Burgauer Stadtrat beim Sanitätsregiment
Ich kann. Ich will. Ich werde
Das Sanitätsregiment 3 „Alb-Donau“ mit Sitz in der Kaserne Dornstadt ist ein Einsatzverband, dem über 900 Soldatinnen und Soldaten angehören. Mit Burgau verbindet Major Alexander Rist eine besondere Beziehung: „Wir haben neun Partnerstädte, mit denen wir in stetigem Kontakt stehen. Daher waren wir auch gerne zu Besuch auf dem Markgrafafescht in Burgau und freuen uns, dass Sie nun unsere Gäste sind.“ Und da stehen wir also: Neben dem Burgauer Bürgermeister Martin Brenner sind auch die Stadträte Thorsten Brucker, Eveline Kuhnert sowie Maria Huber mit Manuela Huber mitgefahren. Und ich. Völlig ohne Vorkenntnis, aber mit viel Neugier und zahlreichen Fragen im Gepäck habe ich mich für den Übungsplatzaufenthalt im Sauwald mit dem Titel „Infanteristische Grundlagenausbildung“ angemeldet.
Oh - Wir sind ja gar keine Zuschauer
Major Rist und Hauptmann Heiko Holzapfel begrüßten uns Stadträte mit einem Fußmarsch zum Übungsplatzgelände und sie stellten die Aufgaben der Kompanie sowie die Ausbildungsziele der Übungswoche vor. Bei einem frisch gekochten Mittagessen wurde der weitere Tagesablauf besprochen und wir erhielten unsere persönlichen Ausrüstungsgegenstände samt Einweisung. Spätestens jetzt wurde klar: „Wir sind keine Zuschauer, sondern werden richtig am Programm teilnehmen.“ Der Einweisung folgten wir daher sehr aufmerksam: Verschiedene Knoten für unterschiedliche Anwendungsfälle, alle Ausrüstungsgegenstände wurden perfekt auf uns angepasst. Eitelkeiten haben hier keinen Platz - und wären auch sinnlos. Die Hose passt nicht? Kann man festzurren. Drei Shirts? Reichen vollkommen aus. Die wahre Überraschung für mich war aber, was die Ausrüstung am Gefühl ändert. Auf einmal sehen wir aus, wie Mitglieder der Kompanie. Alle gleich. Alle im selben Team.
Wir sind mittendrin
In Sechs- und Achtbettstuben wurden die Schlafplätze zugewiesen. Dabei wurden bewusst bestehende Duos auf unterschiedliche Zimmer verteilt, um eine schnelle Integration in die Kameradschaft zu bewirken. Für mich persönlich ist es sehr ungewohnt, plötzlich in fremder Gesellschaft zu schlafen und der Gedanke daran, machte mich schon vor Abfahrt nervös. Doch dann war es ganz anders: Ich betrat das Zimmer mit gebotener Zurückhaltung und wurde derart fröhlich von den Soldatinnen empfangen, dass mir sofort ein Stein vom Herzen fiel. Ganz selbstverständlich wurden wir in die Gruppe aufgenommen und sogleich wurden Ratschläge ausgetauscht und wir konnten herzlich miteinander lachen. Beschwingt von diesem Teamgefühl, bereiteten wir uns auf den Marsch zum Französischen Seilgarten vor.
Ein Balanceakt durch den Seilgarten
Jedem Ratsmitglied wurde ein Soldat zugewiesen, um gemeinsam den Seilgarten zu bewältigen. In niederer Höhe wurden am Seilsteg die Fortbewegungstechniken trainiert und daraufhin am zweiten Hindernis angewandt: Das aus Actionfilmen bekannte „Kommando Kraul“ kostete nicht nur Überwindung, sondern auch Kraft. Von unten musste ich "meinem Begleitsoldaten" noch gestehen, dass ich mich dazu sicher nicht überwinden kann. Warum sollte man sich auch mit gesundem Überlebenswillen in mehreren Metern Höhe auf ein dünnes Seil legen und darüber robben. In meinen Augen wäre ein Absturz vorprogrammiert. Aber nichts dergleichen geschah. Durch seine ruhige und präzise Anleitung fühlten sich die Bewegungsabläufe ganz natürlich an und alles lief wie am "Seilschnürchen".
