Hans Schettlinger: Großenheidorn ist lebens- und liebenswert

Hans Schettlinger ist unter anderem der Vorsitzende des Arbeitskreises 750 Jahre Großenheidorn. Im myheimat-Interview erklärt er, wie es zur Gründung des Arbeitskreises kam und verrät, worum es im dritten Band der Großenheidorner Chronik geht, an der er gerade schreibt.

Herr Schettlinger, Sie sind der Vorsitzende des Großenheidorner Arbeitskreises 750. Seit wann gibt es den Arbeitskreis?

Der „Arbeitskreis 750 Jahre Großenheidorn“ wurde als eingetragener Verein im Jahre 1994 gegründet. Da es den Heimatverein für Schaumburg-Lippe schon gab und noch gibt, suchten wir eine eigenständige Bezeichnung für unseren neu zu gründenden Verein. Unsere Hauptziele waren eine langfristige Vorbereitung der 750-Jahr-Feiern 1997, die sich in fünf Hauptveranstaltungen über das ganze Jahr erstrecken sollten. Für die Planungen brauchten wir einen eigenständigen Finanzierungsrahmen, über den wir selbst entscheiden wollten. Seit der Vereinsgründung bin ich auch Vorsitzender.

Was zeichnet den Arbeitskreis 750 aus? Und wo zwickt es?

Der Arbeitskreis hat mit Beteiligung vieler Vereine, Gruppen und Bürger aus Großenheidorn die Jubiläumsfeier 1997 mit großem Engagement vorbereitet und gefeiert. Dies wird, so glaube ich, eindrucksvoll in Erinnerung bleiben. Danach wurde alles etwas ruhiger, weil nur eine kleine Gruppe übrig blieb und weiterarbeitete.
Mit dem dritten Heft der Großenheidorner Chronik möchte ich erreichen, dass wir wieder mehr Interesse an der Großenheidorner Geschichte wecken. Besonders würde ich mich freuen, wenn sich Personen bereit erklären, bei uns mitzuarbeiten. So könnten wir zielstrebiger und schneller neue Themen aufgreifen und bearbeiten.

Sie haben zum 750-jährigen Bestehen Großenheidorns 1997 eine Chronik in zwei Bänden verfasst. Wie kam es dazu?

Bei den Vorbereitungen für die 750-Jahr-Feier war Wilhelm Thürnau, Pastor der Kirchengemeinde St. Thomas, derjenige, der vorschlug, die Geschichte Großenheidorns müsse aufgearbeitet werden. Eine Chronik, wie sie in vielen Orten vorlag, gab es in Großenheidorn nicht. So bildete er einen Arbeitskreis. Da sich nun der Ortsrat einschaltete (dies gehöre in den kommunalen Bereich), wurde ich beauftragt, weiter tätig zu werden. Ich bildete eine Arbeitsgruppe, in der jeder für unser erstes Heft ein Gebiet zu bearbeiten hatte. Im Oktober 1996 konnte das Heft verkauft werden. Das zweite Heft wurde im Jubiläumsjahr 1997 fertig.
Es werden dort unterschiedliche Themen aufgearbeitet, die in sich abgeschlossen sind. Einen zeitlichen Abschluss, wie er in einer Chronik bis zur Veröffentlichung festgeschrieben ist, gibt es nicht. Mit dieser Philosophie ist es möglich, dass die Geschichtsaufarbeitung auch in Zukunft jederzeit aufgenommen werden kann und immer lebendig und zeitlos bleibt.

Wenn Sie an die Historie Großenheidorns denken: Woher stammt eigentlich der Ortsname?

Mit Beginn des 13. Jahrhunderts war es das Bestreben der hier herrschenden Grafen von Roden und Limmer, ihren Machtbereich am Steinhuder Meer auszuweiten. Östlich und westlich der schon bestehenden Ufersiedlung Steinhude wies er Kolonisten an, Rodungsdörfer zu gründen. So entstanden u. a. die Hagenhufendörfer Altenhagen, sowie Großenheidorn und Klein Heidorn.
Sicherlich hat es Gründungsurkunden gegeben, die aber heute nicht mehr vorliegen. Es wird angenommen, dass die Besiedlungen vor 1220 durchgeführt wurden. In einer ersten heute vorliegenden, urkundlichen Erwähnung im Jahr 1247 wird der Graf von Roden gezwungen, das Eigentumsrecht einer ganzen Reihe von Rodungsdörfern (so auch Großenheidorn) an den Bischof von Minden abzutreten. Dieses Jahresdatum 1247 haben wir zum Anlass genommen, 1997 den 750. Geburtstag in Großenheidorn zu feiern.
Der Heithorn war vor der Rodungskolonisation der Name eines hochgelegenen Urwaldes in dem besonders starke Vorkommen an den Rändern von Weiß- und Schwarzdorn auftraten. Die Kolonisten machten sich nach der Rodung die Sträucher ebenfalls zunutze. Mit der Dorneneinhägung, als lebende Zäune, wurde das Dorf und auch die einzelnen Höfe vor unliebsamen Besuchern geschützt. So entstanden die Namensbezeichnungen für die beiden Dörfer.

