Jahrhundert-Hochwasser
Wo Regen ist, ist auch Sonnenschein ...

Auch wenn die Situation tragisch war, ging die gute Laune in der Gesundheitsbar nicht verloren | Foto: Ramona Nahirni-Vogg
8Bilder
  • Auch wenn die Situation tragisch war, ging die gute Laune in der Gesundheitsbar nicht verloren
  • Foto: Ramona Nahirni-Vogg
  • hochgeladen von Ramona Nahirni-Vogg

... zumindest im übertragenen Sinne. Das Jahrhundert-Hochwasser in Bayern hat für viele tragische Verluste gesorgt. Auch die Markgrafenstadt Burgau traf das Hochwasser mit voller Wucht. Die "untere" Stadt sowie Stadtteile wurden regelrecht überschwemmt. Zahlreiche Familien verloren ihre Wohnungen, Häuser auf unbestimmte Zeit. Unternehmen wurden geschädigt, so dass eine Wiederaufbau Wochen oder gar Monate dauern wird. 


Schnell, koordiniert, effizient


Diese Situation konnte nicht geübt werden, es gab keinen Masterplan, was zu tun ist. Um die Bevölkerung möglichst breit zu informieren, wurde schnellstmöglich ein WhatsApp-Kanal der Stadtverwaltung Burgau eingerichtet. Dort wurden unter anderem freiwillige Helfer aufgerufen, sich an einem Supermarkt zu versammeln, um für Aufräumarbeiten eingesetzt zu werden. Die unterstützenden Feuerwehren und Bundeswehreinheiten teilten die Freiwilligen in Gruppen ein. In diesen Einheiten wurde der Sperrmüll in mehreren Durchgängen von den Straßen weggeräumt.

Klar, helfen wir mit!

"Zusammenhalt in der Gesellschaft" - eine häufige Floskel und ein frommer Wunsch bei extremen Ereignissen. In Burgau hat sich das Motto zum Glück bewahrheitet. Überall brachten sich Helfer mit ein: Ob als Babysitter, Brotzeit-Spender, Aufräumer, Fahrer ... es gab für jeden etwas zu tun. So auch für diejenigen, die sonst nicht so beachtet werden. Der Helferkreis Burgau ging auf die Bewohner der Asylunterkünfte zu und fragte, ob sie bereit wären, zu helfen - und alle, die angetroffen wurden, sagten sofort zu.

Gesundheitsbar: Gummistiefel statt Sportschuhe

Es gab viele besondere Einsätze in diesen Tagen. Gleich in den ersten Tagen, als der Regen nachließ, rief eine Sportlerin auf: "Rettet die Gesundheitsbar". Nicht ohne Grund: Als Inhaberin Christine Prinz die Türen ihres liebevoll eingerichteten Studios öffnete, konnten die Sportlerinnen den Anblick nur schwer fassen: Bis über die Knie stand das Erdgeschoss in der Industriestraße unter Wasser. Das Wasser war trüb von den aufgeschwemmten Bodenbelägen und die Einrichtung hinüber. Der Keller war zu diesem Zeitpunkt noch nicht betretbar - das Wasser war überall. Die Frauen ersetzten also ihr Sportprogramm durch reißen, schleppen, stapeln. Eine junge Dame kam mit dem Auto vorbei und packte kurzerhand mit an. Am Abend erreichte der von der Stadt organisierte Sperrmüll-Transporter die Gesundheitsbar und räumte die ersten Stapel fort und man sagte zu, dass am nächsten Tag das Abpumpen durch die Feuerwehr beginnen sollte.

