Neues Museum in der Normandie - Pünktlich zum 65. Jahrestag der Invasion
Längst hat das Meer das Blut, das an den Stränden vergossen wurde, fortgespühlt; die schmerzlichen Gefühle jener Tapferen, die im kalten Wasser und mit der steigenden Flut Zentimeter für Zentimeter im deutschen Kugelhagel vorwärts krochen, versickerten im Sand.
Die deutschen Soldaten, die von oben aus ihren von Granaten um -und umgepflügten Stellungen auf die sich Herankämpfenden herabschossen, verteidigten weniger das System, zu dessen Opfer auch sie geworden waren, sondern handelten vielmehr instinktiv und aus Selbsterhaltungstrieb.
Später Geborene haben das Bewußtsein dafür verloren, welche ungeheuren Opfer für die Freiheit, in der sie leben, erbracht werden mußten. Zu leicht wird übersehen, was der Krieg für den einfachen Soldaten bedeutet und wie erschütternd sich sein Terror auf ihn auswirkt. Kaum jemand hat zwei Generationen danach noch eine Vorstellung davon, was dort wirklich geschah ...
Um diese Zeit und die damit verbundenen Opfer nicht vergessen zu lassen, gibt es nun direkt am zu trauriger Berühmtheit gewordenen Strand von Omaha, ein neues Museum zum Thema.
Omaha-Beach wurde am 6. Juni 1944 zu einem blutigen Dessaster für die amerikanischen Truppen. Schon auf dem Weg in Richtung Strand wurden die Landungsboote mit jeweils ca. 40 Mann Besatzung, unter schweres Feuer genommen. MG-Salven durchlöcherten die hölzernen Bordwände und die dahinter kauernden Soldaten, von Seekrankheit und Panik geplagt. Manche Boote bekamen Volltreffer durch Granaten, explodierten oder fuhren brennend weiter. Die Besatzungen untergehender Boote durften nicht gerettet werden, jeder Schiffsführer hatte den Befehl seine menschliche Ladung an den Strand zu bringen und sich auf keinen Fall mit Rettungsaktionen aufzuhalten. Die Männer im Wasser wurden von ihrer schweren Ausrüstung in die Tiefe gezogen und ertranken vor den Augen der vorbeirasenden Landungsboote. Sobald der Strand erreicht war und die Luke sich öffnete, wurden die Landungstruppen unter gezieltes Feuer genommen. Insgesamt 65 Maschienengewehre nahmen in der Omaha-Bucht die Landungstruppen unter Feuer, zwischen 08.00 Uhr und 10.00 Uhr kamen noch weitere 20 hinzu (Quelle: D-Day 1944 von Helmut K. von Keusgen). Wer nicht sofort getroffen wurde, sprang ins brusthohe Wasser und watete ohne jegliche Deckung in Richtung Strand. Die erste Landungswelle wurde völlig aufgerieben und die Körper der gefallenen oder verwundeten Soldaten trieben im Wasser oder bedeckten den Strand. Mit dem steigen der Flut ertranken viele Verwundete, denn niemand konnte ihnen helfen, auch alle Sanitäter waren gefallen oder verletzt. Überlebende und zwischen den Strandhindernissen Deckung suchende Soldaten wurden gezielt mit Karabinern erschossen. Auch die zweite Landungswelle ereilte dieses Schicksal. Das Meer hatte sich inzwischen an vielen Stellen rot gefärbt, doch das Sterben sollte noch lange anhalten. Welle auf Welle brachten die Landungsboote neue Truppen an Land.
Inmitten dieses systematischen Sterbens versuchte auch Joseph H Gibbons seine Aufgabe zu lösen. Er war Kommandeur einer Spezialabteilung die insgesamt 16 Lücken in die Strandhindernisse sprengen sollten um das Anlanden des nachfolgenden schweren Geräts zu ermöglichen. Hierfür standen ihm insgesamt 16 Teams mit je einem Offizier und sieben Soldaten zur Verfügung. So war es zumindest geplant gewesen, die aktelle Situation sah natürlich anders aus. Gibbons landete genau in der Mitte der Bucht und musste seine Teams entlang des unter schweren Feuern liegendenden Strandes erst mal finden. Die ersten beiden Leute die er dabei fand informierten ihn darüber, dass sie sie einzigen Überlebenden ihrer Gruppe sein. Alle anderen ihres Teams waren bei der Landung gefallen. Der nächste Trupp den Gibbons finden konnte, war bereits beim lösen der ihnen gestellten Arbeit. Dann fand Gibbons eine bereits gesprengte Bresche und die Soldaten die sie gesprengt hatten, die tot unter den Trümmern lagen. Zwei oder drei Trupps waren schon vor der Landung untergegegangen, die Soldaten ertrunken. Andere Gruppen landeten so spät, dass die Flut sie schon überholt hatte, ehe sie mit ihrer Arbeit hätten beginnen können. Zwei weitere Teams wurden Opfer der deutschen Granaten und komplett getötet oder schwerst verwundet. Ein anderes Team erhielt gerade in dem Moment einen Volltreffer als ihr Schlauchboot am Strand angekommen war und die Männer es ausladen wollten, sie wurden durch den transportierten Sprengstoff in Stücke gerissen. An anderen Stellen konnten die Sprengungen nicht durchgeführt werden, weil an diesen Stellen viele Verwundete lagen und diese erst geborgen werden mussten. Angesichts dieser hohen Verluste und Schwierigkeiten war die Sprengung von insgesamt fünf Breschen als großer Erfolg zu werten. Insgesamt wurden 111 Pioniere dieses Spezialkommandos getötet oder verwundet, fast alle in der ersten halben Stunde der Landung.
