Weil er auf dem Zahnfleisch hoppelt: Verstärkung für den gestressten Osterhasen - Aushilfs-Job auf 400-Nuss-Basis
Ja Langohr, wat nu? Dem Osterhasen ergeht es wie den Mitarbeitern vieler Unternehmen: Mit immer weniger Personal soll er immer mehr Leistung erbringen. Kein Wunder, dass der arme Kerl auf dem Zahnfleisch hoppelt, gerade vor den anstehenden Feiertagen. Den Stress hat er mit unserem Postboten gemein. Der ist auch nur noch am Hetzen. Das Pensum ist in der vorgegebenen Zeit kaum zu schaffen. Und damit‘s vom Chef-Disponenten nicht wieder was auf die langen Ohren gibt, hat er, also der Hase, nicht der Briefträger, sich Verstärkung geholt – artübergreifend.
Familie Eichhorn (nicht Walter und Toni) soll ihn diesem Jahr beim Verteilen der bunten Eier unterstützen. Die Entlohnung erfolgt auf 400-Nuss-Basis. Mit Euros können die flinken Nager ja nix anfangen. Ein erster Testlauf im nördlichen Lahn-Dill-Kreis ist recht erfolgversprechend verlaufen, wie dieses Foto belegt. Dennoch stellt sich die Frage, ob Meister Lampe mit der Verpflichtung dieser befristet angeheuerten Saisonkräfte nicht den Bock zum Gärtner gemacht hat. Denn: Die süßen Eichkätzchen mögen zwar Gagas sehr – das aber eher für den Eigenbedarf. „Es kann in diesem Jahr wieder zu Lieferverzögerungen kommen. Diese bitten wir zu entschuldigen“, heißt es deshalb auch vorsorglich auf der Webeite www.ostereier-mümmelmann.org. So ganz scheint Roger Rabbit seinem neuen Sub-Unternehmer jedenfalls doch (noch) nicht über die Fährte zu trauen. Trotzdem: Erst einmal Frohe Ostern!
Das Berufsbild hat keine Zukunft
Sollten sich die Hilfskräfte mit dem buschigen langen Schwanz jedoch beim Füllen der Nester bewähren, könnte daraus eine dauerhafte Zusammenarbeit erwachsen – sozialversicherungspflichtige Festanstellung inklusive. Allerdings: Zukunft hat dieser Job kaum. Mittelfristig schon wird es das Berufsbild des Osterhasen nämlich nicht mehr geben. Sein Bestand ist akut gefährdet, der Mangel an geeignetem Fachpersonal heuer schon eklatant. Die hasenpfötige Kurierdienstsparte der Lepsus europaeus GmbH rekrutiert sich ja eben aus dem Pool der Feldhasen, und deren Population geht bundesweit dramatisch zurück. Zu viele Feinde. Aber das ist ein anderes Thema. Sollte dennoch an dieser Stelle kurz Erwähnung finden.
Der freilebende europäische Bugs Bunny steht trotz einer stattlichen Schlagzahl bei der Fortpflanzung seit geraumer Zeit auf der Roten Liste und gilt als bestandsgefährdet, in einigen Bundesländern wie Brandenburg und Sachsen-Anhalt ist er sogar akut bedroht. Grund: die starke Intensivierung der Landwirtschaft und damit einhergehend die massive Verwendung von Dünger und Pestiziden. Hinzu kommt der Einsatz immer größerer und leistungsfähigerer Bewirtschaftungs-Maschinen. Da bleibt kein Grashalm auf dem anderen. Den Tieren fehlen Rückzugsräume wie Saum-, Kraut- und Staudenflure. Sie können sich nicht mehr verstecken oder ungefährdet ihre Jungen aufziehen. Es fehlt an Deckung. Hasen werden krank, überfahren, gefressen oder erschossen. Aber auch Wetterkapriolen oder unwissende Fußgänger setzen ihnen zu.
