Peppig-festlich-klangvoll: Eine rockende Weihnachtstanne, die auch nach 15 Jahren noch nicht nadelt
Es gibt zwei Ereignisse, die Außenstehende mit dem Namen Remscheid in Verbindung bringen. Ein traumatisches, negativ belastetes und ein positives. Ersteres war der tragische Absturz eines US-amerikanischen Militärflugzeugs vom Typ A-10 Tunderbolt vor 26 Jahren mit sieben Toten, 50 Verletzten und 20 zerstörten Häusern. Zu den angenehmeren Punkten mit hohem Wiedererkennungsfaktor zählt hingegen der rockende Weihnachtsbaum, der seit 15 Jahren im hiesigen Teo-Otto-Theater mit den Zweigen wackelt und immer noch nicht nadelt.
"Rockin' arround the X-Mas-Tree" lautet das seit eineinhalb Jahrzehnten unveränderte Motto dieser festlich-peppigen Weihnachts-Revue, die jeweils Besucher aus weiten Teilen Deutschlands in die auf den Höhen des Bergischen Lands gelegene "Großstadt im Grünen" lockt. Dahinter stehen mit dem Musiker, Chorleiter, Kantor und Arrangeur Christoph Spengler ein regionales aus dem 17 Kilometer entfernten Wermelskirchen stammendes Eigengewächs und eine Frau mit einer ein klein wenig weiteren Anreise: Nicole Berendsen. Die niederländische Nachtigall garantiert volle Häuser und ist das personifizierte Zentralgestirn dieser schon als Selbstläufer geltenden Doppelpack-Showreihe, die, lange bevor sich der Vorhang hebt, jeweils restlos ausverkauft ist. So auch in diesem Jahr.
Rudolfs rote Nase
Die beiden Vorstellungen im hiesigen "Kulturpalast" kamen als klangvolles Festmenü daher ließen beim Publikum keine Wünsche offen. Im Auditorium saß ein nicht gerade unerheblicher Prozentsatz an Stammgästen, die jeweils wissen (oder es zumindest glauben), was da auf sie zukommt und auf was sie sich da eingelassen haben. Rudolf holt sich, darauf kann man wetten, bei diesen Gelegenheiten stets eine rote Nase. Aber neben den klassischen, obligatorischen Weihnachtsweisen, den europäischen wie denen aus Ami-Land, servierten die Protagonisten auch etliche neue, überwiegend fetzige, ideenreich arrangierte Songs dieser Kategorie.
Dass bei diesen Anlässen nicht gekleckert, sondern geklotzt wird, hat sich inzwischen herum gesprochen. Und das gilt für die inhaltliche Bandbreite, sondern auch für personelle Ausstattung der Show. Neben seiner wieder bestens disponierten X-Mas-Band, Bläser und Streicher inklusive, konnte Christoph Spengler auf einen wirklich famosen sechsköpfigen Begleitchor zurückgreifen. Hinzu kamen Kinder aus den Grundschulen Menninghausen und Dörpfeld/Struck. Als Moderatoren führten Jochen Sahm und Pfarrer Friedhelm Krämer beredet durch den Abend bzw. den Nachmittag. Ach ja, der „Spezial-Gast“, neudeutsch „special guest“. Gab’s diesmal natürlich auch: „DMJ“. Das Kürzel steht für David-Michael Johnson. Ein begnadeter, wie die Gastgeberin im Musical-Genre verhafteter, in unzähligen „Bühnenschlachten“ erprobter Künstler, ob „Starlight Express“, „Jesus Christ Superstar“, „ Miss Saigon“, „Tabaluga & Lili“ „Die zehn Gebote“ oder „We will rock you“.
