„Das Museum kann erstmals in einem Rundgang besucht werden“: Ein Interview mit der Friedberger Museumsleiterin Dr. Alice Arnold-Becker
myheimat: Das Wittelsbacher Schloss wird seit 2015 saniert. Das Museum ist geschlossen. Welche Aufgaben stehen denn bis zur Neueröffnung bei Ihnen an?
Dr. Alice Arnold-Becker: Oh, Aufgaben gibt es jede Menge: das inhaltliche Konzept steht; auch haben die Gestalter von Atelier Hammerl & Dannenberg in den vergangenen Monaten den raumbildenden Ausbau und die Vitrinen entworfen. Dieser Bereich geht jetzt in die Feinplanung, d.h. es wird über Materialien und Farben entschieden, die Technik und Größen der Vitrinen müssen nochmals im Detail festgelegt und überprüft werden. Nicht zuletzt ist die genaue Positionierung der Objekte innerhalb der Vitrinen auszutüfteln.
myheimat: Was muss man sich darunter vorstellen? Werden die Objekte nicht einfach in die Vitrinen gestellt oder an die Wand gehängt?
Dr. Alice Arnold-Becker: Nun, zu einem Teil schon, aber für jedes der fast 900 Objekte ist dennoch die jeweils beste Präsentationsform zu überlegen. Zum Beispiel: liegt die Taschenuhr einfach auf dem Vitrinenboden oder präsentiert man sie besser auf einem kleinen Sockel oder wird sie − was aufwendig ist, aber mehr von ihr sichtbar macht – mittels kleiner Drähte quasi „schwebend“ montiert?
myheimat: Das sind wirklich sehr spezielle Fragen. Was haben Sie sonst für Aufgaben im nächsten Jahr?
Dr. Alice Arnold-Becker: Eine wichtige und umfangreiche Aufgabe wird die Realisation der Medien- und Mitmachstationen im Museum sein; ferner die Weiterentwicklung der Kinderlinie. Wir werden darüber hinaus eng mit den Grafikern bezüglich der Wandtexte, Exponatenschilder und dem Leitsystem zusammenarbeiten und lassen weiterhin nach und nach die Objekte bei verschiedenen Restauratoren reinigen oder in ihrer Substanz sichern.
myheimat: Das klingt nach viel Arbeit.
Dr. Alice Arnold-Becker: Ja, es ist für so ein kleines Team sehr zeitaufwendig, aber enorm spannend und vielfältig. Bedenken Sie, ein Museumskatalog und Audioguide-Texte wollen auch geschrieben sein; das Museum muss nach so langer Schließung auch wieder beworben werden, und ein neues Aufsichtsteam ist ebenso wieder an den Start zu bringen.
myheimat: Ein Café wird es ja auch wieder geben? Ist dafür schon alles vorbereitet?
Dr. Alice Arnold-Becker: Auch da sind wir dran. Das Museumscafé und der Shop werden ebenfalls in den Südflügel verlegt. Es ist jetzt zwar alles kleiner, aber wir können dafür den Schlossgarten mitbenutzen. Das wird sicherlich sehr attraktiv.
myheimat: Was sind denn die inhaltlichen Schwerpunkte des Museums, und was ist neu?
Dr. Alice Arnold-Becker: Nun, ein Schwerpunkt liegt freilich nach wie vor auf den überregional so bedeutsamen Friedberger Uhren; ein weiterer auf der archäologischen Abteilung. Diese wird übrigens von den Friedberger Archäologen Dr. Ursula Ibler und Volker Babucke kuratiert. Neu ist die Abteilung zur Schlossgeschichte. Sie ist in dem kleinen Raum direkt in der Tordurchfahrt untergebracht und kann zu den Öffnungszeiten kostenlos besichtigt werden. Neu ist ebenso eine eigene Abteilung zur Stadtgeschichte sowie die Abteilung zu Friedberger Künstlern.
myheimat: Gibt es sonst Neuerungen?
Dr. Alice Arnold-Becker: Oh ja, es wird Mitmachstationen geben, d.h. es gibt Bereiche, in denen Kinder und Erwachsene Dinge in die Hand nehmen und selbst ausprobieren können. Außerdem sind Hör- und Medienstationen geplant. Nicht zuletzt erhoffen wir uns über Modelle das Verstehen der jeweiligen Sachverhalte zu erleichtern.
myheimat: Können Sie Beispiele nennen?
Dr. Alice Arnold-Becker: Ja, da wäre ein Stadtmodell in der Abteilung zur Stadtgeschichte, verschiedene Uhrenmodelle – zum Beispiel ein circa 30 cm großes Modell einer Friedberger Taschenuhr – sowie ein neues Modell der Friedberger Römervilla.
myheimat: Was sind in Ihren Augen die größten Herausforderungen, die mit der Verlagerung des Museums in den Südflügel des Schlosses verbunden sind?
Dr. Alice Arnold-Becker: Nun, der große Vorteil liegt darin, dass das Museum erstmals in einem Rundgang besucht werden kann. Eine Herausforderung stellen jedoch die vielen kleinen Räume dar. Das fängt schon bei der Ausstattung mit Vitrinen an: Wenn Sie einen nur 25 Quadratmeter großen Raum zur Verfügung haben, der durch drei Türen und ein Fenster durchbrochen wird, bleibt logischerweise nicht mehr allzu viel Stell- oder Hängefläche für Exponate übrig. Ich meine jedoch, dass unsere Innenarchitektin Frau Hammerl für diese schwierigen räumlichen Situationen gute Lösungen gefunden hat.
myheimat: Wie sehen diese Lösungen aus?
Dr. Alice Arnold-Becker: Wir gehen mit den Vitrinen vielfach direkt vor die Wand, und arbeiten mit Aus- und Durchblicken. Einige Exponate werden aus Platzgründen auch vor die neu wiederhergestellte Türflucht im ersten Obergeschoss gestellt. Man kann daher nicht durch die Türen durchgehen, aber durchschauen, was wiederum auf den jeweils folgenden Raum neugierig macht.
myheimat: Das Museum richtet sich an ein gemischtes Publikum, an Groß und Klein. Gibt es auch Angebote für Menschen anderer Sprache?
Dr. Alice Arnold-Becker: Bislang gab es im Museum ja nur deutschsprachige Texte. Im neuen Museum werden die Haupttexte auch in englischer Sprache verfügbar sein. Aus Platzgründen kann dies allerdings nicht auf alle Texte im Museum übertragen werden. Auch haben wir überlegt, weitere Sprachen zu berücksichtigen, aber das funktioniert aus oben genanntem Grund leider nicht. Es würde die Räume nicht zuletzt auch zu sehr mit Schrift überfrachten. Deswegen möchten wir, sofern das Budget ausreicht, mit Audioguides in Englisch, Französisch und Italienisch arbeiten.
myheimat: Eine letzte Frage. Was denken Sie, wann das Museum wiedereröffnet werden wird?
Dr. Alice Arnold-Becker: An sich möchten wir gerne im Herbst 2018 eröffnen. Es ist aber nicht auszuschließen, dass sich der Termin aufgrund eines harten Winters oder anderer unvorhergesehener Dinge auf der Baustelle, noch nach hinten verschiebt.
Grafiken und Animationen: Atelier Hammerl & Dannenberg
myheimat-Team:Joachim Meyer aus Friedberg |
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