Beton statt Natur ?
Stadtpark soll Wohnquartier weichen

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Nach dem erfolgreichen Bürgerentscheid vom 07. April 2024, welcher sich gegen eine Teilsperrung der Bahnhofstraße für den motorisierten Individualverkehr (MIV) richtete, kommt Gersthofen wieder etwas zur Ruhe.
Der Focus der gegenwärtigen Berichterstattungen und Planungen der Stadtverwaltung Gersthofen richtet sich nun auf die (Einzel-)Maßnahmen des Mobilitätskonzeptes, die im Detail geprüft werden müssen. Denn einige der Untersuchungsergebnisse und Empfehlungen der beauftragten Verkehrsexperten können nun nach dem eindeutigen Bürgerentscheid nicht umgesetzt werden. Zumindest für ein Jahr. Solange ist nämlich der Bürgerentscheid, also der Wille der Bürgerinnen und Bürger Gersthofens, für die Stadtverwaltung bindend.

Eine aktuell nicht so öffentlich kommunizierte und bekannte Planung im Rahmen des "Integrierten Städtebauentwicklungskonzeptes" -ISEK- betrifft die zukünftige Nutzung des bestehenden Stadtparkareals: Der Stadtpark soll einer monströs wirkenden (Wohn-)Bebauung weichen. Fast das gesamte bestehende Stadtparkareal (ca. 7200 qm) soll dazu auch mit einer umfangreichen Tiefgarage unterbaut werden. Der alte Stadtpark, ein bekannter, "gewachsener"zentraler Treffpunkt für Jung und Alt, Mensch und Tier würde unwiederbringlich zerstört.

Denn am 04.10.2023 beauftragte der Stadtrat Gersthofen mehrheitlich die Stadtverwaltung Gersthofen, Verkaufsverhandlungen mit dem Privatinvestor aufzunehmen, der die Wohnbebauung des heutigen Stadtparks, den Umbau und die Bebauung des heutigen Parkdecks des City-Centers plant bzw. beabsichtigt:
Für das betreffende Stadtparkareal liegen bereits Planungen für eine dichte (Wohn-)Bebauung mit bis zu sechsgeschossigen Gebäuden vor (Ausschusssitzung vom 23.11.2022).
Stadtrat stimmt für Grünes Herz

Bei einer Veräußerung mit anschließender Bebauung des heutigen Stadtparkareals ist jedoch zu befürchten:

  • Dass der heutige Stadtpark als wichtiger multifunktionaler Freiraum für (Nah-)Erholung, Veranstaltung (u.a. im Atrium), Kommunikation und Bewegung verloren geht;
  • Es zu einer damit verbundenen Unterversorgung der Stadt mit (qualitativen) Naherholungs-, Spiel- und Freizeitflächen kommt: Das bestehende Stadtparkareal (ca. 8500 m²) mit den gewachsenen Grünstrukturen würde flächenmäßig größer sein als die „parkartige“ Begrünung der heutigen Brachfläche „Gersthofer Loch“. Aufgrund seiner Lage schafft der bestehende Stadtpark einen Ausgleich für Lärm, Beengtheit und städtische Hektik;
  • Dass der neue Stadtpark im „Gersthofer Loch“ im Vergleich wesentlich lauter und von keiner vergleichbaren Freiraumqualität wäre, da er von drei Straßen eingeschlossen wird (Donauwörther Straße, Bahnhofstraße und Schulstraße);
  • Die geplante Nachverdichtung mit Erhöhung der Einwohnerzahl zu einer weiteren Verschärfung der Verkehrsproblematik im innerstädtischen Bereich führt;
  • Es durch die Baumaßnahmen zu einem Verlust der vorhandenen - für das Stadtklima so überaus wichtigen - Frischluftschneisen und lokaler Kaltluftproduktion kommt: Der heutige Stadtpark trägt nachweislich  (vgl.Wärmebelastungsindex, Stand 15.08.2023; Planungsausschuss 10.04.2024) zur Abkühlung (insbesondere) an heißen Tagen bei und liefert kleinräumig Frisch-/ und Kaltluft (Klimaanalysekarte Stand 19.01.2024, Planungsausschuss 10.04.2024);
  • Dass eine bestehende, über Jahrzehnte gewachsene Naturzone mit ihren lebenswichtigen Grünstrukturen (Strauch-,Busch- und Baumbestand, Grasflächen, Brunnen)  nicht durch die "parkartig" begrünte Brachfläche ( Potenzialfläche "Gersthofer Loch") wie im Mobilitätskonzept vorgesehen ersetzt werden kann.

Bedenken hierzu wurden auch bereits in der Stellungnahme der CSU Gersthofen vom 17.10.2023 klar und frühzeitig geäußert:

"Selbstverständlich sind auch wir an einem funktionierenden City-Center interessiert. Deshalb haben wir auch allen Plänen, das Center und das Parkdeck umzugestalten in öffentlicher Sitzung zugestimmt. Wir lehnen es aber ab, dafür das zentrale Grundstück des Stadtparks herzugeben. Hier entstehen teure Wohnungen, da es sich für Investor lohnen muss. Wer garantiert, dass später nicht alles verkauft wird, wenn das City-Center doch nicht läuft. Wir denken auch an die Eigentümer und Mieter der angrenzenden Wohnungen. Sie bekommen Klötze auf der Nordseite vorgesetzt; auch auf der Südseite gibt es Häuser. Die Anwohner der Brahmstrasse bekommen zusätzlichen Verkehr. Wie eine Fahrradstraße hier noch Platz finden kann, ist uns unerklärlich. Denn ein Wohnviertel mit geschätzt 800 zusätzlichen Einwohnern wird natürlich weiteren Verkehr in die Innenstadt ziehen, ganz abgesehen davon, dass ja angeblich das City-Center für einen weiteren Anziehungspunkt sorgen soll."    
(Quelle: myheimat Gersthofen,Stellungnahme CSU Fraktion zur Entwicklung Stadtmitte, 17. Oktober 2023, 10:38 Uhr, textliche Hervorhebungen erfolgten durch den Autor)                         

Es stellt sich außerdem die Frage, ob die über die letzten Jahre hinweg nicht erfolgte bürgerfreundliche, behindertengerechte und stadtklimagerechte Aufwertung des Stadtparks genau dem Ziel dienen sollte, diesen als unattraktiv und ungenutzt darzustellen. 
Denn hier ließ man auch - im konkreten und sprichwörtlichen Sinn -  die Lichter (Parkleuchten) ausgehen.

Planungsrelevant und sehr interessant im Zuge der seit ca. 2020 geplanten (Wohn-) Bebauung des Stadtparkareals sind sicherlich die erwarteten Einwohnerzahlen Gersthofens: Die Vorstellung der Bevölkerungsprognose war im Planungsausschuss am 01.07.2020 beabsichtigt. Nach Beratung hatte diese Vorstellung  jedoch schließlich in einer Klausurtagung des Stadtrats am 18.07.2020 (nicht öffentlich) stattgefunden. 
Es ist eine legitime Frage, warum den Gersthofer Bürgerinnen und Bürgern diese zukunftsweisenden Informationen verborgen bleiben.

Quellennachweis zu den beigefügten Graphiken: " Wohnquartier Stadtpark Gersthofen, Vorstellung des Entwurfkonzepts im Projektausschuss, 23.11.2022, Behnisch Architekten".

Bürgerreporter:in:

Alexander Merz aus Gersthofen

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