Fasching- eine andere Perspektive

Freilich sind Sie jetzt traurig, dass fast die ganzen Karnevalsfeiern und Faschingsumzüge wegen Covid 19 nicht stattfinden – nicht so stattfinden wie Sie es in all den Jahren zuvor gewohnt waren.
Da hat man sich jetzt ein ganzes Jahr regelkonform verhalten, hat ja sogar die Pflichtmaskierung dieses unangenehmen Mund-Nasenschutzes akzeptiert ! Da hat man/frau sich so darauf gefreut, in der Masse gleich Gesinnter, gleich Entfesselter endlich wieder wenigstens zwei , drei Abende ein Bisschen aus der eigenen Rolle fallen zu dürfen! Längst hat man in Gedanken schon in der großen Kiste im Dachboden gewühlt, wo all die Requisiten vergangener Maskierungsspiele mottensicher und dem Alltagsblick verborgen aufbewahrt werden, hat sich ausgemalt, wie frau als verführerischer Vamp, leichtfüßige Ballerina, man als verwegener Pirat, eiskalter Revolverheld unter den anderen Rollenspielern gleichgesinnt fröhlich und hemmungslos neuen Kontakt eröffnen würde.
Lockdown, aus mit all den Wünschen, weggesperrt zu Hause!
Der Fernseher rührt in aufgebrochenen Wunden, bringt weinerlich nostalgische Bilder früherer Faschings-highlights, verliert sich in Historie und Psychologie:
Nachweisbarer Ursprung des Karnevals liegt in der römischen Gesellschaft. Am Ende des römischen Jahres an den Saturnalien wurden Angestellte mit Geld und Feiern entlohnt und selbst die Sklaven durften mit dabei sein. In den Kleidern der wohlhabenden Besitzer und vornehmen Damen wurden sie von Ihren Herren selbst bedient und durften diesen sogar ihre Meinung sagen. Durchaus vernünftig auf kommende Sklavenjahre war es wohl, wenn man die Gelegenheit nicht zu sehr ausnützte. Auch die mittelalterliche Adelsschicht erkannte in den Jahrhundert darauf, dass nur ein sich zumindest einmal im Jahr glücklich und frei fühlender Leibeigener und Tagelöhner wiederum ein Jahr lang ohne Murren zur Arbeit zwingen lies.
Da der Adel und die reichere Bürger- und Handwerkerschicht 40 Tage vor Ostern auf alle tierischen Speisen der Erde(außer den Lebewesen im Wasser) verzichten musste, war beim großen Restevertilgen (Carne vale = Fleisch ade) auch noch genug da für den großen Hunger der Tagelöhner, die sich ohne Einkommen über den Winter mit Haferschleim und Saurüben (wenn überhaupt) zu ernähren hatten. Um vom Tisch der Reichen zu bekommen, zogen die Armen und Kinder von Gutshof zu Gutshof und versuchten mit Gesang, Schüttelreimen und einfacher aber lustiger Maskierung Aufmerksamkeit und Nahrung zu bekommen.
Festgelegte Feiern bringen Rhythmus in unseren gleichförmigen Lebenskreislauf. Eine Unterbrechung sich immer wiederholend gleicher Abläufe im Arbeitsleben lässt uns durchschnaufen und nachdenken. Feiern in wöchentlichem oder gar täglichem Rhythmus werden selbst schon wieder zum “Arbeitsalltag“. Die Zeit zum Ausspannen von diesem dauernden Feierzwang, dieser Erlebnissucht wird uns genommen, wir können uns über Erlebtes nicht mehr genug freuen und es innerlich verarbeiten.