Aber auch auf Seiten der deutschen Verteidiger hatte das große Sterben längst begonnen. Immer weniger Stellungen spuckten ihre tödlichen Geschosse auf die amerikanischen Soldaten. Sogar einzelne MG-Schützen wurden Ziel der Schiffsgeschütze und hinterliesen bei einem Volltreffer nicht die geringste Spur von sich. Grund für die vielen bis heute vermissten Soldaten auf beiden Seiten. Ein weinender junger deutscher Landser an seinem Maschinengewehr hatte nun schon seit Stunden in die landende anonyme Masse gefeuert und schrie dabei immer wieder: "Warum kommt ihr immer noch, ich habe doch schon so viele von euch getötet. Warum kommt ihr immer noch ...". Ein anderer, Hein Severloh im WN 62, hatte nun seit fast neun Stunden ohne Unterbrechung in die landeten Soldaten gefeuert und dabei mit MG und Karabiner über 12500 Schuss abgegeben. Insgesamt 2000 amerikanische Soldaten sollen alleine das Opfer von Hein Severloh geworden sein. Eine Tatsache die Hein Severloh bis zu seinem Tode beschäftigte und die er nie richtig verarbeiten konnte.
Seit kurzer Zeit gibt es nun das "von Keusgen Info Center & Musée Omaha Beach" von meinem Lieblingsautoren und D-Day Experten Helmut K. von Keusgen.
In mühevoller Arbeit ist es Keusgen und dem Team des HEK-Creativ Verlages gelungen, dass Anwesen "Ferme du Chemineau" in Colleville, in eines der interessantesten Museen der Landungsküste zu verwandeln.
An diesem geschichtsträchtigen Ort Colleville, dem amerikanischen Landungabschnitt "Omaha" am 6. Juni 1944, kann man sich nun direkt vor Ort in den genauen Ablauf des Geschehens und verlustreichen Desasters informieren.
In den heutigen Museumsräumen war der damalige Gefechtsstand der 3. Kompanie des Grenadierregiments 762 untergebracht.
Anhand von riesigen Übersichtplänen können sich amerikanische Besucher darüber informieren, an welcher Stelle Mann oder Großvater damals am Omaha-Beach anlandeten oder an welcher Stelle die deutschen Verteidiger am D-Day ihre Stellung hatten.
Kaum ein Schriftsteller vermag es den Leser so zu fesseln und dabei ungeheueres Fachwissen näher zu bringen. Heute besitze ich alle Bücher seiner Serie zum D-Day, die mir vor Ort eine unwahrscheinliche Hilfe waren und Pflichtlektüre für jeden Interessierten sind.
Ferner habe ich das große Glück mit Herrn Keusgen in regen Mailverkehr zu stehen und so bekam ich auch schon den ein oder anderen Tipp oder Verbesserungsvorschlag für meine eigene Homepage zum Thema.
Über von Keusgen:
Inspiriert und motiviert durch die eindrucksvollen Berichte seines Großvaters von der Westfront des Ersten Weltkriegs und seines Vaters von der Ostfront des Zweiten Weltkriegs sowie dem Kriegstrauma aller seiner Familienangehörigen widmete der 1948 in Hannover geborene Helmut Konrad Freiherr von Keusgen sich seit seiner Jugend der Spurensuche menschlicher Kriegsschicksale. Sein Weg führte ihn über viele Schlachtfelder Europas. Als er bereits als 21-jähriger 1969 mit der Taucherei begann, faszinierte ihn der Atlantik. Von Calais, die nordfranzösische Küste hinab, führte der Weg den gelernten Plakatmaler, Grafiker und späteren Werbeunternehmer bis zum "Utah Beach".
Erst das väterliche, dann das eigene Werbegeschäft ermöglichten ihm die notwendige Unabhängigkeit für seine häufigen Exkursionen.
Seit einer für ihn äußerst eindrucksvollen Begegnung im Jahr 1973 mit einem Veteranen auf dem Gelände der ehemaligen Marine-Küsten-Batterie Marcouf sowie dem ersten Treffen mit dem damaligen Kartenzeichner aus Rommels Stab begann von Keusgen mit ernsthaften Recherchen zum Thema D-Day 1944.
Und noch etwas, das er zur selben Zeit erlebte, hatte ihn dazu bewogen: Ein Tauchgang am "Omaha Beach" zu einem der am 6. Juni 1944 während der Landung versunkenen Sherman-Panzer. In ihm fand von Keusgen die Überreste der einstigen Besatzung.
Bereits in den 80er und 90er Jahren erschienen mehrere Bücher von ihm zu anderen Themen. Doch erst ein besonderes Ereignis war es, das von Keusgen veranlaßte, 1993 trotz nicht unerheblicher wirtschaftlicher Erfolge aus seinem Werbegeschäft auszusteigen und sich gänzlich der Militär-Historie zuzuwenden.
Ausschlaggebend für diese konsequente Entscheidung war die schicksalhafte Begegnung mit einer 77-jährigen Französin in Ste.-Mère-Église in der Normandie. Sie vermittelte ihm durch ihre eigenen Kriegserlebnisse ein eindrucksvolles Beispiel der Völkerverständigung und Völkerfreundschaft zwischen Franzosen und Deutschen ...
Bürgerreporter:in:Alexander Hagl aus Augsburg |
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