Berühmte Zeitzeugin und Dichterin: Gudrun Pausewang liest in Burgwaldschule

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Die bedrohte Umwelt und die Dritte Welt sind ihre ganz besonderen Anliegen, über Flucht und Vertreibung, Not und Elend geht es in ihren Werken, aber auch um Freundschaften, Menschlichkeit, Kameradschaft, Liebe und natürlich den Frieden zwischen den Menschen und den Völkern. Neunzig Bücher hat sie in ihrer langen dichterischen Karriere geschrieben, am Freitag besuchte die rüstige und fröhliche 82-Jährige die Burgwaldschule Frankenberg: Gudrun Pausewang.

Im neuen „Herz der Realschule“, so Sylvia Sprenger, wurde sie empfangen, 70 Mädchen und Jungen aus der 9b und der 10a und auch einzelne Kinder aus anderen Klassen bereiteten der berühmten Schriftstellerin aus Schlitz in Osthessen einen warmen Empfang.
Doch auch Vertreter des Elternbeirates, des BWS-Fördervereins, Buchhändler aus der Stadt Frankenberg, Redakteure vom „Grammophon“ oder Vertreter des Kiwanis-Clubs und der Stadtbücherei waren ebenso erschienen wie Hausherr Rektor Helmut Klein und Jörg Bomhardt als Fachbereichsleiter Deutsch.

Rüdiger Richter von der Buchhandlung Hykel durfte Gudrun Pausewang schon am Morgen mit dem PKW an ihrem Haus abholen.
Vor 15 Jahren, im Juni 1995, hatte sie Frankenberg bereits einmal besucht, damals las sie in der Stadtbücherei. Dass sie nun in die Burgwaldschule kam, hatte mehrere Gründe. Insbesondere war es jedoch dem Engagement der aktiven Bücherei-AG zu verdanken, deren Initiative gab den Anstoß für die Einladung.
Aber ebenso sollte der Rahmen für die nachträgliche Einweihung ein ganz besonderer sein, und da passte die Lesung einer so berühmten und beliebten Schriftstellerin ins Konzept des Bibliothek.

Lehrerin Sylvia Sprenger stellte den Gästen die Entstehung und Entwicklung der hellen und gut besuchten Bücherei vor. Auf 3000 Medien ist der Bestand mittlerweile angewachsen, zusätzlich gebe es zwölf Computer-Arbeitsplätze und einen von Mitarbeiter Wolfgang Mitt prima geführten Ausleihbereich. Dank richtete Sprenger an die Stadtbücherei für die enormen Unterstützungen und Hilfen aller Art ebenso wie an die vielen anderen Freunde und Förderer der Bücherei, deren Bestand offiziell eigentlich zur „Stadtbücherei am Pferdemarkt“ gehöre..

Erfreut zeigte sich Schulleiter Rektor Klein darüber, dass es nicht nur Bücher, Zeitschriften und Magazine gebe, sondern auch viele Dekorationsartikel, schöne Bilder, überdimensionale Lesezeichen... „Dieser Raum lebt, er entwickelt sich fortlaufend weiter und verändert sich ständig zum Positiven“, lobte Klein – und der Ehrengast nickte immer wieder freundlich zustimmend.
Die beiden (gesponserten) heimischen Tageszeitungen werden sehr gerne und ständig gelesen, die große Lesetreppe aus Holz sei ein herrlicher Lieblingsort vieler Kinder, freute sich die Büchereileiterin.

Nein, sie schwebe nicht gern über dem Publikum, vielmehr sei ihr eigentlicher Platz „mittendrin bei meinen Zuhörer“. Gleich zu Beginn merkten Schüler, Lehrer und Gäste, dass sie überhaupt nichts hat von der Abgehobenheit und Unnahbarkeit anderer berühmter Persönlichkeiten. Wirklich bekannt wurde die 82-Jährige durch die Romane „Die letzten Kinder von Schewenborn“ sowie „Die Wolke“. Ungezählt sind die Preise und Auszeichnungen, darunter das Bundesverdienstkreuz.

