Bilderwelten auf Stoff - Geschichten aus TausendundeinerNacht und anderen Kulturen
Wieder einmal hat das Ehepaar Stöhr sein Haus der Kulturen in Diedorfs Zentrum, Lindenstrasse 1 am 1. Mai 1919 mit einer neuen „Weltschau“ bis zum 1. Mai 2020 bestückt. „Textile Bildgeschichten und abstrakte Stoffkunstwerke“ ist der Titel der Ausstellung , die der Schirmherr des Museums MdL.a.D. Max Strehle im Rahmen des dortigen „Künstlerfestes“ am Maifeiertag eröffnet hat. Mit dabei sind moderne Augsburger und Münchner Künstlerinnen, die mit Ihren Textilkunstwerken - so wie man es am Haus der Kulturen kennt - in Dialog zu den anderen Kulturen treten wollen. Im Rahmen des jährlichen Künstlerfestes rund ums Maskenmuseum und im Künstlerhof mit den Ateliers und der Alten Dorfschmiede trafen sich wieder Maskenschnitzer, Musiker, maskierte Spassmacher, Leinölmüller, Künstler, Märchenerzähler, Strohschuhmacher, Maienvögel, Weberinnen und auch Uniprofessor/inn/en für Kunst,- und Museumspädagogik mit Ihren Studenten, die im Kursraum der Alten Dorfschmiede den kleineren Besuchern mit Workshops das kreative Gestalten von Masken anregten.Viele interessierte Besucher konnten unserem Silber,- und Goldschmiedschmied und unserer Hut- und Mützenmacherinmacherin beim Arbeiten in ihren offenen Ateliers über die Schulter sehen und die fertigen Produkte bewundern.
Alle drei aktuellen Ausstellungen am Haus der Kulturen Diedorf: " Textile Bildfolgen und abstrakte Stoffkunstwerke fremder Völker", "Aussergewöhnliche Schmuckstücke ferner Kulturen vom Lippenteller bis zum Grünkäfercollier" und "9000 Masken aus allen Weltkulturen" können meist auch kurzfristig bei Anmeldung 08238/60245(Herr Stöhr) oder 0821/991740 (Herr Braune) besichtigt werden. Näheres: www.maskenmuseum.de.
Die Bandbreite der außergewöhnlichen Objekte In der Ausstellung im 1. Stock des Maskenmuseums (Zugang über den Garten) reicht von alten spätägyptischen (koptischen) Bildteppichen und präkolumbischen Stofffragmenten der Inkazeit mit allerlei himmlischen Mischwesen bis zu Arbeiten moderner Künstler, die wieder einmal bereit waren, mit den fremden Kulturen in einen Objekt-dialog zu treten.
Fremde Kulturen nicht nur von oben herab mit den Augen des Computerzeitalters zu betrachten, sondern eben auch Moderne Kunst und heimisches Brauchtum zum Verständnis des Fremden auf einer gemeinsamen Plattform zu nutzen, ist ja erklärtes Ziel der vom Haus der Kulturen durchgeführten Ausstellungen, Aktionen, Kurse und Vorträge.
So muten die in der Ausstellung gezeigten ganz abstrakt gehaltenen Webarbeiten und Applikationen aus Urwaldfasern in Hinsicht auf Ihre eindrucksvolle Ordnung und abwechslungsreiche Prägnanz fast schon mit Arbeiten eines Paul Klee seelenverwandt. Durchaus verständlich, wenn man bedenkt, dass Klee nicht nur im Bauhaus neben vielen anderen Aktivitäten auch eine Klasse für Weberei leitete.
Weitaus wichtiger aber erscheint nun gerade die Tatsache, dass Klee wie viele andere Künstler des frühen 20. Jhdts., Picasso eingeschlossen, erst durch den Einfluss der damals noch als „primitiv“ angesehenen Kunst der Naturvölker beeinflusst zu einer Abkehr von der perspektivischen Maxime und dem Diktat der illusionistischen Weltnachahmung fand. „Primitive Kunst“ die in den Museen und bei Weltausstellungen als „ wilde Völkerschau „ besichtigt werden konnte, hat auch in Form von flächig gehaltenen Bild-Geweben oder der oft surreal und erzählerisch überfüllten Bildteppiche manchem Künstler am Anfang des 20. Jhdts gezeigt, dass „Kunst ja eine Realität parallel zur Natur“, um Paul Cezanne zu zitieren, mit ganz Ihr eigenen Gesetzen sein sollte.
Kompliziert in mehreren bunten Stoffschichten ausgeschnittene Molas der Kuna-indianer von Inseln in der Karibik erzählen von Seeungeheuern und Mischwesen, lassen die Fluten des Ozeans in immer neuen Labyrinthen um die Gottwesen herumtänzeln.
Ähnlich prägnant, Vorbild für jeden Plakatkünstler, und doch knallbunt und comikhaft erzählend die Stammesfahnen aus Ghana, die mutig an die ehemalige Sklaverei erinnern oder Sprichwörter verarbeiten.
