Von den Wurzeln des Perchtenlaufes
Heute wird allgemein gesagt: Perchtenläufe gehen auf alte vorchristliche Kulte zurück, bei denen am Anfang des Jahres die todbringenden Kräfte der Wintergeister vertrieben und die lebensschenkenden Kräfte der Natur wieder erweckt werden sollten. Es waren also Kulte, die dem Menschen die Hoffnung auf eine Wiedergeburt geben sollten, ebenso wie ja auch in der Natur nach einem Verwelken und einer Auflösung neues grünes Wachstum aus dem Boden sprießt und die Tiere Ihre Jungen gebären. Es waren Perchtenläufe in die Natur hinaus, da ja dort und nicht in den Dörfern das große Keimen angeregt werden sollte und dort auch sichtbar wurde. Dieser Frühlingslauf, das Feiern im Freien hat sich bis in die Zeit des frühen Christentums in sehr vielen Religionen und Regionen so abgespielt und wurde durch viele unterschiedliche Mythen weiter erzählt.
Bekannterweise hat das schon bald zentral strukturierte Christentum, das uns und unsere Kultur über 2000 Jahre geprägt hat (nach einer anfänglichen Zeit der Christenverfolgung) mit aller Härte spätestens aber seit der Zeit der Völkerwanderung um 600 alle anderen Kulte bekämpft, bestenfalls auch durch Umdeutung der Mythen und Überbauung der Heiligtümer alle anderen Kulte ins Verborgene gedrängt. Aus dem Perchtenlauf und den Frühlingskulten der anderen Religionen wurde das Fronleichnamsfest, auf das Datum der Mittwinterfeiern der Wiederkehr des Lichtes willkürlich das Weihnachtsfest gesetzt.
So ist es nicht verwunderlich, wenn beim Hausbesuch des Krampus mit dem Nikolaus oder dem Perchtenlauf, keiner so recht Bescheid weiß, was er denn da so macht, oder was das Ganze soll, außer dass es halt Spaß machen soll.
Den punktuell genauen Anfang, Ort und Ablauf für einen Perchtenähnlichen Brauch an zu setzen, ist nun tatsächlich nicht möglich. Der entfällt freilich in eine Zeit vor Erfindung der Schrift und damit von genauer Beschreibung der einzelnen Kulte. Alles Wissen wurde mündlich immer von Generation zu Generation als Mythos(erzähltes Wort) weiter gegeben und hat sich wohl von Gruppe zu Gruppe dabei auch immer weiter verändert, so dass es immer über unterschiedlichste Kulturen hinweg eine Vielzahl ähnlicher Frühlingskulte gab, die sich dann auch durch Hören-und-Sagen im Austausch dieser Kulturen auch immer wieder bunt vermischt haben.
Den Glauben an eine Wiedergeburt gibt es bereits sehr früh schon beim Neandertaler , dem Jäger und Sammler, mit Begräbnissen, bei denen der Tote mit rotem Ocker (Blut als Lebenssaft) und Werkzeugen begraben wurde.
Der Beginn der eigentlichen Wiedergeburtskulte mit Sicht auf die Natur und den Jahreszeitenwechsel ist aber bestimmt auf die Welt der frühen Ackerbauern, die Pflanzerkulturen. Erst dort hat man Interesse, diesen jahreszeitlichen Wechsel positiv durch Kulthandlungen mit bestimmen zu wollen.
Bei diesen Völkern lag die Verwaltung des gemeinsamen Lebens, der zur Aussaat genutzten Erde und der Getreidevorräte in den Händen von Frauenkollektiven. Männer wurden anfangs noch für die Jagd, später, als man den Wildherden immer mehr nach ziehen musste, für die Beaufsichtigung der gezüchteten Herdentiere benötigt.
Beides machte ein dauerhaftes Wohnen im Dorf für die Jäger und Tiernomaden unmöglich. Ein kultisch organisierter Besuch der Dörfer zu bestimmten Feierlichkeiten in Tierfellen (evtl. Masken oder aufgesetzten Tierschädeln?) wäre denkbar. Neben Darstellungen weiblicher Weihefiguren, kleiner geschlechtsspezifisch übertriebenen weiblichen Idolen, fand man vor Allem in der Vincakultur viele kleine Idole mit solchen Maskengesichtern.
Diese neolithischen Siedlungsgebiete der Ackerbauern findet man zunächst im fruchtbaren Halbmond (Palästina, Syrien, Mesopotamien) dann in Anatolien und etwas später im Balkan entlang der unteren Donau und Ihrer Nebenflüsse. Kultformen um eine Muttergottheit, eine ganz frühe Vorform der Frau Perchta, die für den geregelten Ablauf der Jahreszeiten zuständig war , gelten als sicher, sind aber durch Zeitdokumente nicht nachweisbar.