Es war spannend, Gudrun Pausewang auf ihrem Lebensweg zu folgen – anfangen im damaligen Sudetenland, wo sie im ostböhmischen Wichstadtl 1928 zur Welt. kam.
„Die tollen 17 Jahre meiner herrlichen Kindheit an diesem herrlichen Ort inmitten einer idyllischen Landschaft unweit der Grenze zu Polen und in der heutigen Tschechei gelegen prägten mich, ließen aber später auch tiefe Narben zurück“, resümiert sie.

Sie nimmt alle mit an diesem Ort, gedanklich ganz intensiv, als in ihren Erinnerungen die Mutter auftritt, ihre fünf lieben Geschwister, der Vater, der nach Russland an die Front muss und nicht zurückkommen wird.
„Es war eine so schöne Zeit dort im Osten des Sudetenlandes, selbst die Nazi-Zeit habe ich als
als etwas Wunderbares empfunden, ich war sogar bei den Jungmädels – wie alle anderen auch...“
Da ist sie ehrlich, steht zu ihrer „tollen Kindheit und Jugendzeit in Böhmen“.
Ganz bewusst sagt sie dies, sie als eine Frau, die Kriege, Unterdrückung, Naturzerstörung Ausbeutung und Diktaturen seit Jahrzehnten schon verabscheut und literarisch bekämpft.

„Adolf Hitler war mein Idol. Alles haben wir damals gläubig angenommen, auch später sogar das Spielverbot mit Judenkindern. Und als die Meldung von `seinem` Tod kam, weinte ich.“ Und weiter analysiert sie:„Auch heute noch ist so etwas in Diktaturen dieser Welt üblich und wohl immer wieder möglich. Wir wurden beeinflusst, manipuliert, tragisch verführt...!“

Und sie räumt auf mit einem besonderen Liedtext: “Da, wo man singt , da lass dich ruhig nieder, denn böse Menschen haben keine Lieder...“ Das stimme so nicht. Auch unter den Nazis gab es Lieder, sehr, sehr viele sogar. „Nie zuvor wurde so viel gesungen wie in diesen 13 Jahren. Aber die Text waren nicht immer gut, insbesondere nicht die neuen Lieder der Nazis.“ Nicht jedoch die alten deutschen Volkslieder meine sie.
„Wir wurden im Dritten Reich einfach alle missbraucht!“

1945 flüchtete die Mutter mit ihren sechs Kindern in den Westen. „Die Mama ahnte bereits“, dass es den Deutschen im Sudetenland (wurde 1938 den Reich angegliedert) nach dem Krieg nicht besonders gut gehen würde.
Drei Wünsche waren es, die Gudruns Leben fortan bestimmen sollten: Der Traum, Schriftstellerin zu werden, die tiefe Sehnsucht nach dem fernen Südamerika und die Hoffnung auf eine bessere, gerechte Welt. Mit Politik wollte sie indes nie mehr etwas zu tun haben. „Dieser Gedanke war total falsch.“ Heute wisse sie, wie wichtig es ist, basisdemokratisch mitzuarbeiten und sich einzubringen – nicht nur bei Wahlen.

Lehrerin wurde sie schließlich, schaffte es nach Südamerika, lebte sogar viele Jahre in Chile, Venezuela und in einer Kolumbianischen Millionenstadt. Diese fröhlichen Menschen dort, die Nettigkeit und die Art des Umgangs miteinander hätten ihr ausgezeichnet gefallen.
Erst relativ spät, als die Ideen doch schon so lange gereift waren, entstand 1958 ihr erster Roman. „Denn vorher hatte es keinen Verlag gegeben, dem meine Manuskripte gefielen“, schmunzelt sie in Richtung der konzentrierten Schüler. In London heiratet sie, bekommt mit 42 einen Sohn, darf inzwischen stolz auf vier Enkel sein, nachdem sich „mein Sohn explosionsartig vermehrt hat“. Wieder lacht alles, sie auch.
Und schon vor langer Zeit landete sie dann in Hessen, in Schlitz „mit Blick auf fünf Burgen“ von meinem Haus aus.
Dies alles teilte sie der lauschenden Zuhörerschaft mit, steht dabei auf dem kleinen Podest, wirkt kein bisschen müde.