Großzügig in geometrischen Grundformen gehalten, in die sich auch alle (wenigen) dargestellten Lebewesen wie Baum, Blume oder Friedenstaube vereinfachend einordnen, mit vorherrschendem Färberrot, Krapplack, finden sich einige Hochzeitsteppiche aus Afghanistan in der Ausstellung. Im Dialog: Einige der Kuben, Rauten der durchflochtenen Muster und Farbfläche finden sich auch in einigen der großformatigen Bilder der Augsburger Künstlerin Marie-Luise Dietl, von denen eines im Raum beim Eintritt in den Ausstellungsraum sofort die Augen auf sich zieht.
Sehr oft andererseits auch kleinteilig flächenfüllend gemustert sind uns die Knüpfarbeiten des islamischen Raumes als Teppiche bekannt. Absichtlich wenig davon ist in der Ausstellung zu sehen, die ja nicht Stoffbasar sein will, sondern eben Besonderheiten herausarbeiten will, wenngleich der Ausstellungmacher Michael Stöhr den doch für diese große Fülle an Exponaten fast zu kleinen 120qm Raum, grundsätzlich auch gern ein wenig von der überraschenden und belebenden Stimmung eines Bazar-labyrinthes mitgeben möchte.
Der Islam verbietet die Darstellung des Menschen und der Tiere, so dass natürlich auf den meisten Teppichen aus vorwiegend islamischen Ländern nur abstrakte oder Blumen- und Blattmotive zu finden sind. Gemäss dem auch im Islam wie in allen monotheistischen Religionen anerkannten Buch der Bibel mit den 10 Geboten darf man sich kein Bild Gottes machen. Der Mensch als Ebenbild Gottes ist für Darstellungen somit auch tabu. Während der frühen Phase der Islamisierung des Orients wurden Bildwirkereien mit Mensch und Tier im Norden des hinduistischen Indien, wie auch bei den Stammeskulturen Afghanistans , Pakistans und Persiens aber durchaus geduldet.
So zeigt die Ausstellung nicht nur einen Wandteppich aus dem 16. Jhdt mit einem stolz portraitierten Moghulreiter , sondern auch einige Teppiche mit über die Fläche verteilten Tieren , seltenen Pflanzen, labyrinthisch angelegten Wasserläufen als breit verteilte Szene aus dem ersehnten Paradies am Ende des Lebens.
Andere „modernere“ Teppiche vom Anfang und vom Ende des 20. Jhdts. stellen den Islamkundigen aber auch den normalen Betrachter vor schwierige Fragen und gehen an die Grenzen der Duldungsbereitschaft. Sind auf dem früheren Teppich die figürlich dargestellten Reiter aus dem Volksstamm der Kalash mit von der russischen Armee erbeuteten Uniformen also im Krieg zu sehen, so versetzt uns der jüngste Teppich , ohne es direkt zu zeigen, in das Gemetzel modernster Kriegsführung mit dargestellten Panzern, Militärhubschraubern, Hunderten ornamental in Reihe umrandender Bomben und Kalashnikows :
Tatsächlich ein Gebetsteppich, auf dem die Soldaten jetzt nicht um eine spätere Aufnahme ins Paradies, sondern um glückliche Vernichtung der Feinde bitten: Sicher auch keine Zier für gemütliche europäische Wohnzimmer.
Auch das nördliche Indien wurde im Mittelalter von den im Islam geschulten „mongolischen“ Reitern der Moghul-herrschern erobert. Die hinduistische Kultur mit Ihren 1000 Göttern, Helden und Märchenerzählern wurde integriert, aber nicht vernichtet.
Als wahrhaft imposant große Bildgeschichte aus Rajastan zieht sich eine bemalte abgerollte Bilderzählung über die Breite einer ganzen Ausstellungswand. Nicht nur hinduistische Geschichtswelten mit Ganesha , dem Elefantengott, und dem Codex Maharabhda, der Erzählung von Krishna, durchdringen sich hier, auch moghulische Reiter auf Pferd und Elefant binden die Erzählung in die islamische Geschichtsschreibung ein. Ausgerollt auf einer Hauswand konnte der Märchenerzähler beim Markttreiben gegen Entgelt die erzählten Geschichten bildhaft erklären…so wie es bei uns im 17. Und 18. Jhdt wohl auch Bänkelsänger und Moritatenerzähler bei Kirchweih und Volksfest taten.
Hochzeitsvorhänge und Fensterumrandungen aus Nordindien empfingen mit der aufgestickten Götterschar und unterschiedlichen Glückssymbolen auch dem indischen Sonnensymbol (das Hitler schnurstracks umgekehrt herum zum Hakenkreuz erklärte), den Bräutigam im Elternhaus der Braut zu opulent teurem Fest.
