Das Landauer Rathaus - das Ende einer Geschichte ??

Rathaus Landau im Winter
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…keine ausgefallene Schönheit, zugegeben.

Und doch Dreh- und Angelpunkt des Ortes früher und heute.

In der Ortsmitte am Marktplatz, in Rufweite zur Kirche und schnell erreichbar für jeden Bürger der Stadt, war und ist das alte Landauer Rathaus nicht wegzudenken.

Mit Beginn des Jahres 2010 ist nun alles etwas anders geworden. Der beliebte Ratskeller, die Gaststätte im Erdgeschoß, äußerst beliebter Treffpunkt für jung und alt, nicht nur an den Wochenenden, hat geschlossen. Die bisherige Wirtin und Pächterin hat aus persönlichen Gründen und vielleicht auch auf Grund einiger besonderer Umstände, den Laden dicht gemacht.
Was nun?

Seit jeher findet alles wichtige im Ort, am, im oder ums Rathaus herum statt. Seien es die Jubiläumsveranstaltungen der Vereine, sei es das Schützenfest, sei es in früheren Zeiten, nach Vergabe der Marktrechte durch den hier in Landau regierenden Grafen Johann II, 1650, sogar der Jahrmarkt, heute Viehmarkt oder andere Veranstaltungen des Ortes oder der Bewohner. Die ärmeren Bauern stellten in der ehemaligen Scheune am Marktplatz, gleich neben dem Rathaus ihre gemeinschaftliche Dampfmaschine und den Dreschkasten ein. Es wurde vor dem Rathaus gedroschen und im Rathaussaal oder auf dem Marktplatz gefeiert.
Alles drehte sich ums Rathaus.

Ein Haus des 18. Jahrhunderts, zweckmäßig erbaut und ohne die künstlerische Ausgestaltung früherer Jahrhunderte. Das Ergebnis eines, wieder mal, verheerenden Brandes in der Stadt, die damals etwa 780 Einwohner hatte, das erzählt uns die Inschrift über dem ehemaligen Hauseingang an der Rückseite:


„Was ich bin, das war ich 1749,
was ich war, das bin ich wieder 1752
Nur die große Feuersmacht
Hat mein Haus zu Stein gemacht

Erbaut von
Hen.Chr.Rothe, Forst Secretario
Und seiner
Ehefrau Cath. Elis gebohr Günstin“

Das Fachwerkhaus, das hier stand war am 26. Oktober 1749, als in der Oberstadt, südwestlich der Kirche ein verheerendes Feuer wütete, mit 49 weiteren Gebäuden abgebrannt und wurde als Steinhaus 1752 wieder aufgebaut. Der Ratskeller, also die Gastwirtschaft, bestand schon damals.

Da die Landauer Bürgermeister aber bis zum Jahr 1945 ihre Amtsgeschäfte von zu Hause aus erledigten, befand sich im Rathaus, im 1. Obergeschoß, „nur“ das sogenannte Amtszimmer, in dem ansonsten nur die Treffen und Veranstaltungen des Gemeindevorstandes stattfanden.
Nach dem Krieg war das Rathaus bis zur Gemeindezusammenlegung 1974 als Bürgermeisteramt bekannt und die heutige Stadtführerin in Landau, letzte Auszubildende im Rathaus, behauptet von sich mit fug und recht, sie hätte noch unter Reichspräsident Paul von Hindenburg gedient, denn der hing auch 1974 immer noch an der Wand hinter dem Bürgermeisterstuhl!

Zurück zur Gegenwart. Die Eröffnung des traditionellen, historischen Schützenfestes in Landau findet immer am Rathaus statt. Hier werden die Könige und die Fahnen abgeholt, hier wird salutiert und ein Zapfenstreich durchgeführt. Hier wird der Festzug aufgestellt. Ebenso wie beim alljährlichen Landauer Viehmarkt.
Bergstadtfest, Spießbraten, Weihnachtsmarkt (bis 2008), „Holzverkauf“, Stammtische, Hochzeiten und Geburtstage finden hier am und im Rathaus, sowie dem angrenzenden Rathaussaal statt.

Als 2006 die Mieter des Obergeschosses die Wohnung räumten, oder räumen mussten, haben wir die Chance gesehen, das Rathaus wieder komplett für alle Landauer zu nutzen. Seit 1974 wurde das Obergeschoß als Wohnung vermietet. Es wurde also ein Plan aufgestellt und Ideen niedergeschrieben, das Gebäude als zukünftigen Treffpunkt für jung und alt, sowie als Heimatmuseum zu nutzen.

