Perchta oder Prende - wie ein illyrischer Kult zu uns ins Alpengebiet kam.
Über die Hintergründe des Perchtenbrauches und über die alte Muttergöttin Perchta wird viel spekuliert. Gerne wird die Ableitung des Namens aus germanischem Brauch und germanischen Sprachen ab zuleiten versucht. So bedeutet peraht leuchtend. Viele sehen mit Perchta die gleiche spirituelle Kraft wie bei Frau Holle gemeint. Ein auf der einen Seite unheimliches Wesen, das zwischen den Zeiten des neuen Weihnachtstermines (24. Dezember) und des alten Weihnachtsfestes (6. Januar) die Rauhnächte unsicher macht, Gute belohnt und Böse oder Unfolgsame bestraft. Wie Holle wird Perchta gerne in den nordischen Mythenkreis eingeordnet und in die Nähe zu Hel, der Unterweltsrichterin gerückt. Zusammen mit Wotan und dem wilden Heer soll Sie durch die Lüfte rauschen und den Winterstürmen den Weg bereiten.
Eine in Hinsicht auf die früher öfter auch tödlichen Unbilden des Winters und Ihrer Deutung durch die durch christliche Propaganda vor allem Unerklärlichem, damit Gottlosem und Höllischen in Todesangst versetzten Bevölkerung sicher eine einleuchtende Erklärung. Eine nördliche Abstammung scheint mir nach jetziger Sicht allerdings völlig abstrus: Wie ließe es sich sonst erklären, dass Perchtenläufe und das Erscheinen der Percht im Brauchtum nirgends im deutschen Norden, aber in gesamt Südosteuropa gebräuchlich sind. Die Erklärung nur aus der Brauchtumsfeindlichkeit und spiritueller Kargheit des Protestantismus allein, ist etwas sparsam.
Anders als Holle entstammt Perchta trotz aller Ähnlichkeiten nämlich den Kultkreisen und Göttersagen des Mittelmeeres und davor den matriarchalen Donaukulturen. Über den Jahreszeiten- ,Fruchtbarkeits- und Auferstehungskult der eleusischen Mysterien um die jugendliche Persephone (Kore), die mütterlich fruchttragende Demeter und die gealterte Todesgöttin Persephone und ihre BegleiterInnen Baubo, Hekate, Artemis habe ich hier viel geschrieben.
Ebenso findet man hier Texte über die späten Formen des Perchtenlaufes mit Santa Lucia oder die drei heiligen Frauen , die Bethen (Ambeth, Borbet und Wilbeth) und Ihre christlichen Ersatzheiligen Santa Barbara, Santa Katharina und Santa Margaretha. Wie sollten aber altgriechische Kulte ganz ohne Übergangsstufen unerkannt in neuzeitlichen Brauch im Alpenraum und in ostslawischen Gebieten übergehen?
Im nordgriechischen Raum finden sich bei Winterbrauchtum und im Karneval deutliche Figuren, die an den Kult um Persephone erinnern. Unerklärlich blieben mir bisher die Bräuche mit Vogelmasken in Bulgarien (Kukeri) und in Venedig (Pestdoktor) und ihre Beziehung zu Bräuchen im Iran und in der vorgeschichtlichen Türkei (Catal Hüük mit den Geiern) Im Iran wird seit der alten Religion des Zoroaster (Zarathustra) auf den Türmen des Schweigens eine Bestattungsform mit dem Verfüttern von Verstorbenen an aasfressende Vögel auch heute noch allerdings erschwert durch islamische Verbote ausgeübt. Wie gelangte die Verehrung der Vögel als Gottesboten und Wahrsageträger bis in die römische Kultur und gar bis in den venezianischen Karneval?
Eine Studienreise in die Museen und Ausgrabungsorte des Balkan hat mir jetzt ein wenig die Augen geöffnet. In der Religion der Illyrer, einem aus Nahost mit Beginn der Eisenzeit an die Westküste des Balkan eingerückten Stammesverbundes, spielen im Süden die Schlangenverehrung im Norden der Vogelkult eine wichtige Rolle. Beide Tiere scheinen aber schon in den neolithischen Donaukulturen Starcevo , Karnovo und besonders Vinca eine herausragende Rolle im Kult gespielt haben. Maskengesichter an kleinen Mutterfigürchen zeigen Vogelschnäbel und/oder Dekorationen in Schlangenform, gleiches gilt übrigens auch für frühgriechische Idolfigürchen. Über die Rolle der Vögel als GöttInnenboten habe ich geschrieben.
Die Schlange wird als Tier, dessen Biss ohne wirklich sichtbare Wunde über Weiterleben oder den Gang ins Totenreich entscheidet, von frühen Gesellschaften als göttlich verehrt. Andererseits wussten die alten Ärzte das Gifte evtl. in geringer Konzentration aber vielleicht sogar ganz im Gegenteil auch Leben retten können (deshalb auch das Tiersymbol der Schlange , die sich um den Stab des Asklepios, dem Gott der Ärzte , windet). Auch als phallisch männliches Prinzip wird sie angesehen und wird deshalb in den monotheistischen Religionen in Konkurrenz mit dem männlichen Schöpfergott, als Lebensspender mit Alleinanspruch, natürlich schon sehr früh als das Böse an sich angesehen und verteufelt.
Das Götterpaar Prende und Perendi wird im illyrischen Götterhimmel mit Sonnen- und Mondsymbol identifiziert. Prende führt als Erd-und Fruchtbarkeitsgöttin die Linie der altorientalischen Magna Mater aus dem fruchtbaren Halbmond fort. Perendi als Donner-Regen- und Wettergott entspricht der Urform des späteren monotheistischen patriarchalen Gottvaters z.B. Allah, Aton oder Jahwe, der zunächst immer nur als gleichgestellter Gemahl der Muttergöttin oder deren geliebten Sohn in Erscheinung tritt.
Auch noch im heutigen Albanisch, das viel von der illyrischen Sprache bewahrt hat, werden Göttinnen als "Perendesha" übersetzt. Verschliffen ausgesprochen lassen sich auch hier Ähnlichkeiten mit Perscht, Perschta, Perchta erkennen. Leider wurden Darstellungen der illyrischen Prende vom Christentum zerstört , sind auch kaum nachweisbar überliefert. Perendi, das männliche Gegenstück, wird dagegen oft als Reiter wiedergegeben, der als Sinnbild der illyrischen Kultur sehr verbreitet, leider durch Inschrift selten so benannt, aber sogar in den Darstellungen sogar bis in die frühe christliche Sekte der Bogumilen verfolgt werden kann.
Von den Römer bis über den Alpenkamm verbreitet, wird der Kult beider Gottheiten meist bald mit den Namen anderer römischer Göttern analog überdeckt und ersetzt. ( z,B. Kybele, Juno, Diana, Proserpina, Jupiter, Mars, Apoll, Mithras)
Bürgerreporter:in:Maskenmuseum Michael Stöhr aus Diedorf |
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