Auch die weiteren Hindernisse im Parcours erforderten Kondition und Konzentration. Die Soldaten zeigten wieder, wie viel Macht in Gruppendynamik steckt: Man feuerte sich gegenseitig zu, unterstützte mit hilfreichen Tipps zur Umsetzung und feierte jeden kleinen Erfolg.
Das Training am Parcours war jedoch nicht als unterhaltsames Warmup gedacht, sondern bereitete gezielt auf die Aufgaben am nächsten Tag vor. Darüber hinaus diente es den Truppenleitern zur Einteilung in drei Gruppen. Aufgrund der sehr guten Leistungen
konnten sich Bürgermeister Brenner und Thorsten Brucker gleich ihr Ticket für „Gruppe rot“ sichern. Dieser Gruppe stand am nächsten Tag die anspruchsvollste Route bevor. Doch vor dem Rückzug zur Herberge zeigte Hauptmann Holzapfel noch den wunderschönen Ausblick in die Natur: Es ging zu einer 60 Meter langen Talüberwindung per Seilsteg. Auf halber Strecke hatte
man zwar einen herrlichen Ausblick, jedoch war die Übung auch sehr kräftezehrend, so dass niemand lang auf dem Stahlseil verweilte und sich jeder im Seitengang möglichst zügig auf die andere Seite begab.
Energie für den nächsten Tag
Das Verpflegungsteam nutze die Trainingszeit, um ein schmackhaftes Abendessen vorzubereiten. Wieder wurden wir Burgauer überrascht: Statt klischeehafter Massenverpflegung zauberten die ausgebildeten Köche ein appetitlich angerichtetes Buffet mit herzhaften Fleischgerichten und vegetarischer Kost. Als Veganerin konnte ich mir die Basiskomponenten mit selbst mitgebrachten Zutaten toppen. Spätestens als die Soldaten und Soldatinnen ihre persönlichen Tipps weitergaben, fühlten sich die Gäste schon als Teil der rund 40 Personen starken Gemeinschaft: „Schau, so hält man das Kochgeschirr richtig, dann kannst alles in einer Hand tragen“ und „Psst, du musst unbedingt die gefüllten Pfannkuchen probieren, die sind der Hit.“
Nach dem Abendessen stieg der Spannungsbogen jedoch spürbar an, als Hauptmann Holzapfel gemeinsam mit Oberfeldwebel Schimmelpfennig Tagesablauf und Routen für den Mittwoch vorstellten. Schon das "selbstständige Wecken um 04:00“ kostete nach dem Kraftakt im Gelände Überwindung. Auch beim Marschgepäck wurden wir nicht geschont: Die Packliste galt auch für uns und so ergaben sich schnell zehn Kilogramm Gepäck pro Rucksack. Trotz oder gerade weil jeder beim Gedanken an eine mehrstündige Bergtour etwas aufgekratzt war, traf man sich noch in der Offiziersstube zu einer geselligen Runde.
Aus Überwinden wird übertreffen
Es war noch dunkel, als der Bus pünktlich um 5:15 Uhr mit der Gruppe gegen Tegelberg aufbrach. Wieder überraschte das Verpflegungsteam mit einem energiereichen Frühstück und alle packten noch etwas Proviant für die kräftezehrende Strecke ein. Nach einem kurzen gemeinsamen Marsch teilte sich die Gruppe. Ein ganz pragmatisches Kriterium zusätzlich zur Leistungsbeurteilung vom Vortag erklärte Schimmelpfennig: „Wer jetzt schon länger als zehn Sekunden unter Schnappatmung leidet, wählt die Wanderroute.“ „Doch auch für diese Strecke wird man mit einer tollen Aussicht belohnt“, fügte er schmunzelnd hinzu. Einige Soldaten begaben sich auf die Wanderroute mit den Stadträtinnen Huber und Kuhnert. Die anderen bogen direkt in den Wald ab, Richtung Klettersteig „Gelbe Wand“. Im ersten Abschnitt war Trittsicherheit gefragt. Denn die Route schlängelte sich durch ein bewaldetes Gebiet, bevor die Kletterpassagen begannen. Jetzt kam es darauf an, die Bewegungsabläufe aus dem Training im Seilgarten abzurufen – dabei wurde stets auf korrekte Sicherung geachtet.
