Hier spielt die Musik: Seit 21 Jahren bestehen die Dorian Gray Studios in Eichenau. Toningenieur und Studioleiter Gerhard Wölfle im Interview mit myh

Der Studioleiter steht Rede und Antwort.
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Mitten in Eichenau spielt die Musik! Die Dorian Gray Studios sorgen seit 21 Jahren für den richtigen Klang bei großen und kleinen Musikproduktionen. Die Studios sind ein Unternehmen der music support group, einem Unternehmensverbund um Geschäftsleiter Rüdiger J. Veith, der ein breites Spektrum an verschiedenen Musik- und Mediendienstleistungen aus einer Hand anbietet, vom Tonstudio über die CD-Pressung bis zur Ausbildungsakademie Deutsche POP. In den Studios werden nicht nur Produktionen von bekannten Musikern und Bands realisiert oder Filmmusik gemixt oder gemastert, sondern seit 1994 auch angehende Tontechniker, Tonmeister und Studiomusiker ausgebildet. Regelmäßig haben die Studenten der Deutschen POP aus München (weitere Standorte gibt es in Berlin, Hamburg und Köln) die Gelegenheit in den großen Dorian Gray Studios im benachbarten Eichenau unterrichtet zu werden und für Workshops und Produktionen selbst an den professionellen Mischpulten zu stehen.
Die Studios gibt es seit 1989 in Eichenau bei München und seit 2008 auch in Berlin-Charlottenburg. Die Akustikplanung für die Studios wurde vom Studiodesigner Jochen Veith durchgeführt, die technische Planung von Studiochef Gerhard Wölfle.
Gerhard Wölfle stand myheimat Rede und Antwort über sich und seine Arbeit in der Gartenstadt Eichenau.

myheimat: Warum wurde als erstes Tonstudio Eichenau ausgewählt?
Gerhard Wölfle: Da bin ich jetzt vielleicht nicht ganz der richtige Ansprechpartner, weil ich ja erst seit 2004 mit dabei bin. Ich war davor als Toningenieur in vielen anderen Studios durch ganz Deutschland tätig. Aber Hauptgrund ist der, dass Rüdiger Veith, also der Gründer des ganzen, ursprünglich Eichenauer ist und deswegen hier die Basis geschaffen hat.
myheimat: Ist das dann auch der Grund, warum man diesem Standort so treu geblieben ist? Es gibt ja inzwischen auch Studios in Berlin und Köln.
Gerhard Wölfle: Mit Sicherheit - und das hier ist ja die ganze Firmenzentrale, auch wenn wir andere Standorte haben. Aber hier ist eben die Zentrale mit dem ganzen Neubau von 2003/2004.

myheimat: Hat sich denn seit der Gründung durch Herr Veith viel geändert in den Studios, außer dem Anbau?
Gerhard Wölfle: Ja, in der Studiostruktur natürlich schon, vor allem natürlich auch durch mein Dazukommen, weil ich schon in der Phase 2003/04 der war, mit den meisten professionellen Erfahrungen. Ohne mein Zutun wäre die ganze Struktur nicht so, wie wir sie jetzt haben. Also zwischen dem alten Studio 3 drüben und dem neuen Studio ist schon ein großer Unterschied was technische Standards und räumliche Strukturen anbelangt. Es war auf jeden Fall ein riesiger Schritt nach vorne.

myheimat: Was ist denn der Unterschied von diesen Studios in Eichenau zu den anderen Studios, die Sie in Deutschland gegründet haben?
Gerhard Wölfle: Hauptunterschied zu dem Studio hier ist, dass hier wirklich kommerzielle Produktionen gemacht werden, teilweise natürlich auch Workshops für die Schüler. Bei den anderen Studios ist es so, dass die Studios hauptsächlich für Schulungen benutzt werden und weniger kommerziell. Berlin, Hamburg und Köln sind überwiegend für die Ausbildung.