Die Punkte, geschrieben im Dezember 2006 sahen wie folgt aus:

  • 1. Wieder Einrichtung des alten Bürgermeisterzimmers. Dort (oder in einem anderen Raum) Nutzung eines PC (um das Interesse der Jugend zu wecken, ggf. auch mit Internet Anschluss) zur Erforschung der Landauer-, Waldecker- bzw. der eigenen Familiengeschichte (digitales Orts Sippenbuch, Bedeutung und Herkunft von Vor- und Nachnamen etc.).
    Ebenfalls Nutzung des Raumes und der hier befindlichen Schränke durch interessierte Vereine.
    2. Wöchentliche wechselnde Themenabende / Nachmittage:
    a. Musik hören / selber musizieren
    b. (Vor-)Lesestunde oder Erzählstunde mit alten Landauer Geschichten (z.B.: von H. Lüttecke oder Grita Schenk, oder mündlich Überliefertem)
    c. Vermitteln von Wissenswertem über die Stadt Landau durch Bilderschauen (Beamer) oder Referaten (evtl. unter Mitarbeit der Landauer Schule/Schüler)
    d. Angebote für Wanderer (z.B.: Sonntags Kaffee, evtl. mit Kuchen) oder andere Gäste (Versorgung durch das Ratskellerteam) nach Anmeldung bzw. nach Besichtigung der Wasserkunst oder Stadtführung
    e. Ergänzung zur Stadtführung (individuell und bei Bedarf)
    3. Ausstellung:
    a. historischer Gegenstände, Schriftstücke etc. aus Landau und Waldeck (laut eines Alten Vertrages mit dem Museum in Korbach, kann die Stadt Landau bei Einrichtung eines eigenen Museums etliche, als Leihgabe nach Korbach gegebene Gegenstände wieder zurück holen),
    b. von Privatsammlungen
    c. Leihgaben oder Schenkungen von Landauer Bürgern oder anderen Gönnern
    d. historischer Bilder, Fotos der Stadt Landau, sofern noch erhalten
    e. Ausstellung der Kirche/Kirchengemeinde zur Renovierung der Kirche (Wird zur Zeit in Kartons bei Privatleuten gelagert)

    4. evtl. Unterbringung der Landauer Bücherei in einem oder mehreren der Zimmer

    5. evtl. Nutzung des Raumes über dem Saal (jetzt Bücherei) als Jugendraum und Vereinszimmer, für Sitzungen, Treffen, Gespräche, Übungsabende (evtl. kleiner Feiern) etc.

    6. Unterbringung verschiedener Vereinsreliquien (Darstellung der interessierten Vereine) in jeweils in separaten, eigenen Wandvitrinen.
    z.B: Kyffhäuser Fahne von 1891, altes Quittungsbuch von 1903 usw.
    evtl. Wandvitrinen der Schützengilde (momentan im Saal, u.a. mit alter Fahne)
    Ausstellung der Kleinode (oder einer Auswahl von Kleinoden mit Beschreibung derselben, sofern möglich)

    7. Aktualisierung und Pflege des Bekanntmachungskastens an der Seitenwand des Rathauses

  • Das waren die Ideen vor 4 Jahren.
    In der darauffolgenden Zeit ergaben sich, durch den sogenannten „Stadtumbau Nordwaldeck“ Möglichkeiten an Fördergelder heranzukommen. Wir brauchten also ein professionelles Gesamtkonzept! Aber hatten wir nicht schon ein Konzept ??
    Aus einem Protokoll der „Landliebe Landau“, die sich seit geraumer Zeit für den Erhalt leerstehender Häuser, für den Erhalt der Schule und des Kindergartens und vieles mehr in Landau einsetzt, folgender Auszug:

    Folgenutzung für das Rathaus

    Landau zeichnet sich als mögliches Fördergebiet im Stadtumbau Nordwaldeck ab. Zahlreiche Initiativen der Landauer Bevölkerung zur Aufwertung ihres Ortsteils, ein aktives Vereinsleben und die Zusammenarbeit mit der Uni Kassel beim Projekt „Landliebe“ haben ihren Beitrag dazu geleistet. Berücksichtigung finden diese Initiativen im Förderantrag 2007 zunächst als Vertiefung u.a. des „Projektes Landliebe“.

