt ihn ins Auto rein und wieder raus. Daheim wickelt sie ihren Sohn und betreut ihn 24/7. Früher habe sie öfter Ausflüge mit Kilian unternommen, ist mit ihm in Freizeitparks gefahren. „Das kann ich heute alles nicht mehr. Ich habe die Kraft einfach nicht mehr“, berichtet sie niedergeschlagen und traurig. Denn „Kilian will was erleben!“. „Heute zeigte er auf das Auto und das heißt, dass er raus will. Er fährt so gerne in die Waschstraße.“

Voller Lebensfreude und Tatendrang

Beim Spaziergang draußen ist Kilian ganz aufgeregt. Das große Müllauto entleert die Tonnen. Kilians Augen leuchten, er freut sich wie ein kleines Kind und zeigt mit dem Finger auf die Müllabfuhr. Zur gleichen Zeit fährt ein Motorrad vorbei. Kilian hopst voller Entzückung in seinem Rollstuhl. „Er liebt schnelle Autos und Motorräder, LKWS und Blaulichtfahrzeuge über alles“, zählt seine Mutter auf. Kilian ist einfach Kind geblieben. Mag am liebsten Spaghetti mit Tomatensoße und spielt unglaublich gerne mit Autos.
Im Park sitzt Kilians Mama auf einer Bank direkt neben ihm. Er kuschelt sich an ihren Arm. Sie sieht ihn an und streichelt ihm über den Kopf: „Er ist ganz verschmust, lieb und sehr zufrieden.“ Kilian ist, findet seine Mutter, eben nicht wie andere mit 18 volljährig. Doch vor dem Gesetz sieht das ganz anders aus. Seit dem 18. Geburtstag von Kilian muss die Familie um alles noch härter kämpfen.

Durchhalten, egal wie!

Seit 16 Jahren bleibt der Mutter nichts anderes übrig, als den Unterhalt für ihren Sohn vom Vater einzuklagen, der stets bis zum Oberlandesgericht geht. „Mein ganzes Geld und das, was mir Familie und Freunde geben und leihen, geht, seitdem Kilian 2 Jahre alt ist, für Anwalts- und Gerichtskosten drauf.“ Auch für die Ferienbetreuungen gehen tausenden von Euros drauf. „14 Wochen Ferien – so viel Urlaub hab ich ja gar nicht, also benötige ich eine Betreuung.“ So gerne wäre sie mit Kilian auch mal in den Urlaub gefahren, aber hier bräuchte sie eine Unterkunft mit Pflegebett. „Das konnte und kann ich mir ja nie leisten!“, winkt sie ab. Dabei wäre ein Ausgleich oder eine Auszeit so wichtig für beide, aber auch insbesondere für die Mutter, die keinen Tag in ihrem Leben verschnaufen kann. Seitdem Kilian 18 ist, verklagt ihn der Vater und möchte ihm keinen Unterhalt mehr zahlen. „Das sind Zustände, das mag sich keiner vorstellen!“, berichtet Röll mit zitternder Stimme.

Mit Eltern in ähnlicher Lage hat Susanne Röll Freundschaften geschlossen und der Austausch tut ihr gut. Doch man dürfe sich das nicht so vorstellen, wie bei anderen Freundschaften. „Kilian kann nicht einfach mal mit einem Freund nach Hause und dessen Eltern passen dann auf beide auf. Diese Kraft kann niemand aufbringen. Ich auch nicht“, gibt sie zu. Trotz aller Widrigkeiten bleibt den beiden nichts anderes als weiterzukämpfen. „Einfach weitermachen. Nicht aufhören!“, ist ihr Motto.

Wer die beiden unterstützen mag, kann das gerne über die Aktion & Familienkrebshilfe Sonnenherz tun:

Aktion Sonnenherz
Freisinger Bank
IBAN: DE07 7016 9614 0001 8090 83
BIC: GENODEF1FSR
Verwendungszweck: „Helft Kilian“

https://www.fkh-sonnenherz.de/aktuelles/zu-zweit-fuer-den-rest-der-welt/

Foto: Diana Zapf-Deniz
Foto: Diana Zapf-Deniz
Bürgerreporter:in:

Diana Zapf-Deniz aus Gersthofen

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