Jahresinterview mit Bürgermeister Michael Wörle
Einheit und Toleranz sind die Grundpfeiler unserer Gemeinschaft
Das Jahrbuch ist wie immer eine wunderbare Gelegenheit mit dem Ersten Bürgermeister von Gersthofen, Michael Wörle, über das Jahr 2024 zu sprechen. Die Themen waren die Bürgerbegehren, die vorgezogene Bundestagswahl, die Weiterentwicklung Gersthofens und die Einweihung des neuen Festplatzes.
myheimat:2024 war ein politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich herausforderndes Jahr. Wie hat Gersthofen diese Herausforderungen gemeistert?
Bürgermeister Michael Wörle: Das Jahr 2024 hat uns in Gersthofen erneut gezeigt, wie wichtig ein enger Zusammenhalt in unserer Stadt ist. Politisch haben wir uns darauf konzentriert, klare und transparente Entscheidungen zu treffen.
Wirtschaftlich ist 2024 angesichts der unsicheren Lage für Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger eine Herausforderung. Mit gezielten Investitionen in unsere kommunale Infrastruktur haben wir Stabilität bewahrt und viel Neues angestoßen. Allein mit den Baumaßnahmen im Schulbereich, dem Jugendzentrum oder der Erweiterung der Kläranlage setzen wir ein klares Zeichen für Investitionen in die Zukunft.
In Gersthofen konnten wir jedem Kind einen Betreuungsplatz in der Krippe, im Kindergarten, in der Mittagsbetreuung, im Hort oder im Ganztag anbieten. Den gesetzlichen Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung, welcher ab 2026 Vorgabe sein soll, erfüllen wir bereits heute. Dies war nur möglich, weil wir seit Jahren vorausschauend planen und der Stadtrat die nötigen Maßnahmen rechtzeitig auf den Weg bringt.
Gesellschaftlich haben wir auf Dialog gesetzt – ob in Bürgerversammlungen, Bürgerbeteiligungen oder auf digitalen Plattformen – um sicherzustellen, dass alle Stimmen gehört werden.
myheimat:Im November ist die Bundesregierung am internen Streit zerbrochen. Nun muss Gersthofen kurzfristig sich auf eine vorgezogene Bundestagswahl vorbereiten. Wo liegen die Herausforderungen?
Bürgermeister Wörle: Die vorgezogenen Bundestagswahlen bringen für Gersthofen gleich mehrere Herausforderungen mit sich. Zum einen erfordert die Organisation der Wahl durch den kurzen Vorlauf erhebliche logistische Anstrengungen. Wir müssen sicherstellen, dass alle Wahlbüros rechtzeitig bereitstehen, ausreichend Wahlhelfer gefunden werden und die Briefwahl problemlos abgewickelt werden kann.
Zum anderen ist es unsere Aufgabe, inmitten der politischen Unsicherheit für Stabilität auf kommunaler Ebene zu sorgen. Viele Bürgerinnen und Bürger sind verunsichert. Unser Ziel ist es, eine hohe Wahlbeteiligung zu erreichen und damit den demokratischen Prozess und die Demokratie zu stärken. Darüber hinaus bleibt es entscheidend, die alltäglichen Aufgaben der Stadtverwaltung und die Umsetzung laufender Projekte trotz der politischen Umbrüche immer im Fokus zu haben.
myheimat:Aber auch in Gersthofen gab es 2024 viel politischen Streit. Wie geht es nun weiter und wie kann eine Aussöhnung gelingen?
Bürgermeister Wörle: Politische Diskussionen sind ein Zeichen einer lebendigen Demokratie. Wichtig ist, dass wir diese Unterschiede konstruktiv nutzen, um die besten Lösungen für unsere Stadt zu finden. Wir werden weiterhin den Dialog suchen und Brücken bauen, um sicherzustellen, dass alle Stimmen gehört werden und gemeinsame Lösungen im Vordergrund stehen. Darum wird es vor allem auch im nächsten Jahr gehen.
Die größte Gefahr für eine Demokratie sind Unwahrheiten und Fakenews, wie wir es auch in Gersthofen erleben mussten. Hier müssen alle Demokraten zusammenstehen und sich gegen Populismus und Stimmungsmache klar abzugrenzen.
myheimat:Ihre Meinung zu Bürgerbegehren?