myheimat: Wie lange dauert es denn im Schnitt von der ersten Aufnahme bis zum fertigen Album? Kann man das überhaupt sagen?
Gerhard Wölfle: (lacht) Das kann man natürlich so nicht sagen, das hängt sehr stark von der Produktion ab, um die es geht. Wenn ein Liedermacher mit seiner Akustikgitarre aufnimmt, dann geht es natürlich um einiges schneller, als wenn ich eine ganze Pop-Produktion mache mit aufwendigen Arrangements oder sonst irgendwas. Wenn man von einer normalen Bandproduktion im professionellen Bereich ausgeht und auch dementsprechend Budget von der Plattenfirma hat, dann war für uns früher immer die grobe Faustregel um die 6 Wochen für ein ganzes Album. 4 Wochen Aufnahmen und 2 Wochen Mix. Die Zeitspanne ist natürlich nach oben hin offen. Produktionen wo ich mitgearbeitet habe, beispielsweise Guano Apes oder Bananafishbones, da haben wir auch 3-4 Monate für gebraucht. Oder was wir hier noch gemacht haben, die aktuelle Konstantin Wecker Platte, wo natürlich komplett live eingespielt wurde mit guten Sessionmusikern, da ging das natürlich wesentlich schneller, das war dann eine Recordingzeit von 12, 13 Tagen plus 9 Tage Mischen. Aber das geht nur in der Konstellation, wenn man auf Musikerseite entsprechend gute Sessionleute hat.
myheimat: Da merkt man also dann auch die Professionalität, also je mehr Erfahrung desto schneller?
Gerhard Wölfle: Klar, also mit einer weniger studioerfahrenen Band dauert das natürlich wesentlich länger als mit Profis. Da wird im Studio dann deutlich länger gebraucht bis die Sachen auf das Level kommen, das man braucht, um das professionell präsentieren zu können.

myheimat: Haben Sie dann auch eine bestimmte Band wo sie sagen können „das hat mir total Spaß gemacht, mit denen aufzunehmen“, oder irgendein Erlebnis?
Gerhard Wölfle: Da gibt es viele. Also wenn ich da an meine eigene Vita denke, dann waren das auf jeden Fall die ganzen Bananafishbones-Geschichten, da das alles schon sehr speziell war vom Recording her und vom Sounddesign. Jetzt auch bezogen auf die ganzen Dinge, die hier passiert sind, auf jeden Fall die ganzen Wecker-Produktionen weil die auf eine Art und Weise passiert sind, die heute nicht mehr so ganz alltäglich sind, also wirklich mit kompletter Sessionbesetzung live ins Studio und einfach machen - und das auch noch ohne Vorbereitung, also sprich wo wir ins Studio gegangen sind, da stand gar nichts...
myheimat: Also wurde das auch erst komplett in dieser Zeit geplant?
Gerhard Wölfle: Komplett! Und von daher war das auch sehr spannend und außergewöhnlich, weil man es halt heutzutage normalerweise nicht mehr so macht.

myheimat: Wie sind Sie dann überhaupt zur Musik gekommen?
Gerhard Wölfle: Also ich bin jetzt selber kein aktiver Musiker, ich komme schon eher aus der technischen Ecke. Was mich aber schon immer gereizt hat, war die Verbindung aus Musik und Technik, also sprich was brauche ich an Technik um letztendlich auch Musik zu machen oder zu präsentieren. Und das Interesse war auch von Klein auf da und irgendwann habe ich den Weg auch eingeschlagen.

myheimat: Und wie wurden Sie schlussendlich dann Studioleiter hier in Eichenau?
Gerhard Wölfle: Das ist daraus entstanden, dass ich in der Phase wo wir hier das Studio gebaut haben natürlich derjenige war, der die meiste Erfahrung gehabt hat. Und dann habe ich im Zuge der weiteren Entwicklungen auch die ganzen Leitertätigkeiten übernommen.
myheimat: Wenn Sie sich schon so viel mit Musik beschäftigen, haben Sie da eine bestimmte Musikrichtung oder eine Band wo sie sagen, das ist jetzt mein Ding?
Gerhard Wölfle: Schwierig, eigentlich nicht mehr wirklich. Also der eigene Geschmack ist da wirklich sehr breit gefächert. Wenn Produktionen entsprechend professionell und hochwertig gemacht sind, dann ist das eher für mich entscheidend.
myheimat: Also eher die Qualität?
Gerhard Wölfle: Genau, also ob da jetzt Pop oder Rock drauf steht, oder Filmmusik...
myheimat:...oder Schlager...
Gerhard Wölfle: Auch da gibt es tolle Sachen! Wir haben letztes Jahr hier „Die Seer“ Live-DVD gemacht, also wo es schon eher ins schlager-popartige geht, was aber eine große und super spannende Produktion war, für die wir jetzt Platin gekriegt haben - das nimmt man dann auch gerne mit! (lacht)
myheimat: Ja, das stimmt natürlich, das sind die „Schmankerl“, die man dann kriegt. Aber haben Sie dann nicht irgendwann mal genug von Musik? Sie beschäftigen sich hier den ganzen Tag nur mit Musik, kommen nach Hause und...
Gerhard Wölfle:...ne, privat hör ich nicht mehr viel Musik. Ne also, privat ist das bei mir wirklich sehr reduziert. Da läuft vielleicht nebenher ein wenig Radio aber das wars. Also wenn ich mich wirklich mit Musik auseinandersetze, dann hier im Studio. Ich denk das ist wie jemand, der den ganzen Tag am Rechner sitzt im Büro, der muss dann am Abend daheim auch nicht mehr unbedingt seinen Rechner anmachen und stundenlang davor sitzen. Außerdem brauchen die Ohren als unser wichtigstes Werkzeug auch mal Pause.