Großenheidorn gehörte lange zu Schaumburg-Lippe. Wieso gehört es heute zu Wunstorf?

Als der Bischof von Minden 1253 in finanzielle Schwierigkeiten geriet, kamen die Hagenbesitzungen durch Pfändung in den Besitz der Grafen von Holstein-Schaumburg. Da das Pfand niemals eingelöst wurde, gerieten alle Seeprovinz-Hagendörfer in den Besitz der Schaumburger.
Als Seeprovinz bezeichnet man das Gebiet um das Steinhuder Meer in den Grenzen von Schaumburg-Lippe.
Großenheidorn gehörte nun Jahrhunderte zur Grafschaft, ab 1806 zum Fürstentum Schaumburg-Lippe. Nach der Abschaffung der Monarchie 1918, blieb das Dorf im Land, später im Landkreis Schaumburg-Lippe. Durch die Gebiets- und Verwaltungsreform 1974 wurde Großenheidorn ein Ortsteil der Stadt Wunstorf.

Zurzeit arbeiten Sie an einer dritten Chronik für Großenheidorn. Welche Themen greifen Sie darin auf?

Im Wesentlichen geht es um folgende Themen: 1. Anhand von Hofstellen wird die Struktur Großenheidorns im 17. und 18. Jahrhundert aufgezeigt. 2. Ein Teilbereich von Großenheidorn liegt direkt am Steinhuder Meer. Großenheidorn Strand hat eine eigene Geschichte, die vorgestellt wird. 3. Großenheidorn und die Steinhuder-Meer-Bahn. Zudem wird eine Reihe von Vereinen porträtiert.

Viele Vereine beklagen das fehlende Engagement des Nachwuchses. Welche Beobachtungen machen Sie: Gibt es junge Menschen, die sich für Großenheidorn und seine Geschichte interessieren?

Die Feststellung des fehlenden Engagements des Nachwuchses kann ich für Großenheidorn so nicht unterschreiben. Unsere maßgeblichen Vereine haben aktuell eine gute Jugendarbeit, zu der sich die jungen Menschen je nach Interessenlage hingezogen fühlen und aktiv mitgestalten. Hierbei ist entscheidend, dass das Angebot attraktiv ist und vom Anbieter vorgelebt wird.
Das Interesse der jungen Menschen an Großenheidorner Geschichte könnte mehr geweckt werden. Ich wünsche mir, dass an der Grundschule dieses Thema ausgiebiger behandelt wird. In Ansätzen geschieht dies. Ich würde gern meinen Teil dazu beitragen.

Wo sehen Sie den Arbeitskreis 750 in zehn Jahren? Und wo sehen Sie Großenheidorn in zehn Jahren?

Ich hoffe, dass sich weiterhin Personen finden, die die Geschichte Großenheidorns aufarbeiten und anderen durch Vorträge und Hefte zugänglich machen. Ich wünsche mir, dass Großenheidorn seine ländliche Grundform bewahrt. Das heißt, in einer Größenordnung bleibt, wo sich die Menschen kennen und miteinander kommunizieren. Zum anderen liegt Großenheidorn in einer Landschaft, in der große Gebiete durch Landschaft- und Naturschutz gegen große Veränderungen und Eingriffe abgesichert sind. Dies sollte, das wünsche ich mir, für kommende Generationen weiterhin gewährleistet sein.

Mal abgesehen vom Arbeitskreis 750: Was macht Großenheidorn lebenswert? Und was könnte besser werden?

Großenheidorn ist nicht nur lebens-, sondern auch liebenswert. Wir haben eine gute Dorfgemeinschaft, die es zu erhalten gilt. Wir unterliegen nicht der Urbanisierung, die Strukturen sind ländlich geprägt. Wir leben in einer Landschaft, die so schön und interessant ist, dass andere dort ihren Urlaub verbringen. Ich wünsche mir keine wesentlichen Veränderungen.

Seit zwei Jahren schreiben Bürgerreporter auf myheimat.de, dem Mitmachportal der Leine-Zeitung. Was halten Sie von dem Projekt? Können Sie sich vorstellen, dort über Aktivitäten in Großenheidorn zu berichten?

Die Idee, Leser daran zu beteiligen, finde ich gut. Dazu wünsche ich Ihnen weiterhin großen Erfolg.

Die Fragen zur Geschichte Großenheidorns konnten natürlich nur grob skizziert beantwortet werden. Ausführlich wird die Altgeschichte im Heft 1 + 2 beschrieben.
Während Heft 1 ausverkauft ist (über eine Zweitauflage wird nachgedacht!), kann Heft 2 bei mir käuflich erworben werden.

myheimat-Team:

Annika Kamissek aus Bad Münder am Deister

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