Zur Geschichte des Münchner Tores in Friedberg
Ein mutwilliger Verfall?
Ostern 1647
Es war Ostern 1647. Endlich konnten die Friedberger nach langen kalten Monaten wieder in ihre Heimatstadt zurückkehren. Sie waren vor den Greueltaten des heranrückenden Feindes rechtzeitig noch im Sommer des Jahr1646 geflohen. Welch ein Anblick bot sich den Überlebenden, als sie Friedberg wieder sahen!
Menschen leben in den Kellern
Die Stadt war völlig ausgebrannt. Die Menschen hausten zunächst in den Kellern und selbst noch Jahre später in schlechten Hütten.
Auch der Münchner Torturm war zur Ruine geworden. Hatte bis zur Flucht im Jahre 1646 noch ein gewisser Zacharias Seyfridt in der Herberge oben im Münchner Torturm gewohnt, so war durch den Brand auch dort ein Wohnen nicht mehr möglich.
Wie auch das Augsburger Tor am Berg wurde das Münchner Tor alsbald notdürftig repariert, sodass wenigstens die beiden Stadttore nachts oder bei Bedarf geschlossen werden konnten. Die Zolleinnahmen an den beiden Toren waren in den ersten Jahren danach wegen der schlimmen wirtschaftlichen Lage nach dem Krieg, der im Oktober 1648 endete, sehr gering.
Wiederaufbau des Münchner Torturms
Im Jahre 1659 wurde der zerstörte Münchner Torturm unter großer Beteiligung der Bevölkerung wieder aufgebaut.
Der erste Bortenwirker in Friedberg nach dem Großen Krieg, ein gewisser Georg Peter, bezog als erster mit seiner Familie 1662 die neu errichtete Herberge auf dem Münchner Tor. Er gilt auch als Vater der "Friedberger Mozartin".
Geburt der Friedberger Mozartin
Diese Anna Maria Peter erblickte dort im Münchner Torturm im Jahr 1670 das Licht der Welt. Obwohl die Familie verarmte und von Städtischen Almosen leben musste, gilt Anna Maria Peter als diejenige Frau, die die Stadt Friedberg mit dem großen Namen Mozart verbindet. In den Archivalien der Stadt Augsburg taucht sie im Jahre 1708 auf. Sie erhielt wegen ihrer langen und treuen Stellung als Dienstmagd in einem Haushalt das Bürgerrecht der Stadt Augsburg aus Gnaden geschenkt. Durch Heirat mit dem Augsburger Buchbindermeister Pannegger gelangte sie in die Stellung einer Meistersgattin. Eine Seltenheit für eine Dienstmagd! Nach dem baldigem Tod ihres Mannes heiratete sie Johann Georg Mozart, der durch diese Heirat die Meistersgerechtigkeit als Buchbinder erhielt. Ein Enkel von ihm war Wolfgang Amadeus Mozart. Anna Maria Mozart, geborene Peter aus Friedberg, die "Friedberger Mozartin", war allerdings nicht die Großmutter von Amadeus; dies war die zweite Frau von Johann Georg Mozart, die er nach dem Tod von Anna Maria heiratete.
Bedeutende Persönlichkeiten sah das Münchner Tor
Der Spanische Erbfolgekrieg 1704 und die weiteren Kriege im 18. Jahrhundert konnten dem Turm nichts anhaben. Bedeutende Persönlichkeiten der Geschichte reisten durch das Tor: Unter den großen Namen finden sich Persönlichkeiten wie Papst Pius der Sechste, der 1782 von München kommend nach Augsburg weiter fuhr, zuvor aber durch das Münchner Tor, wo man eine Ehrenpforte errichtet hatte, in Friedberg einzog, sowie der spätere König Maximilian Joseph, der nach dem Tod des unbeliebten Kurfürsten Carl Theodor im Jahr 1799 sofort zum Regierungsantritt als frischgebackener Kurfürst von Mannheim nach München eilte. Auch Napoleon Bonaparte sah das Tor, ebenso seine Gemahlin Josephine, die im Jahre 1805 auf dem Weg zur Hochzeit ihres Sohnes von Frankreich aus nach München durch Friedberg fuhr und somit das Münchner Tor passierte. König Ludwig I. passierte das Münchner Tor, als er im Juni des Jahres 1836 Friedberg besuchte.
Vieles in Friedberg abgerissen
Heute existiert das Münchner Tor nicht mehr. Exponierte stumme Zeugen der Stadtgeschichte wurden im Laufe der Zeit zum Abriss freigegeben. Darunter fallen zum Beispiel das Ballhaus, das Schlosstor, das Teehaus beim Schloss sowie Teile der Stadtmauer und einige Türme. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts stand das Augsburger Tor nicht mehr, und kaum waren 70 weitere Jahre ins Land gegangen, da beantragte die Stadt Friedberg, das Münchner Tor abbrechen zu dürfen.
Friedberger Magistrat weist alle Schuld von sich
Die Regierung von Oberbayern wollte nun wissen, warum der Turm trotz höchster Anordnung zur Erhaltung der Stadtmauern in so schlechten baulichen Zustand kommen konnte.
Lapidar bemerkte der Friedberger Magistrat in einem Schreiben an das Königliche Bezirksamt Friedberg vom 17. Juli 1868 hierzu: „Wie allen übrigen städtischen Gebäuden wurde auch dem Münchener Thorthurm stets die pflichtgemäße Aufmerksamkeit zugewendet.“ Immer wieder hätte man mit größerem Kostenaufwand repariert. Begünstigt hätten den Verfall des Turmes die schweren Erschütterungen der Frachtfuhrwerke, die vor der Eröffnung der Münchner-Augsburger Eisenbahn die Hauptstraße über Friedberg passierten. Überhaupt sei der Turm, der durch Feindeshand während des 30jährigen Krieges zerstört worden war, „mit Benutzung des von der Zerstörung herrührenden mangelhaftesten Materials“ wieder aufgebaut worden, noch dazu unter Verwendung "wenig haltbarer Mörtelverbindungen". So wies der Magistrat alle Schuld von sich.
In der Tat wurde Friedberg während des Dreißigjährigen Krieges gleich zweimal durch Brand in Schutt und Asche gelegt. Zum erten Mal geschah das 1632 an einem Freitag im Juli und schließlich im Oktober 1646.
Pläne zum Torturm gibt es noch
Der Turm hatte seitdem alle weiteren Kriege überlebt. Aber nun wurde er im Lauf der Jahre 1868 und 1869 abgetragen. Es trat der alte, gemauerte Untergrund zutage. Auf ihm als feste Stütze war nach jedesmaliger Zerstörung der Münchner Torturm wieder aufgebaut worden, das letzte Mal im Jahr 1659. 210 Jahre später ist der Münchner Torturm aus dem Stadtbild für immer verschwunden. Vielleicht nimmt eine spätere Generation den Wiederaufbau in die Hand - die Pläne gibt es noch.
Bürgerreporter:in:Regine Nägele |
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