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Hauptbahnhof Groß Lafferde

  • Das abgerissene alte Bahnhofsgebäude
  • hochgeladen von Wilhelm Heise
  1. Groß Lafferde Hauptbahnhof.

Schön wär‘s, aber dem ist nicht so. Dass es keinen Staatsbahnanschluss (DB-Anschluss) gibt, haben die Groß Lafferder selbst zu verantworten:

Die Städte Hildesheim und Braunschweig besaßen bereits in den 1840er Jahren Bahnanschlüsse. Um 1860 herum plante man zwischen beiden Städten eine direkte Bahnverbindung herzustellen.
Laut Adolf Nülle wäre Groß Lafferde an der Nordseite des Dorfes von der Bahnstrecke berührt worden. An der Gadenstedter Chaussee (jetzt Ludwig-Jahn-Str.) sollte eine nicht unbedeutende Bahnhofsanlage gebaut werden.
Es gab durchaus Groß Lafferder, die dem Bahnprojekt aufgeschlossen gegenüberstanden, leider aber auch zahlreiche Leute mit gegenteiliger Ansicht.
Die Entscheidung fiel in einer Einwohnerversammlung. Die Eisenbahn wurde fast einstimmig abgelehnt. Man befürchtete, dass durch den Eisenbahnbau eine große Zahl Fremdarbeiter hier bleiben und der Gemeinde zur Last fallen würde.

Ende der 1850er Jahre wurde in Groß Lafferde mit Verkoppelungsverhandlungen begonnen, die 1868 mit dem Specialteilungsrezess endeten.
Die Verhandlungen und der Rezess hätten sich auf den Eisenbahnbau günstig auswirken können, wenn die Streckenführung beim Zuschnitt der neuen Ackerflächen berücksichtigt worden wäre. Ob das überhaupt ein Thema war und wieweit dadurch die Entscheidung gegen den Bahnanschluss beeinflusst wurde, ist nicht bekannt.
Jedenfalls hatten die Verkoppelungsinteressenten starke Gegner, die auch vor Gewalttätigkeiten und Straftaten nicht zurückschreckten. Diese, dem Fortschritt abholden „Nichtkoppler“, könnten durchaus Gegner der Eisenbahn gewesen sein.

Mangelnde Erkenntnis wirtschaftlicher Chancen und Engstirnigkeit hatten zur Folge, dass die Eisenbahnstrecke über Hoheneggelsen und Woltwiesche an Groß Lafferde vorbei führte.
Mit dem Bau wurde nach Inkrafttreten des Neubaugesetzes vom 07.05.1885 begonnen. Am 16. August 1888 wurde der Abschnitt Hildesheim – Hoheneggelsen eröffnet, dem am 1. Februar 1889 der Abschnitt bis Groß Gleidingen folgte. Damit war die Verbindung Hildesheim - Braunschweig komplett.

Groß Lafferde war wegen seiner Lage zwischen Hildesheim und Braunschweig, Celle und Goslar von jeher ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt, wodurch die Dorfentwicklung stark beeinflusst wurde. Wäre noch der Bahnanschluss hinzugekommen, hätte sich Groß Lafferde zu einem bedeutenden Wirtschaftsstandort entwickeln können. So aber ist das Dorf ins Hintertreffen geraten. Die Entwicklung wäre ganz anders verlaufen, wenn es eine Eisenbahnstation, nur wenige Kilometer von der Ilseder Hütte entfernt, gegeben hätte.

Im Raum Lengede wurde in den In den ersten Jahren der Erzförderung das Erz mit Fuhrwerken nach Vechelde transportiert, dort auf die Staatsbahn verladen und über Peine zum Hochofenwerk Ilsede gebracht. Das änderte sich im Jahre 1884 grundlegend, denn die Ilseder Hütte baute eine Schmalspurbahnverbindung (780 mm Spurbreite) vom südlichen Hüttengelände (Lengeder Bahnhof) zu den Lengeder Gruben. Die Bahnarbeiten sorgten für erhebliche Unruhe bei der ortsansässigen Bevölkerung. Sie befürchtete Schlägereien und deren Folgekostenkosten. Es wurde auch befürchtet, dass durch Fremdarbeiter die in Frankreich grassierende Cholera eingeschleppt werden könnte. Trotz allem wurde der Bahnbetrieb am 13. November 1884 aufgenommen.
Die Bahn beförderte neben Erz und Werksgütern auch Stückgüter und Personen. Ihre Personenbeförderung endete anfangs im Bahnhof Lengede. Der befand sich im Bereich der heutigen Realschule. Nachdem die Strecke bis zum Staatsbahnhof Broistedt verlängert war, konnten Passagiere dort in die Staatsbahn umsteigen.