Bürgermeister Wörle: In einer Demokratie ist es wichtig, dass es verschiedene Meinungen gibt. Wichtig ist, dass man sich darüber nicht zerstreitet, sondern am Ende lösungsorientiert zusammenarbeitet. Es geht um das Wohl der Stadt, da müssen Einzelinteressen in den Hintergrund rücken. Bürgerbegehren sind ein legitimes Instrument der direkten Demokratie und ermöglichen es den Bürgerinnen und Bürgern, aktiv an der Gestaltung ihrer Stadt mitzuwirken.
myheimat:Ein Highlight in diesem Jahr war die Podiumsdiskussion in der Stadthalle Gersthofen zum Thema Einheit und Toleranz. Welche Lehren können aus dieser Veranstaltung für die Politiker und die Gesellschaft gezogen werden?
Bürgermeister Wörle: Die Podiumsdiskussion hat gezeigt, dass Einheit und Toleranz Grundpfeiler unserer Gemeinschaft sind. Politiker und Bürger können daraus lernen, wie wichtig es ist, unterschiedliche Perspektiven zu respektieren und den Dialog zu fördern. Diese Veranstaltung hat verdeutlicht, dass unsere Stärke in unserer Vielfalt liegt und dass wir gemeinsam mehr erreichen können.
myheimat:Während der Kirchweih wurde in Gersthofen der neue Festplatz eingeweiht, die Schulen werden modernisiert und auch allgemein hat man das Gefühl in Gersthofen geht noch was. Was macht Gersthofen besser als andere Kommunen und wie ist die aktuelle Haushaltslage?
Bürgermeister Wörle: Die Kirchweih ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein neuer Festplatz samt Programm, Festzelt und komplett neuem Kirchweih-Team in kürzester Zeit funktionieren können, wenn jede und jeder mithilft. Das zu schaffen war eine tolle Teamleistung und ich habe mich sehr gefreut, dass die Gersthoferinnen und Gersthofer die neue Kirchweih so genossen haben.
Gersthofen zeichnet sich durch eine starke Gemeinschaft und engagierte Bürger aus, die zusammenarbeiten, um unsere Stadt zu verbessern. Unsere Investitionen in die Infrastruktur, Bildung, Jugend und Nachhaltigkeit sind nur einige Beispiele für unsere zukunftsorientierte Politik. Die aktuelle Haushaltslage ist herausfordernd. Wir werden weiterhin verantwortungsvoll wirtschaften, um auch in Zukunft eine hohe Lebensqualität zu gewährleisten.
Um dies alles umsetzen zu können, bedarf es qualifizierter und engagierter Mitarbeiter. Und diese haben wir und diese setzen sich tagtäglich für ein besseres Gersthofen ein.
Die Aufstellung des kommunalen Haushalts 2025 fordert auch uns in Gersthofen. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir dies verantwortlich ohne allzu große Einschnitte gemeinsam hinbekommen.
myheimat:Welche Konsequenzen hat das Aus der Ampel-Koalition konkret für Gersthofen im Hinblick auf den Haushalt und andere Bereiche der Kommunalpolitik?
Bürgermeister Wörle: Das Ende der Ampel-Koalition wird sicherlich Auswirkungen auf die Landes- und Bundespolitik haben, jedoch arbeiten wir auf kommunaler Ebene unabhängig davon weiterhin an unseren Projekten und Zielen. Unser Fokus bleibt darauf gerichtet, lokale Lösungen zu finden und die Bedürfnisse der Gersthofer Bürgerinnen und Bürger zu erfüllen.
Es bleibt zu hoffen, dass die künftige Bundesregierung wieder mehr auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger hört und die „Berliner Blase“ sich nicht noch weiter von der Bevölkerung entfernt.
myheimat:Wird es auch in Zukunft einen Bürgerhaushalt für Gersthofen geben?
Bürgermeister Wörle: Der Bürgerhaushalt ist eine großartige Möglichkeit, die Bürger noch stärker in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Ich gehe fest davon aus, dass wir das Konzept auch mit einem strafferen Haushalt im nächsten Jahr umsetzen können.
myheimat:Im vergangenen Jahr kündigten Sie konkrete Ergebnisse bei der Erstellung des Wärmeplans für Ende 2024 an. Wie ist nun der aktuelle Stand?
Bürgermeister Wörle: Wir arbeiten intensiv an nachhaltigen Lösungen, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll sind. Mit der Energie Schwaben haben wir hierfür einen verlässlichen und hochkompetenten Partner gewonnen. Gemeinsam erstellen wir eine Energienutzungsplan mit dem Schwerpunkt Kommunale Wärmeplanung.