myheimat: Macht das dann nicht auch Spaß, wenn Sie sagen „meine Produktion läuft jetzt im Radio“?
Gerhard Wölfle: Doch, das macht schon Spaß wenn man dann Sachen, die man wochen- oder monatelang im Studio gehört hat, dann im Radio hört.
myheimat: Da merk man dann, die Arbeit hat sich gelohnt...
Gerhard Wölfle: Genau.

myheimat: Was halten Sie dann vom Trend „weg vom Radio, weg vom CD-Kauf, hin zum Internetverkauf“?
Gerhard Wölfle: Internetverkauf ist okay, weil ob ich die Musik letztendlich über einen physischen Tonträger verkaufe oder übers Internet als Datei ist egal, Hauptsache sie ist verkauft.
myheimat: Weil viele sagen ja, ihnen fehlt es, das Booklet in der Hand zu haben und einfach dieses Gesamtwerk zu haben.
Gerhard Wölfle: Ja, das ist auf jeden Fall ein Aspekt, da ist ein bisschen Wertigkeit des ganzen Produkts die letzten Jahre verloren gegangen. Aber alleine vom Vertriebsweg ist es eigentlich egal, ob das über eine CD oder Internet verkauft wird, das entscheidende ist, dass es verkauft wird. Da ist ja leider Gottes viel, was kostenlos runtergeladen wird und das ist ja das, was den Künstler am Ende des Tages trifft, weil der lebt im Endeffekt aus den Lizenzeinnahmen aus dem Verkauf.
myheimat: Hat sich da speziell für Ihre Arbeit irgendwas geändert?
Gerhard Wölfle: Also im Produzieren an sich grundsätzlich nicht, der einzige Punkt ist vielleicht der, dass im Vergleich zu vor 10-15 Jahren die Budgets einfach knapper geworden sind. Aber an der grundsätzlichen Arbeit an sich hat sich für uns nicht viel geändert. Die Arbeitsansätze sind ein bisschen anders. Also früher war es so, dass man wie gesagt 4, 6 oder 8 Wochen mit der Produktion im Studio war und dann war die fertig und Punkt. Und heutzutage ist dass doch deutlich zerpflückter. Da macht man ein paar Tage hier, z.B. irgendwelche Recordings, dann geht man vielleicht aus Budget- und Kostengründen ins benachbarte Studio 3, wo man entsprechend kostengünstiger arbeiten kann für gewisse Dinge, wo das dann auch ausreicht. Zum Mischen kommt man dann z.B. wieder hier her – also das ist auch ein Vorteil, den wir hier haben. Durch die verschiedenen Studios in verschiedenen Preissegmenten können wir auch auf die Budgetsituation entsprechend reagieren. Also ich würde natürlich am liebsten alles hier im Studio 1 machen, aber das geht teilweise einfach Budgetmäßig nicht.

myheimat: Wie ist das denn mit der zunehmenden Digitalisierung? Sie haben ja gemeint, dass sich das doch ganz schön geändert hat in den letzten Jahren. Ist es für Sie dadurch leichter geworden, ist das eher ein Segen oder...?
Gerhard Wölfle: Sowohl als auch. Also es gibt natürlich viele Arbeitsbereiche, wo die Digitaltechnik sicher hilfreich ist und vor allem Workflows schneller geworden sind, wie zum Beispiel mit unserem Mischpult - es ist halt alles abspeicherbar. Das heißt ich kann heute etwas mischen, dann kommt der Kunde und hat einen Änderungswunsch und ich kann relativ schnell darauf reagieren. Oder ich kann auch eine Sache unterbrechen und Wochen später wieder weiter arbeiten an dem gleichen Projekt und kann das dann auch wieder aussetzen. Und das ist natürlich mit einer analogen Struktur...ich würde nicht sagen unmöglich, aber immens zeitaufwendig wäre es auf jeden Fall. Also für solche Geschichten ist das mit Sicherheit von Vorteil, aber es gibt immer noch Bereiche, wo ich nach wie vor Analogtechnik einsetze, wie klangästhetische Geschichten, wo die alten Gerätschaften von mir dementsprechend gehegt und gepflegt werden, das ist mir schon wichtig. Aber rein vom heutigen Workflow her ist die Digitaltechnik schon ein Segen, weil man z.B. auch viel gezielter nachbearbeiten kann. Da fängt aber wieder mehr der Fluch an, da natürlich viele aufgrund der heutigen Technik glauben, wir können hinterher alles reparieren, aber das ist natürlich nicht richtig. Man kann natürlich viel nachbereiten und korrigieren, aber das ist nicht mein Arbeitsansatz. Letztlich zählt immer noch die Qualität des Musikers. Ich versuche ohne diese ganzen Hilfsmittel auf ein gutes Produkt zu kommen, habe aber natürlich auch im Hinterkopf „ich kann ja nochmal was reparieren“, wenn´s gar nicht anders geht. Der Fluch ist einfach der, dass viele Künstler davon ausgehen, man kann es hinterher reparieren und da hat die handwerkliche Qualität der Musiker in den letzten Jahren schon etwas abgenommen.
myheimat: Also kann man sagen, die Künstler geben sich nicht so viel Mühe?
Gerhard Wölfle: Ja, z.T. stimmt das wohl leider. Aber da ist Gott sei Dank, vor allem bei den ganz jungen Leuten, wieder ein Gegentrend erkennbar. Also ich habe jetzt auch wieder ganz junge Bands im Studio gehabt, wo einfach der Anspruch an sich selber da ist, als Band in sich einen guten Take abzuliefern. Also von daher ist da Besserung in Sicht. Aber so unterbewusst ist das denke ich schon in den Köpfen drin, dass wir dank moderner Technik viel korrigieren können. Und das ist psychologisch gesehen manchmal ein bisschen schwierig.