Wo der Weg nicht offensichtlich war, konstruierte Gebirgsjäger Schimmelpfennig geschickt eine Seilführung und vermittelte dadurch ein Gefühl von Sicherheit. Motiviert durch das Bewusstsein, dass die Soldaten stets ein achtsames Auge auf ihre Gäste haben, kam die Gruppe im Zeitplan am Einstieg „Tegelbergsteig“ an. Klassifiziert mit Schwierigkeitsgrad C zeigte sich die senkrechte Eisenleiter entlang der Felswand als eine große Hürde. Jeder, der beim Training am Vortag in Gruppe „rot“ oder „rot-gelb“ zugeteilt wurde, konnte sich für diese anspruchsvolle Strecke entscheiden. Doch trotz aller Motivation und zugesicherten Unterstützung, habe ich mich nicht getraut, diesen Weg zu gehen.
Letztendlich entschieden sich alle Burgauer für die „gelbe Strecke“. Hier traf die Gruppe auf eine Seilbrücke, die den ein oder anderen auch Überwindung kostete. Aber auch hier motivierte das starke Teamgefühl alle, die Hürde zu meistern.
"In Uniform haben wir Vorbildsfunktion"
Während der ausgiebigen Rast ließ die Gruppe einige Privatpersonen vorbeiziehen. „Das war eine spannende Erfahrung für uns: In Uniform wurden wir sehr freundlich gegrüßt und viele Passanten fragten, wie es uns mit dem schweren Marschgepäck geht. Sie haben sich richtig gefreut, auf uns zu treffen. Jungen Soldatinnen und Soldaten wird schon in der Ausbildung vorgelebt, sich bewusst höflich und zuvorkommend zu verhalten“, stellte ich erstaunt fest. Nun verstand ich auch besser, was mein Vater meinte, als er erzählte, dass die Bundeswehr den Charakter formt.
Nach der Rast wurden alle Kräfte für die finale Strecke mobilisiert und auch hier halfen gute Gespräche, die Gedanken an das schwere Marschgepäck zu vergessen. Wie aus dem Nichts war das Ziel plötzlich ganz nah und überrascht stellten die Stadträte fest, dass sie sich an manchen Stellen nicht nur überwunden haben, sondern sich so vom Teamgefühl mitgenommen fühlten, dass
sie ihre eigenen Einschätzung sogar übertroffen haben. Für Hauptmann Heiko Holzapfel eine erwartete Reaktion: „Ich kann. Ich will. Ich werde. Es liegt nur an den Gedanken. Mit der richtigen Einstellung habt ihr heute etwas geschafft, dass ihr euch noch vor zwei Tagen niemals zugetraut hättet.“
Kaiserschmarrn und Glücksgefühle
Major Rist empfing mit der Wander-Gruppe die hungrigen Bergsteiger im Panoramarestaurant. Bei Schnitzel und Kaiserschmarrn wurden Anekdoten ausgetauscht und Scherze gemacht. Leider war das Restaurant nicht auf Veganer eingestellt und selbst die Pommes wollten sie mir nicht verkaufen. Im "normalen Leben", wäre das der Beginn einer lauten Diskussion gewesen. Aber die Erinnerung an gutes Benehmen in Uniform wurde sofort in mir laut und ich entschied mich, den Hunger einfach wegzutrinken und die Situation einfach hinzunehmen.