Als am Ende des Neolithikums patriarchal organisierte Viehzüchtervölker aus dem Gebiet nördlich des Zagrosgebirges die Ackerbau treibenden Völker im fruchtbaren Halbmond unterjochen und zu Tributzahlungen zwingen, entwickelt sich die Schrift aus der Auflistung der unterschiedlichen Zahlungsobjekte. Mythische Erzählungen, die über die geheimen Mysterienreligionen Aufschlüsse geben , können nun auch aufgeschrieben werden. In den Kulturen Mesopotamiens verwendet man dazu Tontäfelchen mit eingedrückten Buchstaben, von denen man Tausende gefunden hat.
Eine sehr umfangreiche Geschichtensammlung erzählt uns über den Herrscherhelden Gilgamesch, der auf der Suche nach dem ewigen Leben, von der großen Göttin Innana/Ischtar verfolgt, den dichtbehaarten Tiermenschen Enkidu bezwingt und zum Freund bekommt, den Unglücksdämon Humbaba tötet, dafür Enkidu in die Welt der Toten verliert, und das Kraut des ewigen Lebens findet und letztlich doch wieder verliert. In dieser überlieferten Geschichte finden sich bereits sehr viele frühe Formen neuzeitlich immer noch aktiver Maskenbräuche wieder.
Humbabas Gesicht erscheint als apotrophäische, Unheil abwehrende Maske in sehr ähnlicher Form auf fast jeder indischen Hausfront und vielen euro-asiatischen Amuletten.
Enkidu, der Tiermensch, die animalisch wilde unkultivierte Seite , der dunkle Blutsbruder des strahlenden Helden Gilgamisch ist die erstmals schriftlich fixierte mythische Vorform der Waldmandl, der Wüaschtperchten. Die schon von Papa Freund psychologisch begründete Polarisierung Gut und Böse, Ich und Selbst, Ego und Gesellschaft, Kultur und Natur, findet so ja auch in sehr vielen anderen moderneren Erzählungen wie Dr.Jekyll/Mr. Hyde oder die Schöne und das Tier ihren Ausdruck. Auch die Konstellation aus Bär und Bärenführer vor Allem in den Fasnachten von Tirol ließe sich letztlich mit auf diese frühe Form zurückverfolgen.
Gilgamesch selbst ist als strahlender Held, weniger Ausdrucksform der matriarchalen Ackerbaukollektive, sondern entstammt als mythische Form bereits dem Einflussgebiet der patriarchalen nördlichen Nomadenvölker. Er ist die menschliche Verkörperung des Sol invictus, der über den Tageshimmel ziehenden Sonne, die nachts das Totenreich durchwandert und am Morgen wieder unbeschadet aufersteht, ein Symbol um das später Mitraskult und Christusverehrung wetteifern. Die Schön-Perchten mit Ihrem hutähnlichen Aufbau an Spiegeln und wertvollen Besitzgütern verkörpern auch im heutigen Perchtenlauf diesen kulturellen Hintergrund. Blumengirlanden, spitz wie eine Knospe zulaufende Hüte mit bunten Stoffstreifen lassen allerdings die Nähe zu agraren Kulten mit Frühlingsbrauchtum weiterhin vorherrschend erscheinen.
Mit in den erhaltenen Tontäfelchen der sumerischen Kultur beschrieben wird die Geschichte einer der Vorläuferinnen unserer Frau Perchta, Innana auf babylonisch Ischtar. Sie ist die Fruchtbarkeitsgöttin der Neolithiker, die mit der Übernahme der Aufgabenstellung einer Kriegsgottheit bereits die Einflussnahme kriegerischen Nomadenvölker aus dem Norden wie der Hethiter auf die Ackerbaukulturen in Mesopotamien verrät. Ischtar steigt in die Unterwelt in den Herrschaftsbereich ihrer Schwester Ereschkigal um ihr die Macht über den Tod ab zu nehmen, unterliegt aber und wird zum Bleiben verdammt. Mit ihrem Verschwinden wird der Kreislauf der Natur unterbrochen, es gibt keine Nahrung mehr.
