1909 wurden in Aichach die ersten Gefangenen hinter Schloss und Riegel gebracht.

Verlegenheitsbild

Vor 100 Jahren JVA Aichach

Eine Justizvollzugsanstalt mit derart „gemischtem Publikum“ fordert die Anstaltsleitung und die Bediensteten. Das musste vor einiger Zeit die CSU Friedberg bei einer sehr interessanten Führung und anschließender Diskussionsrunde mit dem Abteilungsleiter Herrn Meier zugeben. Bei 600 Insassen stehen 200 VollzugsbeamtInnen dagegen. Ein Verhältnis von 1:3 rechnete sich die Besucher schnell aus. In der Abteilung der erwachsenen Frauen fand die Besichtigung statt.
Verurteilte erwachsene Frauen werden hier kurz bis lebenslänglich inhaftiert. Die Zahl der Insassen hat sich laut Meier in den letzten Jahren leider vermehrt und kommen aus den verschiedensten Nationen. Große Sorgen macht dem Personal der stete Anstieg der weiblichen und der jugendlichen Strafgefangener.
Sauber und hell war der Eindruck der Besucher aus Friedberg, als sie die Anstalt betraten. Kurze Blicke warf man in die verschiedenen Arbeitsbereiche und Zellen und man stellte einen Humanen aber nicht seichten Strafvollzug fest.

Erschüttert war man über viele Schilder an den Türen von untätigen Zellenbewohnern. Die Zuhörererfuhren, dass es unverschuldete Arbeitslose genauso gibt wie Arbeitsverweigerer, denen aber bei Verweigerung ein eigener Strafkatalog vorliegt, darin die größte Strafe immer noch der Entzug des Fernsehens ist.
Die regelmäßige Arbeit während der Haft ist hier Pflicht um den Frauen auch nach der Haft eine Erwerbstätigkeit vermitteln zu können und die Wiedereingliederung so zu erleichtern. Interne Disziplinarstrafen gibt es für die Häftlinge bei Fluchtversuchen und anderen Verstößen. Die Besucher hörten, das der Fernseher nicht selbstverständlich, sondern mit ca. 15 € im Monat gemietet ist.
Auf dem Weg durch die Anstalt sah man verschiedene Besucherzimmer. So gibt es für Tabletten oder Drogenabhängige Trennscheibenräume um etwaige Hilfe von außen zu unterbinden.
Für Süchtige wie für Gewalt und Sexualtäterinnen gibt es therapeutische Begleitung.

Die JVA hat mit einer eigenen Bauabteilung außerdem Einsparungen beim Bau der Mutter- Kind –Abteilung erreicht. Diese Abteilung gibt Platz für zehn Mütter und ist nun schon wieder zu klein und als Kinderheim bei der Regierung von Schwaben anerkannt.
Interessant war der Gang durch die Kirche, die mit zwei rechten Winkeln zueinanderstehende Schiffen so gegliedert ist, dass auch hier die Frauen und Männer getrennt sitzen und kein Blickkontakt besteht. Auch werden Gottesdienste beider Konfessionen abgehalten.

Bei Bauarbeiten und im Industriebereich werden hochwertige Arbeiten übernommen und es werden immer dringend Auftraggeber gesucht um die inhaftierten Frauen die vorgeschriebene Arbeitsmöglichkeit zu bieten.

Aber nicht nur Gearbeitet wird. Als die Gruppe den Hofraum betrat, sah sie nicht nur einen LKW in einer Durchfahrtsschleuse, sondern ebenfalls einen Sportplatz, den die Gefangenen bei gutem Wetter nutzen. Den Pokalen, die zuvor bewundert wurden zeugten von manch sportlichen Erfolg wie zum Beispiel in Fußball und Tennis.
Am Sportplatz vorbei erreichte die Schar die Industriehallen. Dort herrscht der meiste Betrieb. Diesen gut bezahlten Arbeitsplatz könnten über 40 der Gefangenen ausüben, wenn die Anstalt Arbeiten bekommen würde.

In der Diskussionsrunde musste Herr Meier dann Fragen beantworten. So erfuhr man, dass innerhalb der JVA Aichach die in Bayern einzige weibliche Jugendabteilung besteht. In einem eigenen Trakt, dem ehemaligen Zuchthaus, sind 160 männliche erwachsenen Strafgefangenen aus verschiedenen bayerischen Amtsgerichtsbezirken für den Regelvollzug mit bis zu einem Jahr inhaftiert.
Die Krankenabteilung für Frauen braucht sich mit den 30 Betten nicht verstecken. Es wird Ausbildungen und Weiterbildungen ermöglicht. Zu erfahren waren die Weck- Arbeits- und Freizeiten der Strafgefangenen.
Auch hoffnungslosen Fällen, die sogar baten, ihren Arbeitsplatz frei zu halten, hörte man.
Gutachter und nicht die Anstaltsleitung bestimmen eine vorzeitige Entlassung. Über Neueinlieferungen werden keine Informationen weitergegeben. Doch die meisten Zellbewohner erfahren trotzdem die Wahrheit über die Neue. Auf der untersten Stufe solch einer Hierarchie stehen der sexuelle Missbrauch und Mord an Kindern und müssen von der JVA geschützt werden.
Auf die Frage, was wäre, wenn nun all die angekündigten Schwarzarbeiter für 10 Jahre eintreffen, bekam der Rentner mit einem Schmunzeln den Hinweis, dass Qualifizierte Arbeitskräfte hier sehr rar sind. Bei der JVA Aichach ist noch ein Kontakt unter den Gefangenen möglich und eine Art Koller kann somit vermieden werden. Es gibt zwar nicht Wasser und Brot für die Gefangenen, trotzdem steht keine Extrawurst auf dem Speiseplan. Zahlen muss immer der Staat außer es kann Vermögen ermittelt werden, was aber nicht die Arbeit der JVA ist. Angehörige werden nicht zum Zahlen aufgefordert, solche Menschen sind durch die Haftstrafe ihrer Angehörigen genug bestraft, besonders wenn es Nachbarn usw. wissen.
Insgesamt gibt es 11500 Gefangene. Davon 700 Frauen. Die Männer stehen immer schon auf sehr hohem Niveau.
Bei den Frauen hat sich die Lage verdoppelt und steigt weiter, da auch bei Jugendlichen die Hemmschwelle sinkt und die Gewaltbereitschaft steigt.

1909 wurden in Aichach die ersten Gefangenen hinter Schloss und Riegel gebracht.
Seit 1975 kommen auch Männer hier in Haft. Insgesamt gibt es Bayernweit 40 Justizvollzugsanstalten. Wobei Straubing hauptsächlich Männer über 6 Jahren Strafzeit absitzen. Amberg und Kaisheim sind die größten Anstalten im Männerbereich.
Das Taschengeld bekommt der unverschuldet Arbeitslose genauso hoch wie ein gutbetuchte Gefangene. Das Geld, wird wie bei arbeitenden Frauen, die 4/7 ihres Lohnes als Übergangsgeld ansparen, zurückgelegt. Immer wieder kommt in die Anstalt ein Kaufmann, der Süßigkeiten und sonstige Genussmittel außer Alkohol und andere Suchtfördernde Stoffe, verkauft. Dieser Kaufmann wird durch die Schleuse und nach Überprüfung seiner Ware in die Anstalt gelassen.

Bürgerreporter:in:

Christl Fischer aus Friedberg

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