Wie wird man eigentlich Nachwuchsregisseur, Herr Bentlage?
Tobias Bentlages erster Kurzfilm "Der Neue", bei dem es um Mobbing in der Schule geht, hatte im November 2008 Premiere in Garbsen. Bentlage schrieb das Drehbuch und führte Regie.
In seiner Freizeit ist der 19-jährige Garbsener ehrenamtlich bei der Handballspielgemeinschaft Garbsen aktiv. Im myheimat-E-Mail-Interview gewährt er einen Einblick in sein Zeitmanagement und sein neues Projekt.
Sie haben in den vergangenen Jahren Ihren ersten Kurzfilm gemacht, in diesem Jahr Abitur und sind nebenbei noch bei der HSG Garbsen aktiv. Wie haben Sie es geschafft, all dies unter einen Hut zu bekommen?
Grundsätzlich war dafür ein gutes Zeitmanagement nötig. Die Schule am Morgen und das Handballtraining am Abend hatten ihre festen Termine. Die Planung des Filmprojekts ließ sich dann in die freien Stunden dazwischen legen. Auch freie Tage oder die Ferienzeiten habe ich intensiv für die Arbeit am Projekt genutzt. Auch wenn es einige sehr stressige Wochen gab, blieb mir sonst jedoch noch ausreichend Zeit für andere Freizeitaktivitäten.
Bleibt bei so vielen Aktivitäten noch die Zeit, Urlaub zu machen?
In den Ferien hatte ich schon die Zeit, Urlaub zu machen. Den habe ich in dieser Zeit auch gebraucht, um mich zu erholen. Die Schule in der Oberstufe bedeutet schon einen gewissen Druck, jede Klausur ist wichtig für den Abschluss. Da habe ich die Ferien zur Entspannung genutzt. In den Sommerferien 2007, der Zeit der Dreharbeiten, war natürlich nicht an Urlaub zu denken. Zu dieser Zeit gab es einfach noch zu viel zu tun, um den Dreh professionell vorzubereiten.
Die Premiere Ihres Kurzfilms „Der Neue“ über Mobbing an Schulen liegt jetzt fast ein Jahr zurück. Wie bewerten Sie das Projekt im Rückblick?
Insgesamt schaue ich auf ein interessantes Projekt mit einem überzeugenden Ergebnis zurück. Neben der für mich bereichernden Erfahrung, ein so großes Projekt durchgeführt zu haben, konnten wir einen Film auf die Leinwand bringen, der die Menschen berührt hat und der eine wichtige Botschaft weitergegeben hat. An Schulen wird der Film zur Diskussion zum Thema Mobbing gezeigt, das war eines meiner Ziele.
Haben Sie schon ein neues Projekt, an dem Sie arbeiten?
Es gibt ein neues Projekt, das momentan in der Entwicklungsphase ist. Nach dem Kurzfilm arbeite ich nun an einem abendfüllenden Spielfilm. Das Jugenddrama erzählt die Geschichte von vier völlig verschiedenen Familien. Inhaltlich verrate ich nur vier Schlagworte: Alkoholismus, Gewalt, Armut, Trauer. Es ist ein Film voller Konflikte und großer Gefühle. Ein absolut aktueller und realistischer Film. Da ich momentan erst am Drehbuch sitze, steht das Projekt erst ganz am Anfang.
Welche Lehren haben Sie aus "Der Neue" gezogen - was würden Sie wieder genauso, was anders machen?
Es ist nun drei Jahre her, dass ich das Drehbuch für „Der Neue“ geschrieben habe. Natürlich schreibe ich nun ein Drehbuch nach ganz anderen Kriterien. Die Dialoge haben nun deutlich mehr Tiefe und die Figuren und Motive geben der Geschichte mehr Authentizität. Als Regisseur habe ich heute eine klarere Linie, was ich von meinen Schauspielern in den Szenen erwarte und würde das im nächsten Projekt so umsetzen.
Wie wird man eigentlich Nachwuchsregisseur? Haben Sie einen Tipp für Jungen und Mädchen, die den Traum haben, Regisseur oder Schauspieler zu werden?
Für mich führte der Weg zur Regie über das Schauspiel. Als Jugendlicher entschied ich mich, Schauspielunterricht zu nehmen. Wenig später wurde ich in die Schauspielagentur der Schauspielschule aufgenommen und nahm regelmäßig an Castings teil. Bestandteil des Unterrichts war unter anderem auch das Spiel vor der Kamera, das in Workshops vermittelt wurde. Daraus entstand meine Idee, selber einen Kurzfilm drehen zu wollen. Aus der Idee wurde schließlich das Projekt „Der Neue“, das immer neue Dimensionen erreichte.
