Eine Austernprinzessin besucht das Capitol
Das 26. FILMKUNSTFEST Mecklenburg-Vorpommern findet vom 3. bis 8. Mai statt
Jahr für Jahr wird Schwerin im Mai zum Mekka des künstlerisch ambitionierten Films. Und Jahr für Jahr aufs Neue fragt sich das Publikum in Abwandlung eines alten Spruchs: Was gibt es diesmal wohl zu sehn?
Die Latte, die das Jubiläumsfestival im vergangenen Jahr gelegt hat, ist hoch. Mit Achtzehntausend verkauften Eintrittskarten, starken künstlerischen Beiträgen und spürbar begeisterten Filmemachern und Gästen wurde das hohe Ziel erreicht, das 25. Jubiläum zu etwas ganz besonderem zu machen. Aber wie lässt sich das noch toppen? Oder anders herum gefragt: Muss es von Jahr zu Jahr immer mehr Zuschauer und immer größere und strahlendere Events in diesem Festival geben, das doch längst zu einer Institution in der Kulturlandschaft Mecklenburg-Vorpommerns geworden ist? Nun, ein Fest, das Jahr für Jahr vor sich hin schrumpft und programmatisch keine Innovation bietet, mag sich niemand wünschen. Bewährte Rituale und dem Stammpublikum vertraute Film-Reihen gehören genau so zu einem erfolgreichen Festival wie der Mut zum Risiko. Beim ersten Blick auf das neue Festival-Programm ist erkennbar, dass das Team um Volker Kufahl genau diesen Spagat in der Planung 2016 berücksichtigt hat.
Das Stummfilm-Konzert im Staatstheater war im vergangenen Jahr nicht nur binnen weniger Stunden ausverkauft, sondern auch künstlerisch herausragend. An diesen Erfolg soll angeknüpft werden. Auch 2016 wird es, diesmal im Capitol, eine Begegnung zwischen Orchester und Filmklassiker auf der großen Leinwand geben. Ernst Lubitschs turbulente Komödie „Die Austernprinzessin“, gedreht im Jahr 1919 in Berlin, wird vom 16-köpfigen Orchester „Flat Earth Society“ aus Brüssel live vertont werden. Die belgische Big Band gehört zu den herausragenden Musik-Ensembles Europas. Die 1998 vom Multiinstrumentalisten und Komponisten Peter Vermeersch gegründete Band mixt Jazz, Swing, Folklore, Zirkus- und Big Band-Sound auf avantgardistische Weise und feiert damit weltweit Triumphe. Nach einem Auftritt der „Flat Earth Society“ in Berlin schrieb ein Musikkritiker: „Schräge Bläserfantasien, ganz und gar ungewöhnlich komponiert und arrangiert, als wären 20er-Jahre-Filmmusik mit Avantrock, Free Jazz und Blasmusik eine illustre Melange eingegangen! Wer da gewesen war, ging wohl unterhalten und innerlich gelöst.“ Neben dem live vertonten Lubitsch-Stummfilm können Cineasten vom 3. bis 8. Mai eine Vielzahl von aktuellen Filmproduktionen in den Wettbewerben und Themenreihen erleben. Mit besonderer Spannung werden die ausgewählten Filmbeiträge des diesjährigen Gastlandes Belgien erwartet. Anlässlich des bevorstehenden 70. Jahrestages der Gründung der DEFA werden etliche restaurierte Fassungen von berühmten DEFA-Klassikern auf Schweriner Leinwände zurückkehren. Auch die beim Schweriner Publikum besonders beliebten Filmreihen mit regionalen Bezügen wie „gedreht in MV“ und „NDR spezial“ können mit neuen, sehenswerten Produktionen aufwarten. Große Beachtung dürfte der Dokumentarfilm „Parchim International“ von Stefan Eberlein und Manuel Fenn finden. Die beiden Filmemacher begleiteten den chinesischen Investor Jonathan Pang jahrelang mit der Kamera und zeigen, wie Pang versucht, aus dem ehemaligen sowjetischen Militärflugplatz in Mecklenburg ein florierendes Reiseziel für chinesische Touristen zu machen. Eine gleichermaßen kühne wie umstrittene Vision.
Bürgerreporter:in:Ulrich Grunert aus Cambs |
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