Filmkritik zu Martin Pfeils „Mein Deudshland“
Vorweg: Dies wird keine ausführliche Kritik, sondern eher ein Überblick, worum es im Film „Mein Deudshland“ von Regisseur Martin Pfeil geht und wie er den Stoff umgesetzt hat. Zu viel wird in diesem Artikel allerdings nicht verraten. Es lohnt sich also noch, sich „Mein Deudshland“ anzuschauen.
Der Stoff ist komplex, der Film ist nach Aussagen vieler Beteiligter realistisch. „Mein Deudshland“ ist ein Film über Ausländer. Ein Film, der die Situation von Flüchtlingen, die Asyl in Deutschland beantragen, beschreibt. Aber „Mein Deudshland“ ist zugleich ein Film, der die Integrationsproblematik von Migranten aus anderen Kulturkreisen thematisiert. Martin Pfeil hat einen Film mit glaubwürdigen Darstellern geschaffen, gedreht an authentischen Orten. Und weil die Drehorte so authentisch sind, darf der Zuschauer nicht immer perfekte Bilder erwarten. Viele Räume im Film wirken karg. Wer die Originalschauplätze in Augsburg aber kennt, kann dies nachvollziehen. Nicht jeder Schnitt sitzt perfekt, nicht jedes Wort klingt perfekt. Und doch erzielt „Mein Deudshland“ eine Wirkung.
Fesal (Njamy Sitson) ist ein Flüchtling aus dem Togo. Seine Familie wurde ermordet, er selbst ohne Perspektive. Das behauptet er zumindest, um vorläufig Asyl in Deutschland zu bekommen. Im Verlauf des Films stellt sich heraus, dass Fesal im Bezug auf seine Geschichte gelogen hat.
Als Asylbewerber in Bayern bekommt er Essenspakete, eine Unterkunft in einer ehemaligen Kaserne und pro Monat so viel Geld, dass er sich einmal beim Schwarzfahren erwischen lassen könnte. Dafür besteht für Fesal Residenzpflicht. Er darf das Zuständigkeitsgebiet seiner Behörden also nicht verlassen. Einen Job bekommt er nicht vermittelt. Dabei will er doch arbeiten – und das für sehr wenig Geld. In einem großen Kaufhaus am Moritzplatz gewinnt er mit Hilfe von Jack, einer Deutschen türkischer Herkunft, glänzend gespielt von Suzan Demircan, einen Camcorder. Sie verschafft ihm einen Job in der Küche eines Restaurants. Jack kellnert dort, Fesal ist dort „Mädchen für alles“, ist sich für keine Arbeit zu schade, schält Karoffeln für 4,50 Euro Stundenlohn.
Das Drama-Potenzial: Jacks deutscher Freund Robby ist Chefkoch in diesem Restaurant und eifersüchtig. Denn seine Freundin, mit der er noch nie geschlafen hat, verbringt zu viel Zeit mit dem Neuen. „Bevor du da warst, war's hier nie so sauber! Hau ab!“, wirft Robby Fesal in der Hitze des Gefechts an den Kopf. Für den Asylbewerber häufen sich die Probleme. Er wird des Diebstahls bezichtigt, kämpft gegen Vorurteile und bekommt Probleme mit dem deutschen Recht und den Behörden.
Aber auch die problematischen Hintergründe von Jack kommen ans Licht. Ihr zerrüttetes Verhältnis zu ihrem Vater, der sie mit 16 in eine Zwangsehe mit Vergewaltigung übergab. Die mangelnde Bereitschaft ihrer Familie, Deutsch zu sprechen. Und auch die Beziehung zu Robby steht auf der Kippe. Die Handlung spitzt sich immer mehr zu und das Ende ist nicht unbedingt ein Paradebeispiel für „Friede, Freude, Eierkuchen“.
Interviews mit in die Handlung integrierten Darstellern wie einem Polizeisprecher, anderen Asylbewerbern, einer Deutschlehrerin (angelehnt an Pfeils Freundin, durch deren Arbeit er überhaupt erst auf die Idee zum Film kam) und vielen mehr treiben die Handlung voran, bieten eine andere Sichtweise des Geschehens oder liefern Hintergrundinformationen. Für Authentizität sorgen auch Dialoge in türkischer oder französischer Sprache, die untertitel werden.
Ein bisschen Sex fehlt in diesem realistischen Spielfilm ebenso wenig wie das gewisse Quäntchen Humor. Genießen Sie insbesondere die Fischerei-Szene, die dem Zuschauer von der Beschaffung des Angelhakens bis zur Entlassung aus der Obhut der Polizei mehrere Schmunzler und Lacher entlockt. Ohne Szenen wie diese würde der Film zwar nicht an Dramatik oder Realismus verlieren, doch sie fügen sich angenehm erheiternd in die Handlung ein und sorgen dafür, dass der Spielfilm Spielfilm bleibt. Allerdings einer, nach dessen Vorführung sich der Zuschauer nicht mehr herausreden kann.
Hintergrundinformationen zum Film und seiner Premiere bei den Filmtagen Augsburg im Mephisto bekommen Sie hier.
Bürgerreporter:in:Michael S. aus Augsburg |
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