Jedem, der den Traum hat, Schauspieler zu werden, kann ich nur empfehlen, Schauspielunterricht zu nehmen. Alles weitere ergibt sich daraus. Wichtig ist nur, dass das Schauspiel eine Menge Arbeit verlangt und nur in den wenigsten Fällen glamourös ist. Der Weg zum Regisseur kann relativ einfach sein, solange man niedrige Ansprüche hat und man „nur aus Spaß mal einen Film drehen möchte“. Sobald man das Ganze professionell verfolgen möchte, ist auch hier eine Menge Arbeit nötig. Wissen anlesen, Workshops und Seminare besuchen, Praktika absolvieren und praktisch ausprobieren, das ist der Anfang.
Sie engagieren sich ehrenamtlich bei der Handballspielgemeinschaft Garbsen. Was zeichnet die HSG aus?
Als Breitensportverein ist es schon mal klasse, dass wir im männlichen Bereich für Jugendliche jeden Alters die Möglichkeit bieten, Handball zu spielen. Außerdem ist das Engagement der Jugendlichen im Verein hervorzuheben. Im Mini-Bereich und der E-Jugend engagieren sich A- und B-Jugendspieler als Übungsleiter. Allein im letzten Jahr wurden fünf Jugendspieler als Schiedsrichter ausgebildet.
Und wo zwickt es?
Insgesamt glaube ich, dass der Verein nicht sein volles Potenzial ausschöpft. Meine Vorstellung eines Vereins als „zweite Familie“ ist verbunden mit noch mehr Engagement und Arbeit, was für viele beruflich nicht einzurichten ist und extreme Verbundenheit zum Verein sowie Begeisterung erfordert. Um uns sportlich weiter zu verbessern, müssen wir unsere Trainer, besonders die engagierten jungen, aus- und fortbilden, um möglichst in jeder Altersklasse einen lizenzierten Übungsleiter statt eines handballerfahrenen Vaters in der Halle zu haben.
Viele Vereine beklagen das fehlende Engagement des Nachwuchses. Haben Sie auch den Eindruck, dass Jugendliche sich zu wenig ehrenamtlich engagieren?
Auch wenn es in der HSG Garbsen einige engagierte Jugendliche gibt, denke ich trotzdem, dass sich insgesamt zu wenig ehrenamtlich engagieren. Für viele ist es einfach nicht attraktiv, Verantwortung für eine Mannschaft zu übernehmen, zu Spielen am Wochenende früh aufzustehen. Viele „chillen“ lieber, wenn sie aus der Schule kommen, anstatt am Abend eine Aufgabe im Verein zu übernehmen. Es gibt also wenige, die grundsätzlich bereit sind, sich zu engagieren. Hier müssen sich die Vereine jedoch um diese Jugendliche bemühen, auf sie zugehen, ihnen Hilfestellungen anbieten.
Was motiviert Sie, ehrenamtlich tätig zu sein?
Grundsätzlich ist es der Spaß an der Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen und die Liebe zum Handballsport. Beim Blick auf die vergangenen Jahre ist zudem für mich erkennbar, dass das Ehrenamt für meine eigene Persönlichkeitsbildung eine wichtige Rolle gespielt hat. Unter anderem aus diesem Grund absolviere ich seit Juli ein Freiwilliges Soziales Jahr beim TSV Anderten, um mich in diesem Bereich noch weiter zu entwickeln.
Mal abgesehen von Film und Handball: Was macht Garbsen lebenswert?
Da mag ich besonders die zwei unterschiedlichen Seiten von Garbsen, die so nah beieinander liegen. Auf der einen Seite Kino, Shopping-Plaza, Stadtbahnanschluss, Autobahnauffahrt, Wasserskistrecke am Blauen See und auf der anderen Seite die ruhigen Ecken wie den Berenbosteler oder den Schwarzen See, die Garbsener Schweiz oder insgesamt den Stadtpark. Man wohnt ruhig, ohne abgeschnitten zu sein von der Außenwelt. Sehr gut gefällt mir auch die Lage innerhalb Deutschlands. Ob an die Ostsee oder Nordsee, nach Berlin oder Dortmund, alles ist in wenigen Stunden erreichbar.
Und was sollte in Garbsen besser werden?
Es sollte endlich Klarheit über die Entstehung eines neuen oder die Modernisierung des alten Einkaufzentrums herrschen. Es ist schade, dass man für viele Dinge extra nach Hannover fahren muss. Als Beispiel nenne ich hier Elektroartikel. Ich hoffe, dass es bald eine Entscheidung bezüglich der Einkaufszentren gibt. Mir persönlich ist es egal, ob ich neben dem Kino oder im Planetencenter einkaufe, solange es dort interessante Geschäfte gibt. Die Hauptsache ist: Bald.
Seit gut einem Jahr schreiben Bürgerreporter aus Garbsen auf dem Portal myheimat. Die besten Beiträge erscheinen in einem gedruckten Magazin. Was halten Sie von dem Projekt?
Dies ist ein tolles Projekt, da grundsätzlich alle Bürger die Möglichkeit haben, über wichtige Ereignisse zu berichten. Vieles hätte man in der gewöhnlichen Presse wohl nicht erfahren.
myheimat-Team:Annika Kamissek aus Bad Münder am Deister |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.