Eine Friedbergerin nimmt den Schleier und stemmt die Renovierung des Klosters in Dillingen
Ein Blick hinter die Klostermauern
Im Essensaal im oberen Stockwerk des Franziskanerinnenklosters, im sog. Refektorium, beginnen die Anfänge einer jeden Klosterschwester. Auch die aus Friedberg gebürtige Schwester Bernhild saß hier nach ihrem Eintritt ins Kloster einst zusammen mit vielen anderen Schwestern beim Essen. Unter den Fenstern befinden sich sog. Siedl. Das sind Truhenbänke, deren Sitzfläche man hochklappen kann. „Da hat man als junge Schwester seinen Kruscht nei gschmissn“, erinnerte sich verschmitzt lächelnd Schwester Bernhild. Schaut man zum Fenster hinaus, so erblickt man das Gruftgärtlein, in deren Gruft Mitschwestern beerdigt sind. Der Blick fällt unweigerlich auf die gegenüberliegende Wand, an der drei kunstvolle Tafeln angebracht sind. Eine kunstschaffende Mitschwester aus der Gemeinschaft hatte sie geschaffen, das Leben vom Dunklen ins Helle symbolisierend.
Obwohl es sich um ein Frauenkloster handelt, haben auch Herren Zugang. Allerdings sehr eingeschränkt. Es gibt ein sog. Herrenzimmer, das durch eine schwere Türe mit dem Amtszimmer der Oberin verbunden ist. In diesem Zimmer werden Bürgermeister oder sonstige Besucher, die die Oberin in geschäftlichen Angelegenheiten aufsuchen, empfangen. Auf dem Gang vor den beiden genannten Zimmern steht eine große schwere Kommode. Auf ihr finden sich fein säuberlich auf einer Karte aufgezeichnet die Namen der jüngst verstorbenen Mitschwestern samt Sterbebildchen. Eine Kerze brennt zu ihrem Gedenken. Der Gang führt zur Empore der Franziskanerinnenkirche, dem sog. Frauenchor. In dieser „Barockschale“ fällt dem Betrachter der Wessobrunner Stuck auf, so feingliedrig gearbeitet, als wäre es Meißner Porzellan. Schöne engmaschige Holzgitter gewähren zwar einen Blick hinunter in den Kirchenraum, aber von unten können die Personen oben im Frauenchor nicht erkannt werden. Doch die Franziskanerinnen, die hier einst ihre ewige Anbetung verrichteten, haben sich geöffnet. Die ewige Anbetung erfolgt nun offen unten in der Kirche. Die Schwestern wechseln sich im Stundentakt ab und ihr Gebet wird von Besuchern respektiert.
Fasziniert von der Franziskanischen Spiritualität
Wie kam die Friedbergerin dazu, Franziskanerin zu werden? Im Tal 5 in Friedberg, gegenüber der Mädchenschule, wuchs Inge Schuster auf. Nach der Schule begann sie eine kaufmännische Lehre im Kirchensteueramt in Augsburg. Sie gehörte dem Bund deutscher katholischer Jugend, BdkJ, an. Man machte gemeinsam einen Fahrradausflug zu einigen Donaustädten unter Leitung eines Kaplans, der aus Gundelfingen stammte. So kam Inge Schuster mit den anderen auch nach Dillingen und besuchte dabei das Kloster. Sie war fasziniert von der Franziskanischen Spiritualiät: Das Leben in Einfachheit, das Sorgen für die Schwachen, die am Rande der Gesellschaft stehen, und die Geschwisterlichkeit in einem friedlichen Miteinander - ein weites Arbeitsfeld für Franziskanerinnen. Sie sind tätig in der Kranken- und Armenpflege, als Lehrerinnen und Erzieherinnen. Für Inge Schuster stand fest, sie wolle Franziskanerin werden und trat als Schwester Bernhild ins Kloster ein. Drei Jahre arbeitete sie im damals von Dillinger Franziskanerinnen geleiteten Kinderheim Reitenbuch. 1971 begann die junge Franziskanerin zusammen mit anderen Mitschwestern in München an der Fachhochschule für Sozialpädagogik zu studieren. Den jungen Studentinnen wurde von „oben“ die Erlaubnis erteilt, weltliche Kleidung zu tragen, da sie in der klösterlichen Tracht zu jener Zeit ständig Attacken ausgesetzt waren. Nach dem Studium arbeitete Schwester Bernhild als Lehrerin an der Fachakademie für Sozialpädagogik in Dillingen. Die Schule war ihr „Lieblingskind“.
Übernahme der Leitung des Franzsikanerklosters in Dillingen
Und so fiel es ihr nicht leicht, als sie ihren Lehrberuf opfern musste, weil man sie auf eine hohe Leitungsebene berufen hatte: 2004 wurde sie zur Oberin des Mutterhauses in Dillingen für viele Jahre ernannt. 500 Schwestern weltweit waren ihr anvertraut, ebenso die Verwaltung der Institutionen. Nun war sie Managerin und stemmte die Renovierung des geschichtsträchtigen Klosters sowie die Überführung der Schule, an der sie so lange gewirkt hatte, in eine andere Trägerschaft. Tatkräftig arbeitete sie zusammen mit dem Denkmalamt darauf hin, das Alte, Gewohnte zu belassen, damit jede Schwester sich beim Wiedereintreffen im Mutterhaus zuhause fühlen konnte. Dennoch setzte sie notwendige Neuerungen durch. Jede Schwester erhielt in ihrem Zimmer eine eigene Nasszelle. Ein geräumiger Aufzug ermöglicht es, bequem mit dem Rollstuhl in andere Etagen zu gelangen.
Die Totalrenovierung des historischen Klosters ist offensichtlich gelungen. Die liebevoll eingerichteten Räume mit den schönen alten Möbeln strahlen wohltuende Behaglichkeit aus. Es ist ein Zuhause, ein wirkliches Zuhause, für Schwestern, die sich einem großen Lebensauftrag verschrieben haben.
Bürgerreporter:in:Regine Nägele aus Friedberg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.