Niedersachsen muss das 11. Bundesland ohne Straßenausbaubeiträge werden!

Tagungsteilnehmer und Gäste, links das Transparent der BI Philosophenweg aus Hann. Münden, auf deren Anlieger möglicherweise je Kosten von über 200.000 € hinzukommen.
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  • Tagungsteilnehmer und Gäste, links das Transparent der BI Philosophenweg aus Hann. Münden, auf deren Anlieger möglicherweise je Kosten von über 200.000 € hinzukommen.
  • hochgeladen von Bernd Jackisch

Vertreter von 90 BI und IG tagten in Laatzen mit Gästen aus Politik und Verbänden
Mit dabei allein Vertreter von zwölf Initiativen aus dem Landkreis Göttingen(Stadt Göttingen, Hann. Münden, Walkenried, Bad Lauterberg)

Laatzen bj. Nach langer Corona bedingter Pause konnte am vergangenen Samstag (19.03.2022) in Laatzen eine ganztägige landesweite Tagung mit zahlreichen Vertretern der 90 dem „Niedersächsischen Bündnis gegen Straßenausbaubeiträge (NBgS)“ angeschlossenen Bürgerinitiativen und Interessengemeinschaften stattfinden. Der Sprecher des Bündnis Michael Zacharias war sehr erfreut, dass neben zahlreichen Gästen aus Politik und verbündeten Verbänden auch Vertreter der BI aus Städten und Gemeinden gekommen waren, die bereits die „Strabs“ vor Ort abgeschafft haben. Wie ein Lauffeuer, so der Sprecher des NBgS, hat sich in der vergangenen Woche die Nachricht verbreitet, dass die Politik in Nordrhein-Westfalen vor der Landtagswahl im Mai, ebenfalls auf Druck zahlreicher Initiativen und Verbände, als 10. Bundesland die Weichen zur Abschaffung der Strabs gestellt hat. Das NBgS, so Michael Zacharias wird sich deshalb im Vorfeld der Niedersächsischen Landtagswahl nun verstärkt dafür einsetzen, dass Niedersachsen das 11. Strabs-freie Bundesland wird. Bedauert wurde von den Tagungsteilnehmern, dass krankheitsbedingt der langjährige Mitstreiter Andre´ Grote der FDP Stade und Dirk Schuhmacher (Mehr Demokratie) absagen mussten

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Das Thema Strabs, so der FDP-Landtagsabgeordnete Dr. Marco Genthe ist gefühlt in jedem zweiten Plenum des Landtagsinnenausschuss durch Resolutionen, Petitionen, strittigen Eingaben usw. auf der Tageordnung. Auch bei der FDP im Land Niedersachsen ist die Abschaffung der Strabs nicht etwa ein neuer Wahlkampfschlager, sondern schon viele Jahre eine Kernthema. Die Strabs, so das MdL weiter, ist ua. unsozial und nimmt keinerlei Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit der Betroffenen. Auf die zahlreichen Argumente gegen die Strabs, so Dr. Marco Genthe, hat die Große Koalition im Landtag mit kläglichen „Reparaturversuchen“ reagiert und so 2019 das „Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz zur Flexibilisierung von Straßenausbaubeiträgen § 6b NKAG“ verabschiedet. Die gepriesenen Erleichterungen (Straßenerneuerung erst nach 25 Jahren, Reduzierung des Anliegeranteil, Eckgrundstückerleichterungen, Verrentung, usw.) erwiesen sich wie unter anderem der „Bund der Steuerzahler“ festgestellt hat, allesamt als „Rohrkrepierer“. Aktuell, so der FDP-Landtagsabgeordnete, unternimmt die Landesregierung den zweiten Reparaturversuch. So will man das NKAG, angehängt an die Erleichterungen zur Einführung von Hybridsitzungen bei Kommunen den § 111 Abs. 6 ergänzen um den Satz „Einmalige und wiederkehrende Straßenausbaubeiträge zählen nicht zu den anderen Finanzierungsmöglichkeiten.“ Laut einem Urteil des OVG Lüneburg vom 22. Juli 2020 durften bisher wegfallende Einnahmen aufgrund der Aufhebung von Straßenausbaubeitragssatzungen nicht durch die Aufnahme höherer Kredite ausgeglichen werden. Nach wie vor, so Dr. Genthe abschließend, fordert die FDP die Abschaffung der Strabs mit der Kompensierung der ausfallenden Beiträge durch das Land für die Kommunen. Volkswirtschaftlich viel sinnvoller ist es, wenn die Bürger das Geld für ihre selbstgenutzten Immobilien z.B. für die EU-Sanierungsvorschriften verwenden.