Lockdown ist Zwang und damit ärgerlich. Sehen wir es trotzdem positiv, bekommen wir viel, gefühlt vielleicht sogar zu viel Zeit geschenkt, uns länger mit uns selbst zu beschäftigen. Grübeln bringt ja nun nicht oder nicht ganz so schnellen Spass wie Feiern. Unser Rollenverhalten, die unterschiedlichen Personen, die wir gegenüber unseren Kindern, unseren Lebenspartnern, unserem näheren Freundeskreis, unseren Arbeitskollegen ausfüllen, diese unterschiedlichen Masken, die wir dauernd durchwechseln müssen, lassen uns ja schon erkennen: Es gibt uns als Mensch gar nicht in einer ganz klar umrissenen Form. Jeder nimmt uns ja ganz anders wahr und so variabel ist das natürlich auch mit dem Gesamtbild aus gesprochenen und nicht gesprochenen Äußerungen, die andere uns gegenüber zeigen.
Lassen wir doch einfach mal für eine Saison unseren ganzen Maskierungsplunder, unsere Rollenrequisiten droben in der Kiste auf dem Speicher und versuchen wir mal öfter in die Rolle des Arbeitskollegen zu schlüpfen, mit dem wir immer schon Ärger hatten,! Versuchen wir aus der Sicht unseres Lebenspartners zu verstehen, warum er/sie unser gemeinsames Konto, vielleicht auch nur unsere gemeinsam zur Verfügung stehende Zeit für ganz andere ihm allein wichtige Interessen anzapfen muss! Lassen wir uns auch hinter der Maske eines konsequent erziehenden Erwachsenen die Sicht auf die oft freilich ganz anderen Wünsche und Sichtweisen unserer Kinder nicht nehmen! Perspektivenwechsel ist auch in Coronazeiten ein spannender Ausbruch aus langweilig gleichem Rollenverhalten. Daher weg mit den verborgenen Masken!
Einmal aussetzen erhöht die Freude auf den Fasching 2022!
Wer es nicht aushält, kann natürlich spätestens im nächsten Sommer wieder im Maskenmuseum Diedorf nicht nur gar wunderliche Masken sehen und spannende Geschichten dazu hören, er darf freilich auch nach Lust und Laune unterschiedlichste Masken aufsetzen und ganz und gar ungewöhnliche Selfies schießen: Perspektivenwechsel eben auch ganz sinnenfreudig! Ich freue mich auch schon wieder auf Euch!Freilich sind Sie jetzt traurig, dass fast die ganzen Karnevalsfeiern und Faschingsumzüge wegen Covid 19 nicht stattfinden – nicht so stattfinden wie Sie es in all den Jahren zuvor gewohnt waren.
Da hat man sich jetzt ein ganzes Jahr regelkonform verhalten, hat ja sogar die Pflichtmaskierung dieses unangenehmen Mund-Nasenschutzes akzeptiert ! Da hat man/frau sich so darauf gefreut, in der Masse gleich Gesinnter, gleich Entfesselter endlich wieder wenigstens zwei , drei Abende ein Bisschen aus der eigenen Rolle fallen zu dürfen! Längst hat man in Gedanken schon in der großen Kiste im Dachboden gewühlt, wo all die Requisiten vergangener Maskierungsspiele mottensicher und dem Alltagsblick verborgen aufbewahrt werden, hat sich ausgemalt, wie frau als verführerischer Vamp, leichtfüßige Ballerina, man als verwegener Pirat, eiskalter Revolverheld unter den anderen Rollenspielern gleichgesinnt fröhlich und hemmungslos neuen Kontakt eröffnen würde.
Lockdown, aus mit all den Wünschen, weggesperrt zu Hause!
Der Fernseher rührt in aufgebrochenen Wunden, bringt weinerlich nostalgische Bilder früherer Faschings-highlights, verliert sich in Historie und Psychologie:
Nachweisbarer Ursprung des Karnevals liegt in der römischen Gesellschaft. Am Ende des römischen Jahres an den Saturnalien wurden Angestellte mit Geld und Feiern entlohnt und selbst die Sklaven durften mit dabei sein. In den Kleidern der wohlhabenden Besitzer und vornehmen Damen wurden sie von Ihren Herren selbst bedient und durften diesen sogar ihre Meinung sagen. Durchaus vernünftig auf kommende Sklavenjahre war es wohl, wenn man die Gelegenheit nicht zu sehr ausnützte. Auch die mittelalterliche Adelsschicht erkannte in den Jahrhundert darauf, dass nur ein sich zumindest einmal im Jahr glücklich und frei fühlender Leibeigener und Tagelöhner wiederum ein Jahr lang ohne Murren zur Arbeit zwingen lies.