Die Jäger, Papst Zacharias und der Heidedichter
Bundesweit gibt es schätzungsweise nur noch drei bis dreieinhalb Millionen freilebende Hugh Hefner-Maskottchen. Tendenz: weiter fallend. Immerhin hat die Jägerschaft in einem Anfall von Einsicht und Großmut angekündigt, in Revieren mit geringen Stückzahlen auf Abschüsse verzichten zu wollen. In der Ballermann-Saison 210/2011 fielen den als Treibjagden getarnten Schützenfesten der Waidmänner „nur“ noch 367.000 dieser Tiere zum Opfer, Einzel-Exekutionen inklusive. Das sei, gemessen an den Abschusszahlen der Vorjahre, ein absoluter Tiefststand. Wie beruhigend. Da lob‘ ich mir Papst Zacharias. Der Pontifex hatte bereits anno 751 in einem Brief an Bonifatius den Verzehr von Feldhasen untersagt. Freilich mit der etwas abgedrehten Begründung, diese Spezies sei unrein. Aber was schert die hegenden Grünröcke, was der längst zu Staub zerfallene Heilige Papa anno-batsch von sich gegeben hat?
Doch auch Heide-Dichter Hermann Löns, selbst ein passionierter Jäger, leistet ihnen da nicht gerade Argumentationshilfe. Der hatte dem heldenhaften „Mümmelmann“ in seinem gleichnamigen, unsterblichen Werk ein literarisches Denkmal gesetzt. Dieser Klassiker gehört zu den schönsten und anrührendsten Geschichten über Tiere und Menschen überhaupt. Löns schildert köstlich und mit beißendem Spott, mit welchen Listen der Protagonist seine Knubbendorfer Kumpels „Flinkfoot“, „Pielsteert“, „Slapuhr“ und „Trine Geelzahn“ vor den Treibjägern rettet. Er mag damit zugleich auch die Vorlage für Dr. Richard Kimble und seine Flucht geliefert haben. Dennoch: Viele Jäger sind des Hasen Tod, weiß der Volksmund. Siehe oben. Aber heutzutage hat der Bursche ja noch viele, viele andere Feinde. Deshalb: Alles kann und darf man unseren wackeren Nimrods jetzt auch nicht in die Schuhe schieben.
Ausgerammelt: Wer liegt künftig im Pfeffer?
Aber der Tag wird kommen, da kennen wir diese hakenschlagenden Langlauscher und Langlauscherinnen nur noch aus solchen Stories und Erzählungen, aus Büchern, Fabeln, Märchen oder Gleichnissen. Des Hasen Wettrennen gegen den Igel, bei dem er so blamabel den Kürzeren gezogen hatte, ist ja legendär. Wer tritt denn künftig gegen den Stacheligen an? Und wer sagt eigentlich später zusammen mit dem Fuchs in besonders trostlosen und weltabgeschiedenen Gegenden „Gute Nacht“? Wer liegt einmal im Pfeffer, wenn nicht er? Für „Hasenfuß“, einen ängstlich veranlagten Mitmenschen, oder „das Hasenpanier ergreifen“ für feiges Fliegen müssen wir uns dann auch andere Umschreibungen suchen, weil die lebende Entsprechung fehlt. Und was ist mit Rammeln als Proll-Code für Bunga-Bunga? Das tun die Viecher ja ausgiebig. Nutzt’s ihnen dauerhaft was? Nein! Gut, uns Menschen bevölkerungspolitisch auch nicht. Zumindest den Deutschen nicht. Die sterben ja aus…
„Auf dem Rasen rasen Hasen, atmen rasselnd durch die Nasen, Rasselnd durch die Nasen rasselnd rasen Hasen auf dem Rasen“, lautet ein überlieferter Zungenbrecher. Etwas anspruchsloser: „Hinter Hansens Hirtenhaus habe ich hundert Hasen husten hören“. Das war einmal. Heute ist man schon froh, wenn man einen einzelnen zu Gesicht bekommt - ober erkältet oder nicht …
Bürgerreporter:in:Jürgen Heimann aus Eschenburg |
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