Fiktive Abrechnung des Kasko – Fahrzeugschadens
Im Schadensfall hat der Eigentümer eines Kraftfahrzeuges grundsätzlich die Möglichkeit, die Reparaturkosten konkret nach durchgeführter Reparatur geltend zu machen oder, fiktiv auf Basis eines Gutachtens oder Kostenvoranschlages abzurechnen.
1.
Im Falle eines Haftpflichtschadens, wenn also ein Dritter Unfallverursacher ist, steht häufig die Streitfrage im Raum, ob der eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Vertragswerkstätte bezahlen muss oder, ob der Haftpflichtversicherer den Geschädigten auf eine günstigere, nicht markengebundene Werkstätte verweisen darf.
Die diesbezüglichen Kriterien sind im Haftpflicht – Schadensfalle weitgehend geklärt und die Voraussetzungen, wann eine entsprechende Verweisung möglich ist, definiert.
2.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte mit Urteil vom 11.11.2015, Az.: IV ZR 426/14 nun zu klären, ob der Fahrzeug – Kaskoversicherer im Falle der fiktiven Abrechnung gleichfalls ein entsprechendes Verweisungsrecht hat.
Zum einen muss vorangestellt werden, dass die Entscheidung die allgemeinen Kraftfahrtbedingungen (AKB) 2008 betraf, die allerdings in Kfz – Versicherungsverträgen weit verbreitet sind, sodass der Entscheidung erhebliche Praxisrelevanz zukommt.
Zum anderen hat der BGH festgehalten, dass maßgeblich stets die vertragliche Vereinbarung der Parteien ist. Was im Schadensfalle erstattungsfähig ist, regelt der Versicherungsvertrag zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer.
Ist im Kasko – Vertrag eine Werkstattbindung des Versicherungsnehmers im Schadensfalle vereinbart, stellt sich die Frage des Verweisungsrechtes in der Regel nicht.
Wenn eine derartige Werkstattbindung aber nicht vorliegt, hat die Entscheidung Relevanz.
Fragliches Kriterium ist, was die „erforderlichen Kosten“ einer vollständigen Reparatur nach Ziff. A.2.7.1 der AKB 2008 sind.
Im konkreten Fall hat der Kaskoversicherer den Reparaturkostenaufwand, den der Versicherungsnehmer durch ein eigenes Gutachten geltend gemacht hat entsprechend gekürzt im Hinblick auf die Lohnkosten einer ortsansässigen und nicht markengebundenen Fachwerkstatt.
Der BGH hat ausgeführt, dass die Grundsätze, die im gesetzlichen Haftungsrecht erarbeitet wurden, nicht ohne weiteres im Kaskorecht angewandt werden können.
Dennoch hat der BGH herausgearbeitet, dass vom Versicherungsnehmer die fiktiven Kosten einer markengebundenen Werkstätte dann verlangt werden können,
wenn es sich um ein neueres Fahrzeug handelt oder,
wenn das Fahrzeug vom Versicherungsnehmer auch in der Vergangenheit stets in einer markengebundenen Fachwerkstätte gewartet und repariert wurde oder
wenn nachweislich nur in einer Markenwerkstatt eine vollständige und fachgerechte Instandsetzung möglich ist.
Diese Voraussetzungen hat der Versicherungsnehmer im Streitfalle darzulegen und im Zweifel auch zu beweisen.
Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann auch der Kaskoversicherer auf günstigere Werkstätten verweisen.
Es ist also zu erwarten, dass sich die Instanz - Gericht in diesen Fällen an der Rechtsprechung zum Haftpflichtrecht orientieren werden.
Bürgerreporter:in:Greiner & Kollegen PartGmbB Rechtsanwälte aus Friedberg |
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