Durch Einschreiten anderer Götter wie Enki kann Ischtar im Austausch gegen Ihren Sohn-Gemahl Tammuz (Dumuzzi) wieder auf der Erde für den Naturkreislauf und die Fruchtbarkeit sorgen. Aber auch Tammuz ,ein männlicher Fruchtbarkeitsgott der Flussüberschwemmungen , muss nur immer einen Teil des Jahres in der Unterwelt verbringen. Abgelöst wird er von seiner älteren Schwester Geschtinanna , die wie später Dionysos mit der Weinrebe dargestellt wird. Durch diesen Wechsel von Gottheiten in die Unterwelt wird der jahreszeitliche Wechsel erklärt: Überschwemmungen in Mesopotamien, Fruchtbare Phase mit Aussaat und Keimen, Trockene Phase mit Weinernte o. Ä..
Tammuzz oder Dumuzzi wird oft gerahmt von zwei Ziegen dargestellt. Auch zwei begleitende Frauen mit wasserausschüttenden Gefäßen bezeugen ihn als für die Fruchtbarkeit der Überschwemmungen von Euphrat und Tigris zuständig. Sein Gang in die Unterwelt und die Wiederauferstehung war für viele spätere Kulte und Religionen ganz wichtige bildliche wie geschichtliche Vorlage wie für die Geschichte von Adonis, Osiris, Orpheus und letztlich natürlich die Auferstehungsgeschichte von Jesus von Nazareth. Sein Kult und die damit verbundenen Frühlingszeremonien wurden vor Allem von Frauen ausgeführt. Im Buch Ezechiel im Alten Testament werden diese spätmatriarchalen Kulte später auch in Palästina so beschrieben.
Das scheint , wie nicht anders vermutet war, ein Zeichen dafür zu sein, dass dieser Kult selbst natürlich auf noch ältere vorschriftliche Kulte zurückgeht, bei denen der alte „König“ (derb gesagt der menschliche „Zuchtbulle der Priesterinnen“) im neolithischen Matriarchat nach Wettspielen durch einen jungen Nachfolger ersetzt wird. Dieser wird wohl bei seiner Initiation mit seinem Schicksal durch späteren gewaltsamen Tod bei Aufenthalt in dunklen Erdhöhlen, dem symbolischen Einzug ins Totenreich, vertraut gemacht worden sein. Eine solche Initiationshöhle, bei der auch Rauschmittel verabreicht wurden, findet sich beim mythischen Tor zur griechischen Unterwelt westlich von Delphi. Spätere Mythen über den gewaltsamen Tod von Orpheus, Dionysos, Osiris usw., die von Zerstückelung, Zerreisen durch exstatische Frauen reden, scheinen diese frühen Kultformen nahe zu legen.
In weit späterer Zeit in der griechischen Kultur erscheint nun dieser Kult des sterbenden und wiederauferstehenden Gottes in Hinsicht auf späteres Perchtenbrauchtum ganz besonders deutlich wieder durch den Kult um den griechischen Gott Dionysos lebendig geblieben zu sein. Vom kultischen Weingenuss berauschte Frauen töten den für die Natur zuständigen Halbgott. Als Gott der Natur wird Dionyssos (bei den Römern Bacchus) von ziegenähnlichen Naturgeistern, den Satyrn, (röm. Faunen) begleitet. Weingenuss, wie auch andere Formen natürlicher Rauschmittel wurden ja in fast allen Kulturen für Jenseitserfahrungen genutzt.
Im Umfeld des Dionysoskultes entsteht auch das antike und daraus wiederum unser heutiges Theater. In der Tragödie bestimmt ein Chor den Ablauf der Erzählung. Ursprünglich waren dies wohl die Tiergestalten der Satyrn (Ziegenmenschen). Tragos ist im Altgriechischen der Ziegenbock, Odos ist das Geschrei, der Gesang. Tragödie ist damit also der Gesang/Geschrei der Böcke (Perchten?). Die Komödie beschreibt einen von Freudenrufen oder Gesang begleiteten Lauf der Kultteilnehmer aus der Stadt hinaus in die Natur (Komos bedeutet im Altgriechischen: der Lauf)
Das Christentum der Völkerwanderungszeit findet in den antiken Vasenbildern mit Darstellungen dieser Satyrn eine trefflich passende Bildform für den Teufel. Satyrn , für Natur und Fruchtbarkeit zuständig (allerdings natürlich in der Betrachtungsweise einer Männergesellschaft), tragen stets ein überdimensionales männliches Glied zur Schau und sind als triebhafte Tiermenschen stark behaart. Bocksbeine und ein Ziegengehörn werden für das christliche Bild des Teufels, der ja auch die sündige Sexualität verkörpert, übernommen. Vor 600 .n.Chr. gab es in den 3 monotheistischen Religionen zwar jede Menge textlicher Erwähnung des Teufels, aber keine bildliche Vorstellung dazu.