FDP, Die Linke, VWE, Bund  der Steuerzahler unterstützen seit Jahren die Bemühungen zur Strabs-Abschaffung 

Auch der „Verband Wohneigentum Niedersachsen e.V.“ mit seinen rund 41.000 Mitgliedern, so deren Geschäftsführer Tibor Herczeg, beschäftigt sich nach wie vor intensiv mit dem Thema „Abschaffung der Strabs“. Zur Landtagswahl im Herbst dieses Jahres wird der Verband VWE Wahlprüfsteine der Parteien veröffentlichen. Nachdem bereits der VWE, so Tibor Herczeg, bereits vor dem OVG die rechtswidrige Satzung der Stadt Springe zu wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen kippen konnte, wird nun am 27. März ein Normenkontrollverfahren zu den wiederkehrenden Beiträge eingereicht. Zum Ende seines Grußwortes merkte Herczeg an, „der stete Tropfen höhlt den Stein“, bleiben sie dran an dem Thema Abschaffung der Strabs.

Aus Sicht des „Bundes der Steuerzahler“, so deren Referent Jan Vermöhlen, macht die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen keinen Sinn, weil es sich bei den Straßen, ähnlich wie bei Bundes-und Landstraßen um Allgemeingut handelt, zu deren Finanzierung auch die Allgemeinheit herangezogen werden muss. Zudem stellt die Erhebung der Beiträge einen immensen Gebührenerfassungsaufwand dar, wodurch allein bei der Stadt Hannover 27 Prozent der Einnahmen durch den Verwaltungsaufwand „verbrannt“ wurden. Auch für den BdST wird die Strabs ein zentraler Wahlprüfstein für die Landtagswahl sein.

Bereits vor fünf Jahren hat auch die Partei „Die Linke“, so deren Niedersächsische Landesvorsitzende und MdB Heidi Reichinnek, die Abschaffung in ihr Wahlprogramm aufgenommen. Wenn privates Wohneigentum zum Beispiel für die Alterssicherung im Land gewünscht ist, so Reichinnek weiter, dann darf dies nicht durch ungerechte Beiträge gebremst werden. Das Land Thüringen, wo Die Linke regiert, hat zuletzt gezeigt wie Finanzierung durch die öffentliche Hand funktioniert und läuft.

Hann. Münden Ausbau Philosophenweg mehr als 200.000 € pro Anlieger 

Während Harald Beckmann und Werner Eggers (BISSS-plus.de) noch spezielle Erläuterungen zu rechtlichen Voraussetzungen und verklausulierten Kommunalabgaben referierten, bildete das Kurzreferat von Frederiko Russo aus Hann. Münden den Abschluss des öffentlichen Teils der Tagung des NBgS. Wie der stellvertretende Sprecher der BI aus Hann. Münden erläuterte, plant die Stadt Hann. Münden den Neuausbau des 1,5 Kilometer langen, einseitig bebauten Philosophenweges, der wegen aufwendiger Hangsicherungsarbeiten rund 10 Million Euro kosten soll. Durchschnittlich kämen dabei auf jeden der 37 Anlieger Straßenausbeiträge von mehr als 200.000 € zu. Da dies unbezahlbar ist, brauchen die Anlieger unbedingt Unterstützung durch die Politik und fordern die umgehende Abschaffung der Strabs, noch bevor dieses Wahnsinnsbauvorhaben in Angriff genommen wird.

Im Anschluss daran, diskutierten am Nachmittag die Vertreter der BI und IG die weiteren Schritte und Ideen zum weiteren Vorgehen bis zur Landtagswahl. So werden jeweils die einzelnen Initiativen in ihren Wahlkreisen die Kandidaten der einzelnen Parteien zu Gesprächen einladen, wo die Standpunkte zur Abschaffung der Strabs vor Ort erläutert werden.
Sicherlich werden die 90 BI und IG, gemeinsam mit ihren verbündeten Verbänden Wahlempfehlungen herausgeben, denn zur Landtagswahl können eindeutig nur Kandidaten gewählt werden, die auch für die Abschaffung der Strabs stehen. Weiterhin wird geprüft ob gemeinsame öffentlichkeitswirksame Aktionen durchgeführt werden.
Gemeinsam werden wir dafür kämpfen, so NBgS-Sprecher Michael Zacharias unter dem Beifall der Tagungsteilnehmer, dass Niedersachsen das 11. Bundesland ohne Strabs wird.

Text und Fotos Bernd Jackisch

Bürgerreporter:in:

Bernd Jackisch aus Bad Lauterberg im Harz

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