Da der Adel und die reichere Bürger- und Handwerkerschicht 40 Tage vor Ostern auf alle tierischen Speisen der Erde(außer den Lebewesen im Wasser) verzichten musste, war beim großen Restevertilgen (Carne vale = Fleisch ade) auch noch genug da für den großen Hunger der Tagelöhner, die sich ohne Einkommen über den Winter mit Haferschleim und Saurüben (wenn überhaupt) zu ernähren hatten. Um vom Tisch der Reichen zu bekommen, zogen die Armen und Kinder von Gutshof zu Gutshof und versuchten mit Gesang, Schüttelreimen und einfacher aber lustiger Maskierung Aufmerksamkeit und Nahrung zu bekommen.
Festgelegte Feiern bringen Rhythmus in unseren gleichförmigen Lebenskreislauf. Eine Unterbrechung sich immer wiederholend gleicher Abläufe im Arbeitsleben lässt uns durchschnaufen und nachdenken. Feiern in wöchentlichem oder gar täglichem Rhythmus werden selbst schon wieder zum “Arbeitsalltag“. Die Zeit zum Ausspannen von diesem dauernden Feierzwang, dieser Erlebnissucht wird uns genommen, wir können uns über Erlebtes nicht mehr genug freuen und es innerlich verarbeiten.
Lockdown ist Zwang und damit ärgerlich. Sehen wir es trotzdem positiv, bekommen wir viel, gefühlt vielleicht sogar zu viel Zeit geschenkt, uns länger mit uns selbst zu beschäftigen. Grübeln bringt ja nun nicht oder nicht ganz so schnellen Spass wie Feiern. Unser Rollenverhalten, die unterschiedlichen Personen, die wir gegenüber unseren Kindern, unseren Lebenspartnern, unserem näheren Freundeskreis, unseren Arbeitskollegen ausfüllen, diese unterschiedlichen Masken, die wir dauernd durchwechseln müssen, lassen uns ja schon erkennen: Es gibt uns als Mensch gar nicht in einer ganz klar umrissenen Form. Jeder nimmt uns ja ganz anders wahr und so variabel ist das natürlich auch mit dem Gesamtbild aus gesprochenen und nicht gesprochenen Äußerungen, die andere uns gegenüber zeigen.
Lassen wir doch einfach mal für eine Saison unseren ganzen Maskierungsplunder, unsere Rollenrequisiten droben in der Kiste auf dem Speicher und versuchen wir mal öfter in die Rolle des Arbeitskollegen zu schlüpfen, mit dem wir immer schon Ärger hatten,! Versuchen wir aus der Sicht unseres Lebenspartners zu verstehen, warum er/sie unser gemeinsames Konto, vielleicht auch nur unsere gemeinsam zur Verfügung stehende Zeit für ganz andere ihm allein wichtige Interessen anzapfen muss! Lassen wir uns auch hinter der Maske eines konsequent erziehenden Erwachsenen die Sicht auf die oft freilich ganz anderen Wünsche und Sichtweisen unserer Kinder nicht nehmen! Perspektivenwechsel ist auch in Coronazeiten ein spannender Ausbruch aus langweilig gleichem Rollenverhalten. Daher weg mit den verborgenen Masken!
Einmal aussetzen erhöht die Freude auf den Fasching 2022!
Wer es nicht aushält, kann natürlich spätestens im nächsten Sommer wieder im Maskenmuseum Diedorf nicht nur gar wunderliche Masken sehen und spannende Geschichten dazu hören, er darf freilich auch nach Lust und Laune unterschiedlichste Masken aufsetzen und ganz und gar ungewöhnliche Selfies schießen: Perspektivenwechsel eben auch ganz sinnenfreudig! Ich freue mich auch schon wieder auf Euch!

Bürgerreporter:in:

Maskenmuseum Michael Stöhr aus Diedorf

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