Vor allem, was die triebhafte oder naturgebundene Seite des Menschen ausmachte, hatte der mittelalterliche Mensch davor aber eine tiefe Abscheu . Die Angst vor dem Wald, oder vor den Tieren und Menschen , die im Walde lebten, war sicher auch nicht ganz unbegründet (engl.:Landscape) und nur, was vom Menschen bewirtschaftet und kontrolliert werden konnte, war nützlich (Land-schafft). Naturschutz wäre so gesehen für das Christentum und die monotheistischen Religionen natürlich Unsinn: „ Machet Euch die Erde untertan“, die Stelle in der Bibel gilt für alle drei: Judentum. Christentum und Islam..
Versuchen wir nun zu allerletzt die Figur der Frau Perchta über die üblichen neuzeitlichen Deutungen der letzten christlichen Jahrhunderte hinaus rück zu deuten. Die Perchta erscheint meist als ältere Frau, wird andererseits aber auch als wunderschön, als die Leuchtende, bezeichnet. Manchmal ist sie vogelähnlich, meist ist Ihr Gesicht verborgen.
Natürlich waren die Reste eines Perchtenkultes , die es unter dem Christentum noch bis in unsere Zeit geschafft haben, immer nur mehr oder minder im Geheimen möglich. Sehr schnell wären die gar zu offen Beteiligten einer Säuberungsaktion als Hexen und Zauberer, als Sektierer und Teufelsanbeter zum Opfer gefallen.
Nie durfte also eine Göttin Perchta oder ähnliche andere Muttergottheiten offen angebetet und gezeigt werden. Aber auch die antiken Fruchtbarkeitsriten und Wiedergeburtsreligionen waren mystische, das heißt für die Öffentlichkeit verbotene Kulte, die nur von Eingeweihten besucht werden durften. Entsprechend gering sind damit selbst in geschichtlicher , schriftkundiger Zeit die Berichte von Zeitzeugen.
Die Verehrung einer weiblichen Fruchtbarkeitsgöttin ist seit der Steinzeit meist zunächst wohl in Verkörperung verschiedener Landschaftsformen wie Quellen, Flüsse, Bergformen, Bäume etc. anzunehmen. In der Jungsteinzeit lässt sich anhand der vielen Funde von vollbusig runden Idolen auf eine Verehrung eines der Natur obwaltenden weiblichen Prinzips, der Mutter Erde, schließen.
Mit Inanna/Ischtar wird dieses Prinzip erstmals nachweislich durch den Aspekt einer Todes- und Wiedergeburtsgöttin erweitert. Von früheren ähnlichen, schriftlich aber nicht so umfangreich beschriebenen mythischen Göttinnen darf man aber ausgehen. All diesen hier namentlich nicht aufzählbaren weiblichen Oberhäupter im Götterhimmel der Ackerbaukulturen ist aber meist die Obhut über den jahreszeitlich geregelten Wechsel anvertraut. Weiter im Norden ging es wohl weniger um den ein oder mehrmaligen Wechsel zwischen Trockenheit und Überschwemmung, als um den Wechsel zwischen Winter, Frühling und Sommer.
Die Geschichte von Inannas Gang und Wiederaufstieg aus der Unterwelt findet sich in der Antike später bei der Geschichte Penelopes in leicht veränderter Form nacherzählt. Die jugendliche Persephone (Kore, das junge Mädchen), wird von Hades geraubt und als Göttin der Toten eingesetzt. Da alle Nahrung durch Fehlen der Fruchtbarkeitsgöttin ausbleibt, verfügen die Götter , dass die Muttergöttin Demeter nach Persephone sucht und nach langer Suche tief traurig schließlich einen Deal mit Hades aushandelt: Persephone darf nun in steter Regel für je ein halbes Jahr wieder zur Erde zurück kehren. Bei den Mysterien in Eleusis wird die Muttergöttin in den drei Perspektiven und Personen: Kore(Jugend-Frühling), Persephone(Winter –Tod) und Demeter (Sommer-Fruchtbarkeit) verehrt.
Als weitere zentrale Figur eines verwandten Fruchtbarkeitskultes tritt neben den drei Frauengestalten Demeters Dienerin Baubo auf , die im keltischen Mythenbereich al Sheela-Na Gig, Göttin der (ungezügelten) Sexualität und Fruchbarkeit verehrt wird . Baubo soll Ihre Herrin Demeter durch das Zurschaustellen Ihres Schambereiches aus der tiefen Gram der vergeblichen Tochtersuche zum Lachen gebracht haben. Ganz wie die Figur der Frau Perchta tritt Baubo/ Babo in modernen Winterläufen in Thessalien als alte Frau gebückt und mit Gesichtsschleier auf und hat auch noch den alten Namen. Möglicherweise besteht hier auch noch eine Beziehung zur slawischen Form der Perchta, der Baba Jaga, die als böse Hexe aber bereits stark christlich überarbeitet ist.
