Kulturkapelle: Ruhrpott-Barde Martin Bauer packte ganzen Sack voll Mitsing-Klassikern aus
Gut, der berühmte „Geheim-Tipp“ ist ja jetzt auch so eine ausgeleierte Vokabel. Ganz davon abgesehen, dass die Aubacher Kulturkapelle („KK“) dieser Kleidergröße längst entwachsen ist. Das kleine, uralte Kirchlein, auf Augenhöhe mit der ähnlichen Zwecken dienenden Ewersbacher Johanneskapelle, ist eine Location, in die sich der Rezipient guter, handgemachter Musik sofort verliebt. Und das gilt genauso für jene, die drin agieren. Allerdings gilt die Einschränkung: Sitzen mehr als 80 Gestalten im Auditorium, muss die Stätte wegen Überfüllung geschlossen werden.
2017 hatten Ralf Triesch und Andreas Rompf vom Fachdienst „Öffentlichkeitsarbeit“ der Haigerer Stadtverwaltung den „kühnen“ Plan ausgeheckt, daselbst eine regelmäßige Veranstaltungsreihe zu etablieren. Das Konzept sah jeweils drei Konzerte im Frühling und drei im Herbst/Winter vor, wobei es vor allem kleinere Combos (ohne Schlagzeug) bzw. Einzelinterpreten sein sollten, die hier für die entsprechende Geräuschkulisse sorgen sollten.
Der Erfolg gab den Vätern dieses Gedankens Recht. In Folge traten hier Künstler auf, von denen die meisten Zuhörer zwar zuvor noch nie etwas gehört hatten, die sie aber in der Regel schon nach wenigen Takten ins Herz schlossen. Apropos noch nie gehört. Ausnahmen bekommen die Regel. Öli Müller und sein kongenialer Partner Peter Schneider, zwei Klampfen-Virtuosen mit Heimvorteil, waren hier schon dreimal zugange. Und das vermutlich auch nicht zum letzten Male.
Inzwischen ein Selbstläufer
Mittlerweile ist es so, dass die Hausherren gar nicht mehr nach neuen Talenten suchen müssen. Die melden sich nämlich von selbst, um hier auftreten zu können. In den einschlägigen Kreisen hat es sich längst herumgesprochen, dass man/frau hier gut bedient wird – was übrigens auf Gegenseitigkeit beruht.
Zwischen Hannes Wader und Rio Reiser
Jüngst sollte in der „KK“ ein Herr aus Wanne-Eickel aufschlagen und damit die 4. Saison eröffnen. Ganz netter, sympathischer Typ. Allerweltsname. Martin Bauer. Hatte seine Frau mitgebracht, die sich aber aufs Zuhören beschränkte. Ansonsten: Zwei akustische Sechssaiter (wobei das eine Holz nur in Reserve stand), minimalistische Sound-Equipment. Das war’s. Aber dann. Der Ruhrpott -Barde, seit 1990 als Profi-Zupfer „on the road“ quer durch Germanien, hatte seine „mitsingende Gemeinde“ vom ersten Takt an im Griff. Im Gepäck: Lauter Mitsing-Klassiker aus der Rock, Pop-, Blues- und Liedermacher-Ecke aber auch Stücke aus eigener Produktion.
Da kamen Hannes Wader, Karat, Reinhard Mey, Herbert Gröhlemeier („Segelflieger im Bauch“) und Rio Reiser ebenso zu ihrem Recht wie Pete Seeger, die Export-, pardon, die Pilz-Köpfe, Udo Jürgens („Kriech‘ ich hier Wein, oder kriech ich hier kein?“, oder so ähnlich) und Rudi Carrell. Dessen Frage, wann es denn bitteschön mal wieder richtig Sommer werde, dürfte sich ja nach dem Hitze-Terror des Jahres 2019 von selbst beantwortet haben.
Ein Lagerfeuer-Gitarrero
Bauer ist ein Vollblutmusiker – und nebenbei ein wortgewandter Conférencier. Allein seine Anmoderationen und Erklärtexte waren den Abend schon wert. Lustig, unterhaltsam, pointiert. Und der Mann fühlt sich auch eher der Fraktion der „Lagerfeuer-Gitarristen“ zugehörig als der jener, die sich ständig dazu aufgerufen fühlen, zeigen zu müssen, welch virtuoses, solistisches Potential in ihnen steckt.
Seine Spieltechnik ordnet sich den Songs unter, es geht um Authentizität, Wiedererkennung, Verständlich- und Nachvollziehbarkeit. Aber auch um viel Spaß. Da wären aufgesetzte, solistische Nullnummern nur störend und kontraproduktiv gewesen. Der Mann darf sicherlich wiederkommen.
Weiter geht’s, gleiche Welle, gleiche Stelle, bereits am 27. März mit dem gemischten Duo „John Cordi“. Am 24. April packen „Wait for June“ ihre Instrumente aus. Das Herbst-Einter-Semester eröffnen dann am 18. September „Take five“. Am 6. November geben sich „Corde Celesti“ hier die Ehre.
Bürgerreporter:in:Jürgen Heimann aus Eschenburg |
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