Ganz ungezwungen unter Freunden
Stimmlich eine perfekte Ergänzung zu Nicole Berendsen und genauso sympathisch und unkompliziert wie diese. Ihr „Juchuu, ich bin wieder in Remscheid“ war eingangs nicht nur so daher gesagt. Die Frau weiß sich hier unter Freunden. Sie punktet durch ihre fröhliche, ungezwungene Art, aber vor allem durch ihre facetten- und modulationsreiche, voluminöse Hammerstimme, die es mal krachen lässt, mal schmeichelt und säuselt und sich dann wieder kraftvoll ganz nach oben schraubt. Ihre stilistische Bandbreite ist legendär. Mühelos jongliert die Entertainerin zwischen den klanglichen Welten, ist im Gospel ebenso zu Hause wie im Swing, Jazz oder Rock. Und das wirkt niemals angestrengt oder gezwungen.
Gut, konzeptionell war und ist diese Konzertreihe auf Weihnachten ausgerichtet. Insofern sind „Mary, did you know“ , „Merry Christmas Baby“ oder „Underneath the tree“ ja fast schon Pflichtübungen. Apropos Baum: Der mag sich in seiner grellen poppigen Buntheit in diesem Jahr eher an den geschmacklichen Präferenzen unserer Bündnispartner jenseits des großen Teichs orientiert haben. Aber aus dem angelsächsischen Sprachraum stammen ja schließlich auch einige der schönsten, unsterblichen Weihnachtweisen dieses Planeten. "Santa Claus is coming to Town" mag dazu zählen, ein Zipfelmützen-Stück, das Nicole Berendsen, DMJ und die fidelen Grundschulkinder gemeinsam als Zugabe anstimmten. Zuvor hatten der US-Amerikaner mit seinen jungen Kollegen Hendrik und Ines ihren sich wie ein roter Faden durch die Show ziehenden Wunsch "Let there be Peace on Earth" Nachdruck verliehen. Die Set-List war lang und mit Bedacht zusammen gestellt. „Listen tot he Bells“, das die Gastgeberin nach dem Eröffnungssong „Born on Christmas Day“ ganz zu Anfang im Duett mit ihrem „Special“ vorgetragen hatte, fand sich ebenso darauf wie beispielsweise „I saw Mommy kissing Santa Claus“, „His Name shall be called“ oder „Breath of Heaven“. Und das war nur die Spitze des Eisbergs.
„Love-Songs im Breitbild-Format“
Ein klangvolles, ebenso besinnliches wie peppiges Weihnachtsgeschenk an die Remscheider und ihre Gäste. Natürlich sieht man/frau sich, wenn nix dazwischen kommt, wieder. Spätestens Ende des nächsten Jahres. Gleiche Welle, gleiche Stelle. Doch zuvor geht es daselbst erst einmal um die Macht der Liebe. Christoph Spengler lässt seiner beliebten Konzertreihe „The Power of Love“ eine weitere folgen. Am Sonntag, den 31. Mai 2015 wartet im Teo-Otto-Theater „Kuschelrock im Last Night Of The Proms-Stil“ auf die Besucher, „Love-Songs im Breitbild-Format“, wie es in der Ankündigung heißt. Und bei der Besetzungsliste setzen die Veranstalter noch eins drauf. Nicole Berendsen und DMJ sind, Ehrensache, natürlich dabei. Und sie bekommen mächtig Verstärkung, in Gestalt von Silvia Vicinelli und „El Comandante Khashoggi“ alias Martin Berger. Dann zeigt sich der berüchtigte Geheimdienstchef der Killer-Queen, als der er zur Zeit und noch bis 9. Januar in der Alten Oper in Frankfurt zu sehen ist, von einer ganz anderen Seite…
Die vier populären Musical-Stars werden von einer großen Live-Band und dem Remscheider Jugendorchester getrieben. Bei der Zusammenstellung des Programms konnte freilich noch niemand ahnen, dass sich der große Joe Cocker wenige Tage vor Weihnachten 2014 in den Rock-Himmel verabschieden würde. Aber die Reibeisenstimme aus Sheffield und ihre Songs bleiben unsterblich. Insofern sind Titel wie „Up where we belong“ oder „Unchain my Heart“, wie sie sich auf der Set-List finden, auch als Reminiszenz und als tiefe, posthume Verbeugung vor diesem großartigen Künstler zu verstehen.
Bürgerreporter:in:Jürgen Heimann aus Eschenburg |
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