Während der Pause erfuhren wir viel über den Lebensalltag der Soldaten. Es gibt humorvolle Rituale, wie „Coin“. Bei diesem Ausruf zücken alle schnell die Münze ihrer Kompanie und legen sie offen vor sich. Wer seine Münze nicht vorzeigen kann, muss eine Runde ausgeben. Doch die Ausbildung dient im Ernstfall natürlich immer dem Überleben und der Sicherheit. Und hier zählt jedes Detail: Am Vortag fragten wir einen Soldaten, warum seine Wasserflasche mit tarnfarbenen Panzertape ummantelt ist. Die nüchterne Antwort: „Wenn sich Soldaten im Ernstfall tarnen müssen, darf die Plastikflasche nicht reflektieren. Zu groß wäre die Gefahr, dann entdeckt zu werden. Außerdem ist das Panzertape ein wichtiger Helfer für alle möglichen Reparaturfälle.“ Ein solcher Fall trat auch prompt ein, als ein Stiefel nach dem Bergaufstieg repariert werden musste.
Jetzt geht’s ab(wärts)
Schon fast waren die Rückenschmerzen vom siebenstündigen Aufstieg vergessen, als das Kommando zum Abstieg ertönte. Inzwischen war auch Kommandeur Beuermann eingetroffen und ehrte U.S. Commander Lopez für seine Teilnahme am Training. Er ist in Washington stationiert und war mehrere Wochen in der Dornstädter Kompanie zu Gast.
Wer nun einen einfachen Abstieg erwartete, wurde schnell von der Realität eingeholt: Rund vier Stunden marschierten die Soldatinnen und Soldaten von der Bergstation über das Tegelberghaus, teils auf schmalen, alpinen Pfaden. Im Jungwald wurde die Gruppe dafür mit einem herrlichen Ausblick auf die Schlösser in der Talstation belohnt. Die Hauptmänner bezeichneten die
Sehenswürdigkeiten schmunzelnd als „Instagram-Hotspots“. Doch trotz der traumhaften Kulisse war jeder froh, als der Bus in Sichtweite war.
Verbundenheit – auch in Zukunft
Die Busfahrt bot wieder die Gelegenheit für intensive Gespräche. Insbesondere die jungen Soldaten zeigten sich hoch motiviert und engagiert – keine Spur von Klischees. Ganz im Gegenteil: Im Gespräch wurde die Bundeswehr auch als Arbeitgeber gelobt. „Hier habe ich gute Aufstiegschancen und mehr Sicherheiten, als in der freien Wirtschaft. Außerdem prägt der respektvolle Tonfall und der Zusammenhalt den Charakter. Diese Eigenschaften trägt man auch als Privatperson weiter“, so ein junger Soldat.
Zusammenhalt – das zentrale Stichwort seit der ersten Minute. Die Burgauer Stadträte nach diesen Tagen noch enger mit dieser starken Gruppe verbunden. Beim wunderbaren Grill-Buffet wurde nicht nur auf den Geburtstag von Hauptmann Holzapfel angestoßen, sondern auch die Partnerschaft zwischen Burgau und der Kompanie gelobt. Major Rist erinnerte nochmals an den
Besuch auf dem Markgrafafescht und welch Freude es war, mit allen Burgauerinnen und Burgauern zu feiern. Er bedankte sich mit einem besonderen Wappen bei Bürgermeister Martin Brenner für den Besuch und betonte, wie sehr man sich schon auf das Wiedersehen am Volkstrauertag freut. Dann kommen die Dornstädter wieder nach Burgau – dieses Mal aber im feinen Zwirn, wurde augenzwinkernd versprochen. Für uns nahte dann auch schon der Abschied. Ein Abschied, der sich schwerer anfühlte, als erwartet. So wohl hatten wir uns in der Kompanie gefühlt. Natürlich gingen wir mit dem Versprechen, nächstes Jahr wieder dabei zu sein - und dann ganz sicher auf der "roten Route".
myheimat-Team:Ramona Nahirni-Vogg aus Burgau |
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