Ludwig, den Brandenburger aus Bayern

Bayerisch Brandenburg

Kaum ein Preuß weiß es. Sagt man’s ihm, macht er „ph“. Sein Stammland war zu Anfang ihrer kurzen Geschichte, in den ersten Ansätzen der Entwicklung zu einem Staat-bayerisch. Die ollen doofen Bajan haben Zivilisation hinzubringen versucht. Von 1323 bis 1373.
Das warm so.

Der hochvernünftige Kaiser Ludwig der Bayer gab jedem seiner sechs Söhne ein Trumm Reich zum Verwalten, damit die Buben den Herrscherberuf erlernen konnten. Einer erhielt also Holland, die anderen Tirol und Oberbayern.Ein Ludwig jun. (Er hatte zwei dieses Namens) erhielt Brandenburg. Dem gefiel es droben überhaupt nicht. Denn es gab dort nichts. Keine Städte, Klöster, Burgen. Nicht einmal richtige Untertanen. Da waren keinen Böden. Nur Sand romantische Seen und Wälder. Romantik aber war jedoch noch nicht erfunden und man pfiff auf Landschaftsschönheit.
Vielleicht mochte der Kaiser diesen Sohn nicht oder wollte ihn für irgendwas bestrafen. Ludwig bettelte verzweifelt, kam aber gegen Papi nicht an, weil man noch nicht auf die absurde Idee einer Selbstbestimmung der Kinder gekommen war.

Nun ist nichts auf der Welt, das nicht sofort ein anderer haben möchte, wenn es ein anderer hat. Zwischen den mageren Föhrenstämme erscheint eine finstere Gestalt und brüllt: „Das Land ist mein! Ich bin Woldemar, Fürst von Akanien.“ Ludwig stutzt. Als gebildeter Kaiserssohn hat er gelernt, dass Woldemar längst tot ist. Er kämpfte ein bisschen gegen den falschen Waldemar, einen früheren Müller. Daraus wir ein zermürbender Kleinkrieg. Ludwig hätte am liebsten geweint. Die bayerischen Beamten, die ihn begleiteten, wären auch am liebsten auf dem Absatz umgekehrt. Das aber war im Kaiserreich verboten, und so machten sie sich zähneknirschend an die Arbeit. Es war zum Verzweifeln.

Ludwig der sinnfrohe Bayer aber fand bei den Mägdelein des Landes Trost. Er entschloss sich, erst die Frauen und Mädchen in allem zu unterweisen was für Staat und Bevölkerungspolitik nötig ist. Denn die Frauen sind die Träger der Kultur und des Besseren. Die Männer machen’s dann doch wieder bloß kaputt. Also wies er die Brandenburgerinnen – die noch nicht Preußinnen hießen und noch keine waren – in höhere bayerische Lebensart ein. Die Beamten suchten es ihm nachzutun. Die rauen Brandenburger – die noch nicht Preußen hießen, aber auf dem Weg waren, typische zu werden – knirschten vor Ärger. Ständig gab es Überfälle, Prügeleien und Hinterhalte.

Die Feindseligkeit wuchs und Beamte mussten ausgetauscht werden. Sie fuhren glücklich hinauf nach Bayern. Die Preußen, die „pruzzen“, hausten nach Polen zu, in der Gegend von Danzig, und wurden soeben ausgerottet. Sie waren Wilde – Sie konnten nicht lesen nicht schreiben und nicht verstehen, was man von ihnen wollte. Da kamen nämlich Eindringlinge in ihr Gebiet. Staatsstolze Polen von der einen Seite. Von der anderen die merkwürdigen Deutsch-Ordens-Ritter. Ein humorlos asketischer Männerbund, im Zölibat lebend, der ums verrecken die Slawen nach seinem Idealen umerziehen wollte. Wer nicht umerzogen werden mochte, wurde feierlich umgebracht im Namen westlicher Ideale. (Das kennt man doch? Oder?) Die Ritter siegten, die Ostgebiete konnten kolonisiert werden. Doch wie sollten sie heißen? Deutsch-Ordens-Ritter-Land? Zu lang. Wie wär’s mit Pruzzen? O.k. – Was später daraus werden sollte, konnte der niemand vorhersehen.

Ludwig, den Brandenburger aus Bayern, ermüdete allmählich diese Art Kolonisierungsarbeit. Auf einem Urlaub zu Hause erkläre er plötzlich, er habe lange genug in der Diaspora, im Exil werkeln müssen. Nun solle einmal einer seiner Brüder weiter schaffen.
Er hatte kurz entschlossen eine Noble mit Namen Margarethe Maultausch geheiratet, die sich nach der Trauung umgehen als rechte Ziefern und Bißgurn erwies, also ein ungutes Leut voll quengelndem Ehrgeiz. Man beschloss, dass Otto, Ludwigs Bruder, der Tirol regierte, mit Ludwig tauschen sollte. Der neue Kaiser, Papa Ludwig war gestorben, stimmte zu. Otto zog 1351 hinunter in den Sand.

Was er dort ereichte? Nun Otto hatte den schönen Beinamen „Der Faule“: Diese manchmal für Politiker segensreiche Eigenschaft, verhinderte, dass aus Brandenburg was wurde.

Ludwig starb 1361. Die Maultasch überschrieb Tirol dem Haus Habsburg. Dieser ruchlose Tat folgte ein sechsjährigen Krieg, an dessen Ende Bayern nur Kufstein, Rattenberg und Kitzbühel behalten durfte. Möge diese Margarethe in der tiefsten Hölle braten. Sie hat Bayern nachhaltig geschädigt. Hat getrennt, was zusammen gehört.

Otto gab 12 Jahre nach dem Tode seines Bruders das Geschäft auf und verkaufte es günstig an seine Schwiegervater, Kaiser Karl IV. Den Erlös von 200.000 Gulden (von dem ihm der Kaiser die Hälfte schuldig blieb) gab er aus. Er versoff das spätere Preußen, mit dem der Kaiser auch nichts anzufangen wusste. So erklärt es sich, dass Pruzzen von 1373 – 1417 keinerlei Geschichte aufzuweisen hat.

Bürgerreporter:in:

Christl Fischer aus Friedberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

75 folgen diesem Profil

13 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.