Turteltaube oder Luftratte? Ruhrpott-Möwe Franz-Josef auf Verwandtenbesuch in Chicago
Burbach - Sie werden gehasst, und sie werden geliebt: Tauben. Trotzdem: Lieber eine solche auf dem Dach, als den Pleitegeier im Genick. Die einen sehen in ihnen “Luftratten“, für die anderen sind es Friedens- und Freiheitssymbole. Und man vergleicht sie hin und wieder sogar mit unseren Volksvertretern: Tauben seien wie Politiker. Ähmmm? Sind sie unten, lassen sie sich füttern, sind sie oben, kacken sie einem auf den Kopf!
Welcher Kategorie auch immer die auf dem Foto leicht verschnupft dreinblickenden Vertreter aus der Familie der „Columbidae“ zugeordnet werden müssen, nach einem entspannten vorweihnachtlichen Schaufensterbummel sieht das hier jedenfalls nicht aus. Auch nicht nach einem Sonnenbad. Den Dachhasen ist das Gurren ganz offensichtlich im Halse stecken geblieben. „Columbidae“ ist die wissenschaftlich-lateinische Bezeichnung für diese der Klasse der Kiefernmäulern zugeordneten Vögel. Hat jetzt nix mit Columbus zu tun. Ganz andere Baustelle!
Frieren die etwa? Kann schon sein. Das Foto entstand gestern in der City von Chicago, und dort ist es mit 9, aber gefühlten 15 Grad minus derzeit leicht unterkühlt. Zudem bläst ein schaurig- eisiger Wind durch die Betonschluchten. Die Pigeons hocken erstarrt zusammen, suchen die Nähe der Gebäude und die des Menschen. Als Smog-Vogel hat man es auch nicht immer leicht. Anstalten, irgendeinem Passanten in gebratenem Zustand in den Mund zu fliegen, machen die Tiere ebenfalls nicht. Schlaraffenland ist weit weg, zumindest von Amerika aus.
Für die NSA uninteressant
Wären es Brieftauben im aktiven Liniendienst, die NSA hätte sich bestimmt schon ihrer angenommen. Da es sich aber um gemeine, nichtsnutzige und den Tag vertrödelnde Großstadtdschungel-Bewohner handelt, interessieren sich Keith Alexanders Turbo-Schnüffler nicht für sie. Sie bleiben sich selbst überlassen und hoffen auf bessere Zeiten. Zumal sich die buckelige Verwandtschaft aus Deutschland zu Besuch angesagt hat. Vetter Franz-Josef aus dem Siegerland möchte die Weihnachtsfeiertage bei seinen Lieben in Illiinois verbringen. Man hat sich schließlich lange nicht gesehen. Der rot-blau beringte Täuberich (Spitzname: Speedjunkie) ist der beste und schnellste Gaul im Rennstall des Wilnsdorfer Züchters Karl Bräsig und der unbestrittene Star des hiesigen Brieftaubenvereins „ Taube Nuss“. In der zu Ende gegangenen Rennsaison war Franz-Josef allein achtmal von der Pool-Position aus gestartet. Keine Ruhpott-Möwe der Region war 2013 erfolgreicher als er.
Den Ferien-Tripp ins Land von Barackse Ubumba hat er sich also redlich verdient, mag sich da aber lieber doch nicht auf die eigenen, durchtrainierten Schwingen verlassen. F.J. reist per Flugzeug, vom Burbacher Siegerland-Airport aus. Auch weil dort die Zollgebühren niedriger sind als auf dem neuen Geisterflughafen Kassel-Calden. Dabei hätten sich gerade die Nordhessen über eine zusätzliche Flugbewegung mächtig gefreut. In deren mageren Statistik zählt schließlich jeder Take-Off und jeder Touch-Down.
Turteln an Bord von Hicken-Air
SiLa-Flughafen-Geschäftsführer Henning Schneider hat den prominenten Reisenden persönlich verabschiedet. Der graue Gummiadler jettete als VIP First-Class mit einem Sonderflug der Hicken-Air mit Flugkapitän Thomas Holz am Steuer über den großen Teich. Das Ticket war zwar etwas teurer als das bei Hellertal-Aviation, dafür sind aber die Täubchen, pardon, die Stewardessen hier hübscher und williger. Man muss schließlich Prioritäten setzen – auch als Turtel-Täuberich. Schließlich waren F.J.‘s Ahnen in der Antike ja auch der Liebensgöttin geweiht. in Babylon der Ischtar, im westsemitischen Raum der himmlischen Astarte, im Hellenismus der Aphrodite und im Römischen Reich der Venus. So was verpflichtet schon.
Und Franz-Josef kann einen anderen Zweig seiner Familienlinie direkt bis Noah zurückverfolgen. Der gilt ja als eigentlicher Begründer der Brieftauben-Post. Als die Sintflut damals zu versiegen begann, ließ der drei Mal eine Taube starten. Jene mit der Flugnummer 2 brachte als Zeichen des Friedens ein frisches Ölblatt in ihrem Schnabel zurück. Das sei aber ein Männchen gewesen, behauptet zumindest der Logopäde meines Vertrauens. Ein Weibchen hätte nämlich niemals so lange die Klappe halten können.
Bürgerreporter:in:Jürgen Heimann aus Eschenburg |
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