Am großen indischen Färbertopf lagern in einem Tablett fein gemusterte alte Färbe,- und Batikstempel aus Gujarat, die jetzt allerdings nicht für das heiße Wachsabdeckverfahren, sondern für direkt farbigen Stoffdruck mit Fingerfarben von unseren jungen Gästen ausprobiert werden können.
Angekündigt sind nun auch für die Eröffnung und einen Teil der Ausstellungsdauer von einem Jahr figürlich fantastische Objektarbeiten der Münchner Künstlerin Verena Cermak und von Cordula Schieri aus Berlin. Frau Turid Schuzter( FH Augsburg Gestaltung) ist gelernte Kunstweberin und möchte gerne evtl. bei der Vernissage und beim Künstlerfest mitwirken.
Damit können wir diese alte Technik auch als heimatkundlichen Teil der Ausstellung integriert zeigen.
Sie erinnern sich: „Fremde Kulturen, heimatliches Brauchtum und moderne Kunst sollen im Haus der Kulturen in Diedorf in Dialog gebracht werden“.
Michael Stöhr der Veranstalter stellt zwei seiner „(praktischen) Installationen“ in die Ausstellung:
Bei die „Verträumten Reiseführer“ sind kleine Kopfkissen mit ungewöhnlichen Stoffen fremder Länder überzogen in großem Gitterbett als eingefangene Träume ferner Reisen präsentiert.
Die Installation darf während des Maimarkttrubels gerne auch für ein Mittagsschläfchen benutzt werden. Wenn es das Wetter beim Künstlerfest zulässt , steht sie dann in ruhiger Ecke draußen.
Bei der Installation „ Die Besessenen“ sind mit orientalischen Kelims bezogene Sitzkissen um einen Opiumtisch gruppiert, der nicht nur während der Ausstellung jedoch auch für eine gemütliche Teerunde benutzt werden kann. Am 1. Mai erwarten wir zur Tee- und Kaffeestunde sogar am Nachmittag einen belesenen Märchenerzähler:
Unser aktives Fördervereinsmitglied Rainer Braune wird übrigens am Abend um 17.00 Uhr zusammen mit musikalischem Veranstalter Sascha Stadelmeier unsere Alte Dorfschmiede zu neuem synästhetischem Leben erwecken. Seien Sie gespannt!
Und während des gesamten Tages werden Sie rund ums Maskenmuseum in Garten und Hof von den unterschiedlichsten Attraktionen und Darbietungen überrascht werden:
Maskierte Clowns und Frühlingsmaskenläufer wie die Habergeiss und der Wasservogel werden Ihren Schabernack treiben. Maskenschauschnitzen, Textilweben und noch Einiges mehr wird Sie an unseren „Schaubuden“, den Scheunen im Garten zum Zuschauen einladen. Unsere Künstlerateliers werden geöffnet sein: Gabriela Graf-Braune zeigt Ihnen in „Walk in Beauty“ Das perfekte Outfit mit phantasievollen Mützen und noch viel mehr. Michael Hinterleitner führt Sie in seinem Silber,- und Goldschmiede-atelier in die Geheimnisse einiger seiner Arbeiten ein. Er veranstaltet übrigens dort zu anderem Zeitpunkt wie andere Künstler dann auch in der Alten Dorfschmiede Kurse , sein eigenes persönlich gestaltetes Schmuckstück herzustellen.
Dort in der Alten Dorfschmiede ist die Ausstellung: „Schmuckstücke fremder Kulturen vom Lippenteller bis zum Grünkäfer-collier“ zu sehen
Die in Augsburgs wildem Westen mittlerweile sehr bekannte Musikgruppe: Westwood-Bluegrass-band mit ihrer besinnlich ausdrucksstarken Musik mit Akustikgitarren und –Bass wird Sie während der Eröffnung und immer mal wieder zum andächtigen und mitreißendem Zuhören bewegen können. Hören und sehen Sie mal rein in unser letztes Künstlerfest mit dieser tollen Gruppe: ( https://www.youtube.com/watch?v=Z7cQ8ylCaig )
Der Grill legt um 12.00 Uhr los und verschenkt seine Kostproben gegen freiwillige Spende.
Das Gleiche gilt für unseren Getränkeausschank.
Gemütliche Kaffeehaustische im Hof bei hoffentlich strahlendem Maiwetter verwöhnen Sie mit ruhiger Geselligkeit, guter Musik und kleinen Leckerbissen entrückt vom Trubel des Maimarktes um die Ecke.
Wir warten auf Sie am 1. Mai! Sie kommen doch? Versprochen?
Unsere Textilausstellung können Sie vorab bei Augsburg TV am Ostermontag nachmittags bei „ Land und Leute“ und in der Mediathek sicher während des kommenden Jahres sehen, erleben und begreifen können Sie die Aktivitäten unseres Museums nur bei einem Besuch (bitte um Anmeldung eines Besuches außerhalb des Künstlerfestes am 1. Mai: 08238/60245)
Bürgerreporter:in:Haus der Kulturen michael stöhr aus Diedorf |
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