Von der Gadenstedter Feldmark kommend verläuft die eingleisige Strecke im Bereich des Buttermilchsweges (die Gadenstedter nennen ihn Steinbrücker Weg) über zwei Wegebrücken zum Ostrand des ehemaligen Zuckerfabrikgeländes. Dort kreuzt sie die B 1 und verläuft durch die südliche Feldmark am Schießstand vorbei durch den Bruch nach Osten in Richtung Lengede.
Im Bereich der Kreuzung zur B 1 (Ostrand Zuckerfabrik und nördlich der B 1) wurde eine Bahnstation mit Warte- und Gepäckraum errichtet.

Die Station verfügte über zwei Gütergleise, ein Nebengleis und insgesamt vier Weichen. Ab Mai 1885 fuhren werktäglich 4 Zugpaare. In Lengede wurden den Erzzügen Personenwagen angehängt und am Haltepunkt Groß Lafferde – Steinbrück an die Spitze des Zuges rangiert.
Das kostete Zeit. Die Personenbeförderung litt auch unter der Tatsache, dass man nicht durchgehend von Lengede nach Peine fahren konnte. Aus konzessionsrechtlichen Gründen durfte die Bahn keine Personen über das Hüttengelände befördern. Wer nach Peine fahren wollte, musste auf dem im Süden des Hüttengeländes gelegenen Lengeder Bahnhof aussteigen und in einem zirka 15 minütigen Fußmarsch um das Hüttengelände herumgehen um dann vom Ilseder Bahnhof nach Peine weiterfahren zu können. Dieses Hindernis dürfte wesentlich dazu beigetragen haben, dass die Personenbeförderung auf der Grubenbahn nie großen Zuspruch hatte.
Wirtschaftliche Erwägungen und Streit mit Behörden veranlassten die Ilseder Hütte, den öffentlichen Verkehr am 1. Februar 1893 einzustellen. Dagegen protestierten Groß Lafferde, Klein Lafferde und Steinbrück. Aus heutiger Sicht erscheint es merkwürdig, dass auch Gemeinden wie Söhlde, Groß Himstedt, Klein Himstedt, Bettrum, Hoheneggelsen, Lesse und Barbecke Protest erhoben. Jedenfalls wurde die Ilseder Hütte veranlasst, den öffentlichen Verkehr wieder aufzunehmen.

Während des 1. Weltkrieges wurde damit begonnen, die Bahn auf Normalspur (1435 mm Spurbreite) umzustellen. Im Juli 1919 war die Normalspurbahn komplett fertiggestellt. Der noch zeitgleich betriebene Schmalspurbahnverkehr wurde nach und nach eingestellt. Das alte Groß Lafferder Stationsgebäude wurde abgerissen und diagonal gegenüberliegend (an der südlichen Straßenseite) durch ein neues Bahnhofsgebäude ersetzt. Es trägt die Jahreszahl 1919 und ist jetzt in Privateigentum. Der neue Bahnhof verfügte neben dem Gütergleis über ein 170 Meter langes Überholgleis. Ein Beschluss vom 20. Dezember 1920 legte u.a. fest, dass der Bahnübergang mit einer Schrankenanlage auszustatten ist.

Im Jahre 1919 erhielt die Lafferder Zuckerfabrik ein Anschlussgleis, das diese bis zu ihrer Stilllegung (Kampagne 1976) für Rübenlieferungen, Zucker- und Kohletransporte benutzte. Eine Deutz-Diesellok besorgte den werksinternen Rangierdienst.
Über das Anschlussgleis der Zuckerfabrik waren im Jahre 1965 noch 269 Waggons gefahren. Im Jahre 1966 waren es 96, im folgenden Jahr nur noch 65.

Während des 2. Weltkrieges diente der Bahnhof Groß Lafferde-Steinbrück auch als Erdölverladestation für die Erdölförderungen in Oberg und Mölme.