Ebenfalls als Begleiterin der Persephone, die sie aus der Unterwelt zurück führt, begründet auch Hekate einen späteren Mysterienkult, der bis in modernes Hexentum hinüber führt. Die spätantike Hekate trismegistos zeigt als dreigestaltige Figur wiederum die Personifizierung der 3 Jahreszeiten/Lebensalter.
Eine Personifizierung der Jahreszeiten und Lebensalter findet man auch bei den drei Matronen, die die Römer am Niederrhein verehrt haben, dort vielleicht auch unter keltisch/germanischem Einfluss. Bei den Germanen waren es die drei Nornen, die den Schicksalsfaden spinnen . Einbeth, Wilbeth und Worbeth sind die verehrten Frauen am Oberrhein, Alpengebiet und Alpenvorland.
Fest steht ,dass unter Einfluss des Christentums diese Kultträgerinnen durch christliche Märtyrerinnen ersetzt wurden: K atharina, M argareth, B arbara, deren Anfangbuchstaben in alten Brauchtumsformen an die Türe gemalt wurden. K aspar, M elchior und B althasar ersetzen in patriarchalisch strukturierter Gesellschaft bald durch Ihre Namen die alten Frauennamen oder ein C hristos M ansionem B enedicat übermalt in Kirchenlatein die alten Kulte um die Magna Mater.
Als "missing Link" zwischen den antiken Kulturen im Mittelmeerraum und neuzeitlichem Perchtenbrauch in Österreich/Ungarn ist auch durch die geographische Lage im Westbalkan, die ursprünglich illyrische Fruchtbarkeitsgöttin Prende zu nennen, deren Kult durch die Römer noch zu Zeiten des Frühchristentums bis in den Norden verbreitet wurde, Der slawische Name für Göttin: Perendisha ließe sich vielleicht durch Buchstaben-verschleifung und Verkürzung auf Perschta, Perchta hin verändert sehen.
Unsere Frau Perchta erscheint in unterschiedlicher Gestalt, eine möglicherweise dreigestaltige Urform war vielleicht auch nie vorhanden. Gerade im voralpenländischen Brauch erscheinen dagegen oft auch Masken mit einer positiv und einer negativ belegten Seite: Der Sonne oder der Sonnengöttin auf der einen und der Hexe oder des Teufels auf der Rückseite der Maske. Ein Motiv , das im Dualismus des Christentums von Gut und Böse zu verstehen ist, leicht aber in die Deutung der mönchischen Kirche: Frau/Hexe – Mann/gläubiger Mönch wie im „Hexenhammer“ abrutscht.
Das männlicher Nomadenkultur entwachsene Sonnenmotiv eines Sol invictus (unbesiegte Sonne-Sonne als Zeichen der Wiedergeburt), was für Apoll, Mitras aber auch dann in der Übertragung auf Christus ausgewählt wurde, war später Zeichen der Herrschaftspyramide des Adels. Sonnenmasken wurden aber auch von Moriskentänzern, dh. dem fahrenden Volk, das sich nach der Zerschlagung der maurischen Staaten im Süden von Spanien und Südfrankreich an den europäischen Königshäusern gegen Geld verdingte, getragen. Diese bunt gekleideten Tänzer umringten in tänzerischer Selbstdarstellung eine (oft auch von Männern gespielte) weibliche Figur mit Sonnenmaske, die als Schmeichelei an die sonnenähnlich strahlende Hausherrin gedacht war.Von diesem Sonnenmotiv in der Maske ist unserer heutigen Frau Perchta allerdings auch recht wenig geblieben.
Mehr ist sie in all Ihren maskierten Erscheinungsformen, zumindest was ihr zweites Janus-artiges Gesicht anbelangt, dem mittelalterlich christlichen Verständnis von Hexe nahe gerückt. Wenn man die ganze Bedeutung berücksichtigt, die die unterschiedlichen Kulte der großen Mutter mit all Ihren Facetten zwischen Lebensschöpferin und Totengöttin, Fruchtbarkeits- und Sexidol, Göttin über Jahreszeit und Naturgewalten, umhegende Mutter und zerstörerische Urgewalt schon aufgerollt haben, sind die tourismusorientierten unverstandenen Perchtenläufe heutiger Tage leider ein sehr müder Nachhall..
Bürgerreporter:in:Maskenmuseum Michael Stöhr aus Diedorf |
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