Das Märchen "Des Kaisers neue Kleider" und die Bedeutung für ein (un)bequemes Leben.
Vor einigen Tagen schaute ich mir eine TV-Sendung an, die einen sehr bekannten Schauspieler vorstellte. Eine seiner Kolleginnen schwärmte von den Vorzügen dieses Mannes, dem alle Frauenherzen zu Füßen liegen würden. Aber bei dem Hinweis, dass ihn wohl keine Frau von der Bettkante schubsen würde, regte sich bei mir dann doch Widerstand. "Selbst wenn ich mit Handschellen am Bett gefesselt wäre, mir würde es dennoch gelingen, ihn irgendwie von der Bettkante zu katapultieren", kam es mir in den Sinn. Natürlich spürte ich auch, wie nach dem ersten Gedanken Zweifel an meiner Urteilsfähigkeit aufkamen. "Wenn alle Frauen die Vorzüge dieses Mannes sehen, nur ich nicht, muss ich doch einen Knick in der Optik haben", dachte ich mir. Aber dann fiel mir das von Hans Christian Andersen geschriebene Märchen des "Kaisers neue Kleider" ein.
Es handelt von einem äußerst eitlen Kaiser. Dieser zeigte kein rechtes Interesse zeigte für die Soldaten seines Regimentes. Aber auch andere Dinge, interessierten ihn wenig. Der zum Kaiser gekrönte interessierte sich weder für die Natur noch für Kultur, sein ganzes Interesse galt einzig und allein ungewöhnlicher und hübscher Kleidung. Eines Tages ließ er sich wieder einmal für viel Geld neue Gewänder weben. Allerdings beauftragte er ohne es zu ahnen, zwei Betrüger die ihm anboten, nicht nur die schönsten und ungewöhnlichsten Gewänder, die es jemals gab, zu weben. Überzeugend erklärten ihm die Gauner, die von ihnen hergestellten Kleider seien etwas ganz Besonderes. Sie seien so ungewöhnlich, dass sie nur von Personen gesehen werden können, die nicht dumm und daher ihres Amts würdig seien. Die Betrüger gaben nur vor, zu weben und übergaben dem Kaiser anschließend die angeblich gewebte Kleidung. Der Kaiser, der sein nacktes Spiegelbild anschließend erkannte, spielte das Spiel aus Eitelkeit mit. Denn er wollte sich schließlich nicht als Dummkopf zu erkennen geben. Später stellte er sich und seine neuen Kleider bei einem Festumzug vor. Kammerherren und Staatsdiener und das jubelnde Volk bezeugten ihre Bewunderung für die herrlichen Gewänder des Kaisers, obwohl er sich ihnen nackt präsentierte. Niemand traute sich die Nacktheit des Kaisers zu benennen. Viel zu groß war die Angst davor, als der einzige Dummkopf in die Geschichte des Kaiserreiches einzugehen. Erst als ein Kind feststellte, der Kaiser sei ja nackt, gab der Vater des Kindes zu verstehen "Hört die Stimme der Unschuld"...
Nun frage ich mich, leide ich unter Wahrnehmungsstörungen, weil ich nicht zu den Frauen zähle die sich dem Künstler vor die Füße werfen? Diese Frage stelle ich mir allerdings auch hin- und wieder bei Politikern. Aber auch bei Büchern, die angeblich so hervorragend geschrieben sind, dass man sie gelesen haben muss. Wenn ich sie las und mir diese Bücher aber nun gar nicht gefallen haben, traute ich mich aber auch nicht zu sagen: "Also dieses Buch hat einen hübschen Umschlag, mehr aber nicht!"
Meine Mutter gab mir als Kind den Rat, den ich hier weitergeben möchte: "Wenn drei Leute die Farbe rot und du allein nur blau erkennen kannst, halte einfach den Mund und sage nicht was du siehst. Selbst wenn alle anderen Menschen farbenblind wären, du würdest ja doch kein Recht bekommen!"
Ob dieser Rat wirklich gut ist, sollte jeder Leser für sich allein entscheiden. Es kommt vielleicht hin- und wieder auf die Sitution an.
Bürgerreporter:in:Kornelia Lück aus Zeitz |
6 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.