Die Personenbeförderungszahlen waren nach 1922 rückläufig. Ein wesentlicher Faktor war die Eröffnung des Omnibusbetriebes von Broistedt über Groß Lafferde nach Peine. Im Jahre 1932 nutzten regelmäßig 15 Schüler aus Groß Ilsede und Groß Lafferde die Bahn um nach Lengede zur Schule zu fahren. Mit Genehmigung des Hildesheimer Regierungspräsidenten vom 5. Januar 1933 wurde die Personenbeförderung auf der Kleinbahnlinie Broistedt – Groß Ilsede eingestellt. Der Groß Lafferder Ortsvorsteher Leo Barnowski fand keinen triftigen Grund, ein Veto einzulegen.

Personenbeförderungszahlen

  • Jahr        Anzahl            Jahr     Anzahl
  • 1920   190.198         1945      47.300
  • 1921   237.978         1946    111.101
  • 1922   284.515         1947    176.292
  • 1926   160.053         1948    188.043
  • 1930   117.474         1949    101.054
  • 1931      40.577
  • 1932      20.537

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges reaktivierte die Hütte auf Drängen verschiedener Institutionen den Personenverkehr auf der Schiene. Laut Winterfahrplan 1949/1950 fuhren an Werktagen 4 und an Sonn- und Feiertagen 2 Zugpaare. Aber mit Ablauf des Sommerfahrplans wurde am 8.10.1950 der Personenverkehr auf der Strecke Broistedt – Groß Ilsede endgültig eingestellt.
Ich erinnere mich, dass meine Eltern mit mir Jahre 1950 am Bahnhof Groß Lafferde-Steinbrück in den Triebwagen einstiegen um dann bis zur Endstation Lengede-Broistedt zu fahren. Von dort ging es weiter mit der Bundesbahn zum damals stark kriegsbeschädigten alten Braunschweiger Hauptbahnhof, der ein Sackbahnhof war.

Die Güterabfertigung am Bahnhof Groß Lafferde – Steinbrück ging ständig zurück. Im Jahre 1966 verkaufte die Ilseder Hütte das Bahnhofsgrundstück an Privat. Die Gleisanlage wurde in eine Anschlussstelle (Freiladegleis) umgewandelt.
Auf dem Freiladegleis wurden zum Schluss nur noch Düngemittel in abnehmenden Mengen für einen Landhandel entladen. Es waren 1965 = 72, 1966 = 58 und 1967 = 67 Waggons, die überwiegend aus Richtung Broistedt kamen. Der letzte mit Fracht beladene Waggon wurde im Jahre 1965 zum Versand abgefertigt. Das Freiladegleis wurde abgebaut und die dazugehörigen Flächen verkauft.

Die Ablehnung der Bahnverbindung Hildesheim – Braunschweig war der wirkungsmächtigste Fehler in der Groß Lafferder Geschichte. Diesem Kardinalfehler folgten in jüngerer Vergangenheit noch weitere gravierende Fehlentscheidungen und verpasste Gelegenheiten.
Nach der Schließung von Ziegelei, Konservenfabrik und Zuckerfabrik wurde Groß Lafferde zu einem reinen Wohn- und Schlafdorf, in dem mittlerweile weder Banken, größere Betriebe noch nennenswerte Geschäfte vorhanden sind. Den bislang letzten Punkt der Negativentwicklung bildet das bevorstehende Aus der seit 1585 bestehenden, ältesten Dorfschule des ehemaligen Amtes Peine. Auch hier wurden Chancen verpasst. Das einst vorbildliche, zukunftsorientierte Groß Lafferder Schulwesen versank in Mittelmäßigkeit, leider.

Quellen: Wikipedia; Adolf Nülle, Einblicke in die Geschichte von Groß Lafferde S. 116; Baumgarten, Von Loferdi bis Groß Lafferde, S. 238; Chronik Ölsburg S. 483 ff; Chronik Lengede, S. 374 ff.

  • Das abgerissene alte Bahnhofsgebäude
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  • Fahrplan von 1920 mit Haltepunkt Groß Lafferde-Steinbrück
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  • Der Kleinbahnhof Groß Lafferde-Steinbrück von 1919
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