myheimat: Wo sehen Sie dann ihre Studios, wenn man jetzt mal einen Blick in die Zukunft wagt. Was meinen Sie, was könnte sich in den nächsten Jahren hier noch entwickeln?
Gerhard Wölfle: Also, es hat sich ja seit 2004, also seit es die neuen Studios hier gibt, ohnehin alles schnell und gut entwickelt. Was für uns jetzt sehr wichtig ist, um so eine Struktur überhaupt betreiben zu können, ist doch die Vielfältigkeit, die wir hier anbieten können. Ich sage mal alles von Rock- und Popmusik, Jazz bis hin zur Filmmusik, auch Hörbücher...ich denke, ohne so eine breite Aufstellung würde so eine Struktur auch nicht funktionieren. Wenn man da so an die 80er und 90er Jahre denkt, da hat es Studios gegeben, die immer bekannt waren für einen bestimmten Stil und ich denke auf der Basis würde das heute nicht mehr funktionieren. Also man muss da schon entsprechend breit aufgestellt sein und das haben wir schon relativ gut hingekriegt. Also, dass wir z.B. mittlerweile schon einige große Filmmusiken gemacht haben usw. Und gerade das neue Studio bleibt auch immer ein bisschen ein Premiumstudio, wo man auch darauf zielen muss, vergleichsweise hochwertige Kunden anzuziehen. Was nicht heißen soll, dass man hier nicht auch einfach mal eine kleine Bandproduktion machen kann, das muss halt vom Kostenfaktor in einem sinnvollen Rahmen sein.
myheimat: Also diese Bandbreite zeigt sich auch bei den Künstlern, die hier aufnehmen?
Gerhard Wölfle: Ja, auf jeden Fall. Und wie gesagt, wenn dann die Budgets für das große Studio nicht reichen, haben wir immer noch Studio 3 drüben, was wir entsprechend kostengünstiger anbieten können.

myheimat: Zum Ende haben wir noch eine persönliche Frage, die wir an dieser Stelle immer stellen und zwar: Was bedeutet für Sie „Heimat“?
Gerhard Wölfle: Boah (lacht)...Ja gut, für mich mittlerweile also einfach die...wenn man es jetzt mal auf die Arbeitssituation bezieht, natürlich für mich schon die Situation, dass ich in Eichenau auch arbeitsmäßig eine Homebase habe und die auch selbst geschaffen oder mitgeschaffen habe. Und das war bei mir ja in den ganzen 90er Jahren bis 2003 nicht so. Ich war ja durch alle großen deutschen Studios unterwegs, z.B. in Berlin, Hamburg und im Ausland, Basel...und von daher war ich früher im Endeffekt fast 300 Tage im Jahr unterwegs. Und jetzt meinen Arbeitsplatz fast vor der Haustür zu haben, also das ist für mich mittlerweile ein großer Schritt in Richtung Heimat. Und also, mal abgesehen vom Job...was bedeutet Heimat...als gebürtiger Münchner...(lacht)
myheimat: Weissbier? (lacht)
Gerhard Wölfle: Nee, weniger...schwierig...ich denk mal einfach generell ein gutes soziales Umfeld,...mit beiden Füßen irgendwo am Boden zu sein und alles andere auch in der näheren Umgebung zu haben.
myheimat: Ein gutes Schlusswort. Herr Wölfle, vielen Dank für das nette Interview!

Bürgerreporter:in:

Carolin Westphal aus Augsburg

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