Wir möchten, dass die Wärmeplanung auch für unsere Bürgerinnen und Bürger jetzt ganz konkret wird, um ihnen Planungssicherheit für die Zukunft zu geben. Das Ziel ist es, mit der Wärmeplanung den Bürgerinnen und Bürgern, sowie lokalen Unternehmen Aufschluss darüber zu geben, ob sie mit einem Fernwärmeanschluss rechnen können oder sich für eine andere klimafreundliche Heizungsoption entscheiden sollten. Ich bin zuversichtlich, dass wir praktikable und zukunftsweisende Lösungen für den Weg zur klimaneutralen Stadt erarbeiten werden.
Städte, die weniger als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner haben, müssen ihre Planung eigentlich erst bis zum 30. Juni 2028 vorlegen. Gersthofen geht das Thema früher als viele andere Kommunen an, um Planungssicherheit für die Kommune sowie für Bürgerinnen und Bürger zu schaffen. Die sehr komplexe Bestandsaufnahme ist weitestgehend abgeschlossen und in 2025 werden die konkreten Ergebnisse den Bürgern vorgestellt.
myheimat:Kirchweih, Wintermärchen und bald auch der Silvesterlauf – es wurde 2024 wieder ausgelassen gefeiert. Was war ihr persönliches Highlight 2024?
Bürgermeister Wörle: Die Vielfalt der Angebote unserer Vereine und das Angebot der Stadthalle ist einzigartig in der Region.
Mein persönliches Highlight war die Einweihung des neuen Festplatzes und die Kirchweih. Es war wunderbar zu sehen, wie die Bürger zusammenkommen und die Gemeinschaft gefeiert wird. Die Premiere auf dem neuen Festplatz war ein voller Erfolg. Die Mischung aus Tradition und neuen Ideen, die wir in diesem Jahr umgesetzt haben, hat die Besucher begeistert. Besonders HABO'S Festschänke hat gezeigt, wie man ein Festzelt auf moderne und einzigartige Weise gestalten kann.
Mein Fazit: Das kulturelle Jahr 2024 war ein voller Erfolg und hat gezeigt, wie wichtig Kultur und Tradition für unser Zusammenleben sind.
myheimat:Können Sie uns abschließend noch einen Ausblick auf 2025 geben. Worauf wir uns im nächsten Jahr freuen?
Bürgermeister Wörle: Die Bürgerinnen und Bürger können sich auf Altbewährtes freuen, aber auch vieles Neues wird unsere Lebensqualität weiter verbessern.
Zum einen gibt es unsere festen Programmpunkte im Jahreskalender: die KOLLA-sitzungen in der Stadthallte, der Fasching mit unserer überragenden Lechana und dem Finale am Faschingswochenende, den Maibaumfeiern, dem Nachhaltigkeitsfest, den Rasenkonzerten, … Ein ganz besonderes Fest wird das 150-jährige Jubiläum unserer Feuerwehr Batzenhofen mit dem Festwochenende am 18 bis 20. Juli.
Viele Bauprojekte werden sichtbar, wie z.B. die neue Goetheschule, die Erweiterung der Mozartschule, der Umbau des alten Paul-Klee Gymnasiums, der Neubau des Feuerwehrhauses in Edenbergen oder das Jugendzentrum.
Anfang des Jahres werden wir den Bürgern die neuen Pläne für die Umgestaltung unserer Stadtmitte präsentieren und einen umfangreichen Beteiligungsprozess starten. Im Jahr 2025 wird es dann eine Entscheidung geben, wie sich die Bürger dies vorstellen.
myheimat:Zuletzt: In diesem Jahr feierte der Gersthofer sein 30-jähriges Jubiläum. Die Jubiläumsausgabe wurde stark mitgestaltet von den Gersthofer Vereinen. Welchen Stellenwert haben diese für die Gemeinschaft?
Bürgermeister Wörle: Gersthofen hat für eine Stadt mit knapp 24.000 Einwohnerinnen und Einwohnern so viele Vereine, wie kaum eine Kommune um uns herum. Die Gersthofer Vereine sind das Herzstück unserer Gemeinschaft. Sie fördern das soziale Miteinander und tragen maßgeblich zur Lebensqualität in unserer Stadt bei. Ich bin stolz auf die 118 Vereine der Stadt, auf das Engagement der vielen Ehrenamtlichen und den Zusammenhalt, den unsere Vereine zeigen.
Ich danke Ihnen für Ihre Zeit.
Das Interview für myheimat führte Florian Handl
Bürgerreporter:in:Florian Handl aus Augsburg |
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