Die Kraft der Tragödie

Extreme Erlebnisse schweißen zusammen und zeigen, was möglich ist. Im Falle der Gesundheitsbar-Helferinnen war das eine ganze Menge. Jeder half nach Möglichkeit mit, die Räume weiter auszuräumen - doch wie kann Christine Prinz ihr Geschäftsmodell aufrecht erhalten und damit für sich und ihre beiden Kinder das Familieneinkommen sichern? Familie Alexander, selbst Mitglied in der Gesundheitsbar und mit der ganzen Firma fleißige Unterstützer der Aufräumaktion, hatte die rettende Idee: Sie vermieten Räume an die Evangelische Freikirche und haben Vorstand Daniel Franzbecker angesprochen, ob die Fitnesskurse im Messesaal stattfinden dürften. Dieser sagte sofort zu und sorgte damit für große Erleichterung bei der Inhaberin und Freude bei den Mitgliedern. Denn eines war klar: Die Gesundheitsbar muss weitergehen! Damit der Wiederaufbau gelingt, wurde auch ein Spendenkonto auf gofund.me eingerichtet. Jeder kleine Betrag hilft der Familie, nach der Tragödie neu durchzustarten.

Leer und Leere

Nach Tagen des Wartens konnte endlich auch der Keller der Gesundheitsbar abgepumpt werden. Auch hier zeigte sich die zerstörerische Kraft des Wassers: Alle Böden und große Teile der Einrichtung waren zerstört, ob die Balkendecke aus statischer Sicht weiter tragfähig ist, muss professionell geklärt werden. Daher war die Aufgabe für die Helferinnen und Helfer klar: Alles ausräumen, nutzbare Sportgeräte, Möbel und anderes ins "Übergangsstudio" in die Freikirche liefern. Die Profis für Betonbearbeitung der Firma Bohr Alex gaben auch bei dieser Aktion auf ehrenamtlicher Basis alles, alle beschädigten Elemente herauszuarbeiten. Unterstützt wurden sie nicht nur von den Mitgliedern des Studios, sondern auch von Geflüchteten, die fleißig anpackten. Das Ziel: die Räume sollten nahezu in den Rohbauzustand versetzt werden.

Die Helfer der Helfer

Ähnliche Rettungsaktionen wie in der Gesundheitsbar ereigneten sich in diesen Tagen überall im Landkreis. Menschen, die sich vorher nur flüchtig oder nicht kannten, packten gemeinsam an, um das Wasser aus den Häusern zu verbannen und zu retten was zu retten ist. Was nicht zu bewahren war, wurde mit gemeinsamen Kräften entsorgt. Dass man die Grenze nicht bei der Rettung der eigenen vier Wände zieht, sondern weiterdenkt, beweist Familie Weishaupt vom Geschenke- und Feinkostgeschäft Ambient in Burgau. Als sie die Schäden am eigenen Gebäude, direkt gegenüber der Gesundheitsbar beseitigt hatten, kam ihnen eine Idee: Sie wollten die Helferinnen und Helfer unterstützen. Kurzerhand nutzen sie ihre große Reichweite in den Sozialen Medien und organisierten über Nacht ein großes Buffet am Straßenrand. Feuerwehr, THW, Freiwillige ... alle konnten sich hier treffen, kurz durchatmen und sich stärken. Die Leckereien kamen gut an und dank der großzügigen Unterstützung von vielen Spendern sowie der Metzgerei Brenner, Rettenbach, war die Tafel immer reich gedeckt. Zwei Mädchen zogen sogar mit einem Bollerwagen durch die stark betroffenen Stadtteile und lieferten die Snacks direkt zu den Helfenden.

Der Zusammenhalt bleibt

Einige Tage später sehen die Straßen Burgaus von außen betrachtet beinahe aus, als wäre nie etwas geschehen. Die Sperrmüllberge sind verschwunden, das Leben geht für viele den gewohnten Lauf. Doch zahlreiche Familien und Unternehmer werden noch lange Zeit brauchen, um ihre Wohnungen und Geschäfte wieder aufzubauen. Es gilt daher der Apell, weiterhin die Augen offen zu halten und anzupacken, wenn Hilfe benötigt wird. Jede kleine Geste hilft und mit diesem Spirit kann jeder zu einer funktionieren Gesellschaft beitragen.

myheimat-Team:

Ramona Nahirni-Vogg aus Burgau

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

15 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.