    Ein Schwerpunkt in der Landauer Ortsentwicklung ist die zukünftige Nutzung des Rathauses. Folgende Überlegungen wurden dazu genannt:

    · Gemeinsame Nutzung durch ortsansässige Vereine (leer stehenden Wohnung im 1. Obergeschoss)
    · Museum
    · Jugendraum

    Einstimmigkeit herrschte darüber, dass ein Gesamtkonzept zur Erfassung und Ausarbeitung möglicher Lösungen erstellt werden sollte.

    Die Stadt Bad Arolsen verlangte damals eine Miete von etwa 300 Euro plus Nebenkosten für die Nutzung der Obergeschosswohnung. Unser Vorschlag war, auf die Miete zu verzichten, da wir mit Eigenleistung die Räume wieder herrichten, und somit für die Allgemeinheit nutzbar machen wollten. Die Räume sahen gelinde gesagt, ziemlich verwohnt aus und die Stadt stimmte am Ende zu. Da waren aber dann noch die Nebenkosten von geschätzten etwa 250 Euro pro Monat.
    - 1. Idee war, das wir eine Förderverein für das Rathaus gründen wollten und alle Landauer Vereine und Bürger in diesen eintreten sollten. Mitgliedsbeitrag der Vereine anhand ihrer eigenen Mitglieder, pro Kopf je 20 oder 30 oder 50 Cent sein können und die Unkosten wären gedeckt gewesen. Diese Idee wurde abgelehnt („Landau hat schon so viele Vereine, da brauchen wir nicht noch einen“).
    - 2. Idee: jeder Landauer spendet pro Monat einen Euro, also im Jahr 12 Euro dafür, das alle Landauer uneingeschränkt die geplanten Einrichtungen im Rathaus nutzen können. Der Förderverein für Jugend ist mit seine Mitgliedern von Haus zu Haus gegangen und hat im großen und ganzen nur Ablehnung oder Skepsis erfahren.
    - 3. Idee: die Nebenkosten sollte die Stadt Bad Arolsen solange tragen, bis zumindest die Renovierung und Instandsetzung des 1. und des Dachgeschosses abgeschlossen wären. Auch diese Idee wurde abgelehnt.
    Befürwortet wurde von der Stadt eine sofortige Nutzung der Landauer Bürger und Vereine unter der Bedingung, das sich eine Einzelperson findet, die den Mietvertrag (der gelinde gesagt, noch mal von einem Fachmann hätte überarbeitet werden müssen) unterschreibt und die Nebenkosten bezahlt werden.

    Die vorhandenen Gelder aus dem Stadtumbau Nordwaldeck haben wir hier nicht gesehen. Es sollen ca. 30000 Euro geflossen sein, die für Planungen eines Büros in Bezug auf Durchführbarkeit, Erstellung eines Konzeptes oder sonst was in den Wind gejagt wurden.

    Ende 2007 hat keiner mehr vom Stadtumbau Nordwaldeck gesprochen, ein anderer Fördertopf versprach wohl noch mehr Geld. Die Entscheidungen fallen in diesem Jahr.
    Vom Rathaus als Treffpunkt, Museum und Erhaltenswertem Ortmittelpunkt wurde auch nicht mehr gesprochen.

    Nun, mit Beginn des neuen Jahres und dem Ende der letzten Silvesterfeier, ist der abendliche Treffpunkt bei uriger Gemütlichkeit, mit musikalischer Unterhaltung von AC/DC bis zur Köhlerliesl, mit freundlicher umsichtiger Bewirtung, der/die von allen geschätzt wurde, geschlossen. Ich werde die amüsanten Ideenabende vermissen und das gemütliche, auch mal laute Zusammensitzen mit Freunden bei genügend Getränken. Nun ist Schluß.

    Hätten wir das verhindern können, wenn das Museum und der Treffpunkt von den Bürgern angenommen worden wäre?
    Ich denke : JA

    Fakten 2010: das Untergeschoß wird nicht mehr regelmäßig als Gastwirtschaft genutzt,
    erstes Obergeschoß ist vermietet,
    das Dachgeschoß ist renovierungsbedürftig, die Fenster hier sind alt und müssten erneuert
    werden,
    das Dach ist renovierungsbedürftig,
    die Heizung im Saal ist störanfällig

    Wie geht´s jetzt weiter?

    [Geschichtliches stammt aus der Landauer Chronik von Robert Wetekam, 1964]

    Bürgerreporter:in:

    R. B. aus Bad Arolsen

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