Und dann geht es los, sie liest aus ihren Büchern. Genau 90 seien es inzwischen, 44 ihrer Romane, Erzählungs- und Geschichtsbände habe sie für die Jugend geschrieben, 23 für Erwachsene, den Rest für Kinder. Es war eine mitreißende, nachdenklich stimmende, an vielen Stellen auch fröhliche Auswahl...

Ihr Stimme wandert, flüstert, lässt alle Personen in der Bibliothek lebendig werden. Viele tragen autobiografische Züge.
Da ist das Mädchen irgendwo in einer Stadt in Südamerika. Sie tritt eine Stelle als junge Haushaltshilfe antritt, die jahrelang ohne Lohn bleibt.
Da ist ein Junge supertraurig, weil der eigene Vater die uralte Linde auf dem Hof fällen möchte. Die Vorfahren hatten diese einst gepflanzt und darunter ungezählte gemütliche Abende verlebt. Der Knabe freilich weiß zu überzeugen, kämpft um den alten Baum – und der Trecker des Vaters fährt weiter um ihn herum einen Mini-Umweg.
Und da ist ein anderer kleiner Junge, der „so gerne einmal Krieg spielen möchte“.
Der Onkel Bernhard spielt mit Florian, aber er warnt den Neffen zuvor. Florian ist entsetzt...
Schließlich gehen zwei Freundinnen zum Zahnarzt, es ist die Zeit nach 1933. Was erleben die Mädchen? Ein Geschichte ist hier verpackt in eine andere Geschichte.
Pausewang reist in dieser Erzählung zurück an ihre eigene Realschule
Wenn das alles nicht Lust auf Lesen macht...!
Ja, alles kommt ganz anders. Mehrfach holt Pausewang „Die Schweinejagd...“ hervor, dann das „Tor zum Garten der Zambranos“.
Einfühlsam sind sie alle, die Zuhörerschaft hört an diesem denkwürdigen Tag Erzählungen und Geschichten einer ganz großen Dichterin, genießt und spendet viel Applaus.

„Es war ein ganz besonderer Tag im Leben der Burgwald-Realschule“, so Rektor Helmut Klein. Sylvia Sprenger dankte allen Schülerinnen, Schülern, den Unterstützern und „Fahrer“ Rüdiger Richter dafür, das dieser Nachmittag möglich werden konnte:"Heute ist ein großer Tag für diesen tollen Raum, für unsere Schule!"
Martina Wichens schließlich lobte Sprenger als Leiterin der Mediothek für den Einsatz.
Den Siegern im Lesewettbewerbs der sechsten Klassen wurde eine ganz besondere Ehre zuteil: Sie erhielten Urkunden und Glückwünsche aus der Hand des berühmten Ehrengastes (dazu einen weiteren Artikel).

Ungezählte Bücher signierte Gudrun Pausewang, nahm Geschenke der Jugend und der Schule entgegen, lud die Schülerschaft sogar ein: “Wenn ihr einmal in Schlitz sein solltet, klingelt ruhig einmal. Wenn ich zu Hause bin, könnt ihr gerne zu mir reinkommen.“
Beim anschließenden Imbiss in der Cafeteria plauderte Pausewang in gemütlicher Runde weiter. „Ich komme gerne wieder...!“

1. G.Pausewang signiert Bücher und Autogrammkarten
2. Geschenke von Schülern der Burgwaldschule
3. Sylvia Sprenger und junge Realschülerinnen
4. Impressionen

Bürgerreporter:in:

Hans-Friedrich Kubat aus Vöhl

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